Jasper Barenberg: Nur in sehr engen Grenzen dürfen Polizei und Geheimdienste in Deutschland die Online-Kommunikation von Verdächtigen überwachen. Zum Beispiel wenn ein Richter zustimmt, können sie etwa mithören, wenn jemand über das Internet telefoniert. Gegen Grundgesetz und gegen Verfassung verstößt es dagegen, den Verdächtigen auf dieser Grundlage umfassend auszuspionieren. Genau das aber sollen staatliche Computerprogramme ermöglicht haben, die der Chaos Computer Club unter die Lupe genommen hat. Und nicht nur das: Die Überwachungs-Software der Ermittler ist jedenfalls nach dem Urteil der Fachleute vom CCC auch noch miserabel geschützt vor dem Zugriff Unbefugter.
Am Telefon begrüße ich jetzt den Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses. Einen schönen guten Morgen, Wolfgang Bosbach.
Wolfgang Bosbach: Guten Morgen, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Bosbach, was zur Überwachung von Telefongesprächen übers Internet gedacht war, entpuppt sich als eine Möglichkeit, alle möglichen Daten auf einem x-beliebigen Computer umfassend auszuspionieren, auszuwerten und zu manipulieren. Wie gravierend ist diese Erkenntnis?
Bosbach: Sollte der Vorwurf zutreffend sein, insbesondere sollten Bundesbehörden, zum Beispiel das Bundeskriminalamt, eine derartige Software eingesetzt haben, wäre es ein ganz gravierender Vorgang und es wäre auch glasklar rechtswidrig und würde gegen einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verstoßen bei der sogenannten Quellen-TKÜ [Anmerkung der Redaktion: Quellen-Telekommunikationsüberwachung]. Wenn man also vor Verschlüsselung mithören will bei Telefonie über das Internet, darf ausdrücklich, aber auch nur ausschließlich die laufende Kommunikation überwacht werden. Bei der Gelegenheit darf man keine Online-Durchsuchung vornehmen, die ist an viel engere Voraussetzungen geknüpft. Ob die Behauptungen richtig sind, ist allerdings hoch umstritten, denn nach den mir vorliegenden Informationen bestreitet das Bundeskriminalamt vehement, dass es wie behauptet illegal agiert hat.
Barenberg: Macht es denn einen Unterschied, ob wir es mit Software zu tun haben, die das Bundeskriminalamt beispielsweise, die Bundesbehörden verwandt haben, oder ob es Material und Software ist, die von Landesbehörden verwandt worden sind?
Bosbach: Nein! Das macht natürlich, was die Rechtsqualität angeht, keinen Unterschied. Aber wenn die Überschrift lautet, Bundestrojaner, Staatstrojaner, dann denkt man natürlich zunächst einmal an Bundesbehörden, und ich denke auch an die heftige Auseinandersetzung bei der Einführung der Online-Durchsuchung. Uns wurde ja damals - das war noch zu Zeiten der Großen Koalition - eine Software vorgestellt, die die kritisierten Fähigkeiten hatte, und deshalb ist diese Software ja nicht angekauft worden und sie sollte nicht eingesetzt werden. Eingesetzt werden sollte eine Software, die präzise protokolliert, was überhaupt an Daten erhoben wurde, an Informationen und Beweismitteln erhoben wurde, damit immer nachvollzogen werden konnte, ob die Eingriffsmaßnahmen, die Ermittlungsbefugnisse auch tatsächlich nur im Rahmen des geltenden Rechtes angewandt worden sind. Der Chaos Computer Club behauptet jetzt das Gegenteil; es wäre natürlich gut, wenn er einmal Butter bei die Fische tun würde, wenn er einmal mitteilen würde, wer wann auf welche Art und Weise wie behauptet rechtswidrig tätig geworden sein soll. Bis jetzt sind es ja Behauptungen, die sind massiv genug und denen muss man auch nachgehen. Allerdings muss man doch aufklären, wie der Sachverhalt tatsächlich war.
Barenberg: Und dazu versucht ja, so weit ich das jedenfalls verstanden habe, der Chaos Computer Club auch beizutragen. Er hat das Bundesinnenministerium vorab informiert über das Material, was ihm zugänglich gemacht wurde, und der Chaos Computer Club hat seine Vorgehensweise detailliert im Internet dokumentiert. Halten Sie den Chaos Computer Club für glaubwürdig, grundsätzlich in einer solchen Frage?
