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Boom in Afrika
Am Kap der Kunst

Kunst aus Afrika erlebt gerade weltweit einen Boom. Dieser Hype ist auch auf dem Kontinent selbst spürbar – besonders deutlich am südlichsten Zipfel, in Kapstadt. In den vergangenen Tagen fanden dort gleich mehrere große Kultur-Events gleichzeitig statt.

Von Leonie March |
    Vodunaut von Emo de Medeiros bei "That Art Fair"
    Vodunaut von Emo de Medeiros bei "That Art Fair" (Deutschlandradio / Leonie March)
    Die Stimmung ist fast euphorisch in den Messehallen Kapstadts. Begeisterte Besucher und glückliche Galeristen, wohin man schaut.
    "If you walked in here, you could think this was New York or Berlin."
    Man könnte fast denken, man sei in New York oder Berlin, schwärmt Igsaan Martin, Direktor der Galerie Momo in Kapstadt. Die Kunstmesse in seiner Heimatstadt – der Cape Town Art Fair – übertrifft alle seine Erwartungen. Kein Vergleich mit dem letzten Jahr, in dem die Hälfte der Stände in einem Zelt untergebracht war. Bei jedem Schritt vibrierten die Kunstwerke an den Wänden. Jetzt hängen sie solide und professionell in der Messehalle. Die Ausstellungsfläche hat sich mehr als verfünffacht.
    "Nicht nur die Messe, auch die Qualität der Kunstwerke kann international mithalten. Mittlerweile ist nicht nur Afrika im Allgemeinen sondern auch Kapstadt in aller Munde. Wir können uns glücklich schätzen, dass hier gerade das erste zeitgenössische Museum auf und für den Kontinent gebaut wird. So wird Kapstadt künftig sicher eine führende Rolle für die Kunst in Afrika einnehmen."
    Messestand der Galerie Momo auf der Cape Town Art Fair
    Messestand der Galerie Momo auf der Cape Town Art Fair (Deutschlandradio / Leonie March)
    Diese Chance will natürlich keiner verpassen. Die Galerie Momo ist eine der renommierten Galerien Südafrikas, die neben ihrem angestammten Standort Johannesburg nun auch eine Dependance in Kapstadt eröffnet haben. Von der Krisenstimmung im restlichen Land ist bei der Kunstmesse kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil, betont Matthew Partridge, der neue Direktor des Cape Town Art Fair.
    "In Zeiten der Rezession ist die Investition in Kunst buchstäblich Goldwert. Denn ihr Wert sinkt nicht. Die gegenwärtige Schwäche unserer Währung kommt den Ausstellern ebenfalls zu Gute. Denn für internationale Kunden sind die Werke vergleichsweise günstig. Und wenn die Galeristen gute Geschäfte machen, dann wirkt sich das auf den gesamten Kunstsektor aus. Etwa auf Fachbetriebe, die die Bilder rahmen. Diese Branchen wachsen mit dem Kunstmarkt."
    Alternative Kunstmesse "That Art Fair" im Szeneviertel
    Ein paar Straßen weiter, im Szeneviertel Woodstock, einer Art Kreuzberg von Kapstadt, ist die Stimmung ebenfalls euphorisch. Allerdings bezieht sich die Begeisterung bei der alternativen Kunstmesse "That Art Fair" eher auf die Werke selbst als auf gute Gewinnaussichten, betont Initiatorin Suzette Bell-Roberts schmunzelnd.
    "In Kapstadt gibt es viel altes, ererbtes Geld und eine relativ große europäische Expat-Gemeinde, die sich für Kunst interessiert. An ihrem westlich-geprägten Geschmack orientieren sich die großen Galerien. Wir stellen dagegen auch junge, noch unbekannte Künstler des Kontinents aus. Sie profitieren noch zu wenig von dem Hype; Förderprogramme und Stipendien sind Mangelware. Uns ist es wichtig, dass sie ebenfalls die Chance bekommen, sich mit Kuratoren und Sammlern auszutauschen, die momentan in der Stadt sind. Gleichzeitig wollen wir ein neues, jüngeres Publikum anziehen. Denn das sind die potenziellen Sammler von morgen."
    Diese Rechnung scheint aufzugehen – denn im Gegensatz zu den überwiegend weißen, gut situierten Besuchern der offiziellen Kunstmesse ist das Publikum hier wesentlich multikultureller. Eine Party mit DJs und ein Filmprogramm senken die Hürden, vielleicht erstmals in die Welt der Kunst abzutauchen. Die Qualität der Werke jedoch steht denen in der Messehalle kaum nach.
    Emo de Medeiros passt in keine Schubladen
    Mit Video-Installationen, futuristischen Skulpturen und modern interpretierten Wandbehängen zeigt etwa Emo de Medeiros hier einen Ausschnitt seiner hypermedialen Arbeit, die gerade erst in Paris zu sehen war. Ein Künstler, der in Benin und Frankreich aufgewachsen ist und weder geografisch noch künstlerisch in die Schubladen des traditionellen Kulturbetriebs passt.
    "Dieses Etikett eines 'afrikanischen Künstlers' ist für mich nicht mehr als eine Marketing-Strategie, die auf all jene abzielt, die das Exotische lieben; die sich mit Kunst aus Afrika als Zeichen ihrer Aufgeschlossenheit schmücken. Ich interessiere mich dagegen für transkulturelle Elemente – die Chemie der Liebe zum Beispiel ist überall gleich, auch wenn sie sich je nach Kultur anders ausdrückt. In meiner Arbeit geht es also darum, was jeder Gesellschaft und jedem von uns zu Grunde liegt. Was nicht nur universell ist, sondern wirklich menschlich."
    Der Dialog mit visionären Künstlern wie Emo de Medeiros ist ist für Kapstadt unabdingbar, wenn es in Zukunft nicht nur schön, sondern auch relevant sein möchte. Wenn es in der globalen zeitgenössischen Kunstszene auch ernstgenommen werden soll.