Christine Heuer: Die USA haben eine weltweite Terrordrohung ausgesprochen und Botschaften in der arabischen Welt geschlossen, Deutschland schließt seine Vertretung im Jemen. Und plötzlich steht die NSA in einem etwas besseren Licht da. Hierzulande hat der BND am Wochenende bestätigt, zig Tausende Datensätze an die NSA weitergegeben zu haben, und das nach Wochen, in denen man den Eindruck haben musste, der Bundesnachrichtendienst habe wenn überhaupt, bloß mal am Rande mit den NSA-Kollegen zu tun gehabt und wisse eigentlich gar nichts über deren Aktionen auch in Deutschland. Kanzleramt und Innenministerium schweigen bislang zu den neuesten Enthüllungen. Nur die von Anfang an kritische Bundesjustizministerin fordert umfassende Aufklärung und wird von ihrer liberalen Parteikollegin Gisela Piltz darin unterstützt:
"Deshalb fordere ich vom BND auch, dass er jetzt endlich Klartext spricht, nicht nur im Parlamentarischen Kontrollgremium, sondern er muss sich auch sonst erklären, was er genau getan hat, auf welcher Rechtsgrundlage er das getan hat und welche Qualität dieser Eingriff in die Bürgerrechte der deutschen Bürgerinnen und Bürger oder auch anderer hat."
Heuer: Die FDP-Politikerin Gisela Piltz. - Der Christdemokrat Wolfgang Bosbach ist am Telefon, er ist Vorsitzender im Innenausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Morgen, Herr Bosbach.
Wolfgang Bosbach: Guten Morgen, Frau Heuer.
Heuer: Schließen Sie sich der FDP-Aufforderung an, muss der BND jetzt der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen?
Bosbach: Zunächst einmal den zuständigen Gremien, aber selbstverständlich auch der Öffentlichkeit, wobei für die Vorwürfe, die jetzt erhoben werden, habe ich nur ein sehr begrenztes Verständnis, denn wir hatten ja nicht nur Sondersitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums, wir hatten auch zu der hier streitgegenständlichen Thematik bereits zwei Sitzungen des Innenausschusses des Deutschen Bundestages und da hat der Präsident des BND nicht bestritten, dass der Bundesnachrichtendienst und die NSA zusammenarbeiten. Es ist ja auch gerade seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz der Hinweis gekommen, dass wir in sieben Fällen von den Amerikanern, allerdings nicht über die NSA, sondern über JIS, Informationen bekommen haben, die uns in die Lage versetzt haben, Anschläge beziehungsweise Anschlagspläne zu vereiteln.
Heuer: Aber, Herr Bosbach, das Ausmaß dieser Zusammenarbeit, das ist doch eher verschleiert worden in den vergangenen Wochen. Jedenfalls ist es nicht öffentlich ausgebreitet worden.
Bosbach: Ja, hier werden zwei Sachverhalte durcheinandergeworfen, und zwar nicht aus Versehen, sondern ganz gezielt. Irgendjemand müsste Herrn Oppermann mal erklären, dass man sich auch in Wahlkampfzeiten an die Wahrheit halten sollte. Er sollte sich zumindest in deren Nähe aufhalten. Bei den berühmten zwei Fällen, um die es geht, da ging es um Daten von deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Das waren die beiden Entführungsfälle. Es war immer klar, dass es sich hier um Deutsche handelt. Bei der Weitergabe der anderen Daten geht es offenkundig nicht um deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, sondern um Daten, die der BND im Rahmen seines Auftrages und im Rahmen des BND-Gesetzes erhoben hat. Hier wird ja der Eindruck erweckt, als hätte der BND gegen Recht und Gesetz gehandelt. Wohl gemerkt, das behauptet die Opposition gar nicht, aber sie erweckt den Eindruck.
Heuer: Aber die Bundesregierung und natürlich auch die Dienste, Herr Bosbach, hatten ja die Gelegenheit, im Parlamentarischen Kontrollgremium genau das zu schildern. Wieso haben sie es nicht einfach getan? Warum haben sie sich auf diese zwei Fälle beschränkt und nicht klipp und klar gesagt, ja, es stimmt, es werden tausendfach Daten weitergegeben, aber es betrifft die Deutschen nicht?