Bosbach: Ich habe zunächst einmal keine Zweifel daran, dass die technischen Feststellungen richtig sind. Aber die technischen Feststellungen sagen doch nichts darüber aus, in welchem Ermittlungsverfahren ist wer wie tätig geworden, welche Behörden waren es, handelte es sich um eine Erlaubnis des Richters zur Quellen-TKÜ, oder handelte es sich um eine Erlaubnis des Richters zur Online-Durchsuchung. Das ist ja rechtlich und technisch ein völlig anderer Sachverhalt. Beide Sachverhalte werden allerdings hier miteinander verrührt. Das heißt, es genügt doch nicht, wenn man sagt, wir haben hier etwas auf einer Festplatte gefunden, sondern man muss doch auch den Sachverhalt recherchieren, insbesondere um feststellen zu können, ob die Behauptung stimmt, dass sich staatliche Stellen leichtfertig oder möglicherweise sogar vorsätzlich über geltendes Recht und Urteile des Verfassungsgerichtes hinweggesetzt haben. Sollte das der Fall gewesen sein, na dann wäre es in der Tat ein ganz gravierender Vorgang.
Barenberg: Herr Bosbach, könnte ein Problem darin liegen, dass bei einer solch komplexen Software, die wir beide jedenfalls nicht nachvollziehen können, sondern nur Experten, das Problem darin besteht, dass man nicht unterscheiden kann, was sie genau kann und was sie genau nicht kann, und dass sie im Prinzip alles kann möglicherweise und man dann entweder anschaltet oder abschaltet?
Bosbach: Genau das muss man aber können! Man darf für die Gewinnung von bestimmten Erkenntnissen kein Werkzeug, nenne ich es jetzt mal untechnisch, einsetzen, was Fähigkeiten hat, die im konkreten Fall gar nicht benötigt werden. Das ist doch der entscheidende Punkt. Bei der Quellen-TKÜ, also noch einmal: Bei der Überwachung laufender Telekommunikation, geht es nur um die Überwachung laufender Kommunikation. Das heißt, hier muss überhaupt keine Software eingesetzt werden, die über weitergehende Möglichkeiten verfügt, oder gar nachgeladen werden kann.
Anders ist es natürlich bei der Online-Durchsuchung. Da geht es ja nicht um die Überwachung der laufenden Kommunikation, sondern um eine Ermittlungsmöglichkeit auch auf Dateien, möglicherweise sogar auf Informationen, die dort abgelegt wurden, aber gar nicht an Dritte versandt werden sollen. Das ist ein ganz anderer Vorgang. Hier gibt es nur ganz, ganz wenige Maßnahmen pro Jahr, vielleicht ein bis zwei. Mehr Maßnahmen gibt es überhaupt nicht. Warum? ... , weil die rechtlichen Voraussetzungen sich ausdrücklich auf das Thema Terrorabwehr beziehen, während die rechtlichen Voraussetzungen bei der Quellen-TKÜ viel weiter sind. Das heißt, die kommt öfter zum Einsatz, hat aber auch einen eingeschränkten Anwendungsbereich.
Barenberg: Und wer kontrolliert, dass das jeweils richtige zum Einsatz gekommen ist?
Bosbach: Das ist zunächst einmal der Richter. Der Richter muss ja die Maßnahme genehmigen. Dann muss die Behördenleitung natürlich die Rechtmäßigkeit der Anwendung sicherstellen und dann muss jede Überwachungsmaßnahme präzise protokolliert werden. Es muss doch immer sichergestellt werden, dass nur im Rahmen des geltenden Rechts Beweise gesichert wurden. Ansonsten wären sie doch komplett unverwertbar. In einem Gerichtsverfahren kann ich doch nicht mit Beweisen operieren, die illegal erhoben worden sind. Jeder Verteidiger, der das ABC beherrscht, würde sich doch sofort auf ein Beweisverwertungsverbot berufen.
Barenberg: Herr Bosbach, zum Schluss. Es gibt einige Politiker, die sich heute Vormittag äußern und sehr große Sorge zum Ausdruck bringen. Meinen Sie, dass man den Einsatz dieser umstrittenen Software jetzt zunächst einmal auf Eis legen sollte, bis all diese Dinge aufgearbeitet sind?
Bosbach: Aber doch nicht, wenn er rechtmäßig erfolgt. Zunächst einmal muss doch der Sachverhalt ...
Barenberg: Das steht ja im Zweifel!
Bosbach: Ja, eben! Ja natürlich bestehen Zweifel. Aber wenn das Bundeskriminalamt sagt, die Software, die hier beschrieben wird, ist von uns gar nicht eingesetzt worden, weil wir sie gar nicht haben, wir haben sie überhaupt nicht angekauft, was man nicht hat, kann man auch nicht einsetzen, dann muss doch sofort die nächste Frage lauten, ist möglicherweise auf einer Landesebene, Verfassungsschutz oder Landeskriminalamt, eine derartige Software zum Einsatz gekommen. Zunächst einmal muss doch der Sachverhalt aufgeklärt werden. Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, bei einer traditionellen Maßnahme wie Hausdurchsuchung wird behauptet, das was da gefunden worden ist hat die Polizei mir bei der Hausdurchsuchung untergejubelt. Dann muss doch zunächst einmal der Sachverhalt aufgeklärt werden, bevor man sagt, in ganz Deutschland finden ab sofort keine Hausdurchsuchungen mehr statt, weil die Möglichkeit gegeben ist, dass ein Polizist bei der Hausdurchsuchung dem Verdächtigen auch belastendes Material unterjubelt. Wir waren in der Vergangenheit immer gut beraten, wenn wir zunächst einmal einen Sachverhalt aufgeklärt und ihn erst dann politisch bewertet haben. Im Moment ziehen wir die politische Bewertung vor die Aufklärung des Sachverhaltes. Das was der Chaos Computer Club sagt, ist eine massive Beschwerde, ist ein massiver Vorwurf an die Strafverfolgungsbehörden, und dieser Vorwurf muss aufgeklärt werden. Aber wer so etwas behauptet, müsste natürlich schon zumindest den ein oder anderen Beweis oder Indizien mitliefern, die darauf hindeuten, dass es tatsächlich Bundesbehörden waren, die hier illegal vorgegangen sind. Das Bundeskriminalamt bestreitet das bis zur Stunde vehement.
Barenberg: Und, Herr Bosbach, wenn diese Aufklärung dann erfolgt ist und die Fakten auf dem Tisch liegen, dann werden wir uns ja vielleicht noch mal verabreden für eine politische Konsequenz.
Bosbach: Auch der Innenausschuss wird sich ja mit dem Thema am kommenden Mittwoch, also Mittwoch in einer Woche, beschäftigen müssen.
Barenberg: Wolfgang Bosbach, Vorsitzender eben des Innenausschusses im Bundestag. Danke für das Gespräch, Herr Bosbach.
Bosbach: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Am Telefon begrüße ich jetzt den Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses. Einen schönen guten Morgen, Wolfgang Bosbach.
Wolfgang Bosbach: Guten Morgen, Herr Barenberg.
Barenberg: Herr Bosbach, was zur Überwachung von Telefongesprächen übers Internet gedacht war, entpuppt sich als eine Möglichkeit, alle möglichen Daten auf einem x-beliebigen Computer umfassend auszuspionieren, auszuwerten und zu manipulieren. Wie gravierend ist diese Erkenntnis?
Bosbach: Sollte der Vorwurf zutreffend sein, insbesondere sollten Bundesbehörden, zum Beispiel das Bundeskriminalamt, eine derartige Software eingesetzt haben, wäre es ein ganz gravierender Vorgang und es wäre auch glasklar rechtswidrig und würde gegen einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verstoßen bei der sogenannten Quellen-TKÜ [Anmerkung der Redaktion: Quellen-Telekommunikationsüberwachung]. Wenn man also vor Verschlüsselung mithören will bei Telefonie über das Internet, darf ausdrücklich, aber auch nur ausschließlich die laufende Kommunikation überwacht werden. Bei der Gelegenheit darf man keine Online-Durchsuchung vornehmen, die ist an viel engere Voraussetzungen geknüpft. Ob die Behauptungen richtig sind, ist allerdings hoch umstritten, denn nach den mir vorliegenden Informationen bestreitet das Bundeskriminalamt vehement, dass es wie behauptet illegal agiert hat.
Barenberg: Macht es denn einen Unterschied, ob wir es mit Software zu tun haben, die das Bundeskriminalamt beispielsweise, die Bundesbehörden verwandt haben, oder ob es Material und Software ist, die von Landesbehörden verwandt worden sind?
Bosbach: Nein! Das macht natürlich, was die Rechtsqualität angeht, keinen Unterschied. Aber wenn die Überschrift lautet, Bundestrojaner, Staatstrojaner, dann denkt man natürlich zunächst einmal an Bundesbehörden, und ich denke auch an die heftige Auseinandersetzung bei der Einführung der Online-Durchsuchung. Uns wurde ja damals - das war noch zu Zeiten der Großen Koalition - eine Software vorgestellt, die die kritisierten Fähigkeiten hatte, und deshalb ist diese Software ja nicht angekauft worden und sie sollte nicht eingesetzt werden. Eingesetzt werden sollte eine Software, die präzise protokolliert, was überhaupt an Daten erhoben wurde, an Informationen und Beweismitteln erhoben wurde, damit immer nachvollzogen werden konnte, ob die Eingriffsmaßnahmen, die Ermittlungsbefugnisse auch tatsächlich nur im Rahmen des geltenden Rechtes angewandt worden sind. Der Chaos Computer Club behauptet jetzt das Gegenteil; es wäre natürlich gut, wenn er einmal Butter bei die Fische tun würde, wenn er einmal mitteilen würde, wer wann auf welche Art und Weise wie behauptet rechtswidrig tätig geworden sein soll. Bis jetzt sind es ja Behauptungen, die sind massiv genug und denen muss man auch nachgehen. Allerdings muss man doch aufklären, wie der Sachverhalt tatsächlich war.
Barenberg: Und dazu versucht ja, so weit ich das jedenfalls verstanden habe, der Chaos Computer Club auch beizutragen. Er hat das Bundesinnenministerium vorab informiert über das Material, was ihm zugänglich gemacht wurde, und der Chaos Computer Club hat seine Vorgehensweise detailliert im Internet dokumentiert. Halten Sie den Chaos Computer Club für glaubwürdig, grundsätzlich in einer solchen Frage?
Bosbach: Ich habe zunächst einmal keine Zweifel daran, dass die technischen Feststellungen richtig sind. Aber die technischen Feststellungen sagen doch nichts darüber aus, in welchem Ermittlungsverfahren ist wer wie tätig geworden, welche Behörden waren es, handelte es sich um eine Erlaubnis des Richters zur Quellen-TKÜ, oder handelte es sich um eine Erlaubnis des Richters zur Online-Durchsuchung. Das ist ja rechtlich und technisch ein völlig anderer Sachverhalt. Beide Sachverhalte werden allerdings hier miteinander verrührt. Das heißt, es genügt doch nicht, wenn man sagt, wir haben hier etwas auf einer Festplatte gefunden, sondern man muss doch auch den Sachverhalt recherchieren, insbesondere um feststellen zu können, ob die Behauptung stimmt, dass sich staatliche Stellen leichtfertig oder möglicherweise sogar vorsätzlich über geltendes Recht und Urteile des Verfassungsgerichtes hinweggesetzt haben. Sollte das der Fall gewesen sein, na dann wäre es in der Tat ein ganz gravierender Vorgang.
Barenberg: Herr Bosbach, könnte ein Problem darin liegen, dass bei einer solch komplexen Software, die wir beide jedenfalls nicht nachvollziehen können, sondern nur Experten, das Problem darin besteht, dass man nicht unterscheiden kann, was sie genau kann und was sie genau nicht kann, und dass sie im Prinzip alles kann möglicherweise und man dann entweder anschaltet oder abschaltet?
Bosbach: Genau das muss man aber können! Man darf für die Gewinnung von bestimmten Erkenntnissen kein Werkzeug, nenne ich es jetzt mal untechnisch, einsetzen, was Fähigkeiten hat, die im konkreten Fall gar nicht benötigt werden. Das ist doch der entscheidende Punkt. Bei der Quellen-TKÜ, also noch einmal: Bei der Überwachung laufender Telekommunikation, geht es nur um die Überwachung laufender Kommunikation. Das heißt, hier muss überhaupt keine Software eingesetzt werden, die über weitergehende Möglichkeiten verfügt, oder gar nachgeladen werden kann.
Anders ist es natürlich bei der Online-Durchsuchung. Da geht es ja nicht um die Überwachung der laufenden Kommunikation, sondern um eine Ermittlungsmöglichkeit auch auf Dateien, möglicherweise sogar auf Informationen, die dort abgelegt wurden, aber gar nicht an Dritte versandt werden sollen. Das ist ein ganz anderer Vorgang. Hier gibt es nur ganz, ganz wenige Maßnahmen pro Jahr, vielleicht ein bis zwei. Mehr Maßnahmen gibt es überhaupt nicht. Warum? ... , weil die rechtlichen Voraussetzungen sich ausdrücklich auf das Thema Terrorabwehr beziehen, während die rechtlichen Voraussetzungen bei der Quellen-TKÜ viel weiter sind. Das heißt, die kommt öfter zum Einsatz, hat aber auch einen eingeschränkten Anwendungsbereich.
Barenberg: Und wer kontrolliert, dass das jeweils richtige zum Einsatz gekommen ist?
Bosbach: Das ist zunächst einmal der Richter. Der Richter muss ja die Maßnahme genehmigen. Dann muss die Behördenleitung natürlich die Rechtmäßigkeit der Anwendung sicherstellen und dann muss jede Überwachungsmaßnahme präzise protokolliert werden. Es muss doch immer sichergestellt werden, dass nur im Rahmen des geltenden Rechts Beweise gesichert wurden. Ansonsten wären sie doch komplett unverwertbar. In einem Gerichtsverfahren kann ich doch nicht mit Beweisen operieren, die illegal erhoben worden sind. Jeder Verteidiger, der das ABC beherrscht, würde sich doch sofort auf ein Beweisverwertungsverbot berufen.
Barenberg: Herr Bosbach, zum Schluss. Es gibt einige Politiker, die sich heute Vormittag äußern und sehr große Sorge zum Ausdruck bringen. Meinen Sie, dass man den Einsatz dieser umstrittenen Software jetzt zunächst einmal auf Eis legen sollte, bis all diese Dinge aufgearbeitet sind?
Bosbach: Aber doch nicht, wenn er rechtmäßig erfolgt. Zunächst einmal muss doch der Sachverhalt ...
Barenberg: Das steht ja im Zweifel!
Bosbach: Ja, eben! Ja natürlich bestehen Zweifel. Aber wenn das Bundeskriminalamt sagt, die Software, die hier beschrieben wird, ist von uns gar nicht eingesetzt worden, weil wir sie gar nicht haben, wir haben sie überhaupt nicht angekauft, was man nicht hat, kann man auch nicht einsetzen, dann muss doch sofort die nächste Frage lauten, ist möglicherweise auf einer Landesebene, Verfassungsschutz oder Landeskriminalamt, eine derartige Software zum Einsatz gekommen. Zunächst einmal muss doch der Sachverhalt aufgeklärt werden. Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, bei einer traditionellen Maßnahme wie Hausdurchsuchung wird behauptet, das was da gefunden worden ist hat die Polizei mir bei der Hausdurchsuchung untergejubelt. Dann muss doch zunächst einmal der Sachverhalt aufgeklärt werden, bevor man sagt, in ganz Deutschland finden ab sofort keine Hausdurchsuchungen mehr statt, weil die Möglichkeit gegeben ist, dass ein Polizist bei der Hausdurchsuchung dem Verdächtigen auch belastendes Material unterjubelt. Wir waren in der Vergangenheit immer gut beraten, wenn wir zunächst einmal einen Sachverhalt aufgeklärt und ihn erst dann politisch bewertet haben. Im Moment ziehen wir die politische Bewertung vor die Aufklärung des Sachverhaltes. Das was der Chaos Computer Club sagt, ist eine massive Beschwerde, ist ein massiver Vorwurf an die Strafverfolgungsbehörden, und dieser Vorwurf muss aufgeklärt werden. Aber wer so etwas behauptet, müsste natürlich schon zumindest den ein oder anderen Beweis oder Indizien mitliefern, die darauf hindeuten, dass es tatsächlich Bundesbehörden waren, die hier illegal vorgegangen sind. Das Bundeskriminalamt bestreitet das bis zur Stunde vehement.
Barenberg: Und, Herr Bosbach, wenn diese Aufklärung dann erfolgt ist und die Fakten auf dem Tisch liegen, dann werden wir uns ja vielleicht noch mal verabreden für eine politische Konsequenz.
Bosbach: Auch der Innenausschuss wird sich ja mit dem Thema am kommenden Mittwoch, also Mittwoch in einer Woche, beschäftigen müssen.
Barenberg: Wolfgang Bosbach, Vorsitzender eben des Innenausschusses im Bundestag. Danke für das Gespräch, Herr Bosbach.
Bosbach: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.