Bosbach: Wir haben nicht über die Menge der Daten gesprochen, aber wir haben über die Kooperation gesprochen und über die Rechtsgrundlage und darüber, ob und inwieweit NSA in Deutschland zum Nachteil von deutschen Bürgerinnen und Bürgern Daten erhebt. Mich bedrückt eher etwas anderes, nämlich bei der Frage der parlamentarischen Kontrolle unserer Geheimdienste, ob wir als Parlamentarier nicht ohnehin nur das erfahren, was wir erfahren sollen. Und wenn wir dann von anderen Sachverhalten Kenntnis erlangen, in der Regel durch Journalistinnen und Journalisten, dann schaut man uns blauäugig an und fragt, ja wenn ihr danach gefragt hättet, ja dann hätten wir euch selbstverständlich auch die Auskunft erteilt. Es ist eine Bringschuld der Dienste, insbesondere aber nicht nur das Parlamentarische Kontrollgremium und den Innenausschuss, weil der Innenausschuss für Datenschutz zuständig ist, über all das umfassend zu informieren, was wir zur Beantwortung der Frage brauchen, ob sich auch unsere Dienste an Recht und Gesetz halten.
Heuer: Stattdessen muss das Parlament abholen, was da gesagt wird, und sich darauf beschränken zuzuhören. Wie kann man das denn ändern?
Bosbach: Zunächst einmal zeigt ja schon die Tatsache, dass es bereits mehrere Sondersitzungen gegeben hat, wie wichtig wir dieses Thema nehmen. Es gibt allerdings auch eine andere Frage, nämlich ob wir mit unseren bisherigen Möglichkeiten die Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle der Dienste so umfassend wahrnehmen können, wie dies eigentlich möglich wäre, und das sage ich ohne Vorwurf an irgendjemanden. Ich bin auch nicht dafür, dass wir jetzt darüber in Wahlkampfzeiten sprechen. Das endet meistens nicht gut, weil es im Wahlkampf ja nicht um Gemeinsamkeit geht, sondern um die Auseinandersetzung unter den politischen Parteien. Aber nach dem 22. September sollten wir einmal zwischen den Fraktionen in Ruhe darüber reden, ob wir die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste nicht noch weiter verbessern können und auch verbessern müssen.
Heuer: Aber wie denn, Herr Bosbach? Sie haben ja was im Kopf?
Bosbach: Beispielsweise durch einen Beauftragten des Deutschen Bundestages für die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Dem könnte man auch einen kleinen, ich betone, kleinen Stab von qualifizierten Mitarbeitern zur Seite stellen, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium bei der Arbeit helfen.
Heuer: Und welche Rechte soll der haben?
Bosbach: Insbesondere auch Zugangsrechte, auch Akteneinsichtsrechte bei den Diensten, und da stellt sich natürlich die Frage, ob man das einfach neben seiner parlamentarischen Arbeit machen kann, oder ob es nicht jemanden geben müsste, der sich ganz darauf konzentriert.
Heuer: Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Christdemokrat ist er. Vielen Dank, Herr Bosbach.
Bosbach: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
"Deshalb fordere ich vom BND auch, dass er jetzt endlich Klartext spricht, nicht nur im Parlamentarischen Kontrollgremium, sondern er muss sich auch sonst erklären, was er genau getan hat, auf welcher Rechtsgrundlage er das getan hat und welche Qualität dieser Eingriff in die Bürgerrechte der deutschen Bürgerinnen und Bürger oder auch anderer hat."
Heuer: Die FDP-Politikerin Gisela Piltz. - Der Christdemokrat Wolfgang Bosbach ist am Telefon, er ist Vorsitzender im Innenausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Morgen, Herr Bosbach.
Wolfgang Bosbach: Guten Morgen, Frau Heuer.
Heuer: Schließen Sie sich der FDP-Aufforderung an, muss der BND jetzt der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen?
Bosbach: Zunächst einmal den zuständigen Gremien, aber selbstverständlich auch der Öffentlichkeit, wobei für die Vorwürfe, die jetzt erhoben werden, habe ich nur ein sehr begrenztes Verständnis, denn wir hatten ja nicht nur Sondersitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums, wir hatten auch zu der hier streitgegenständlichen Thematik bereits zwei Sitzungen des Innenausschusses des Deutschen Bundestages und da hat der Präsident des BND nicht bestritten, dass der Bundesnachrichtendienst und die NSA zusammenarbeiten. Es ist ja auch gerade seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz der Hinweis gekommen, dass wir in sieben Fällen von den Amerikanern, allerdings nicht über die NSA, sondern über JIS, Informationen bekommen haben, die uns in die Lage versetzt haben, Anschläge beziehungsweise Anschlagspläne zu vereiteln.
Heuer: Aber, Herr Bosbach, das Ausmaß dieser Zusammenarbeit, das ist doch eher verschleiert worden in den vergangenen Wochen. Jedenfalls ist es nicht öffentlich ausgebreitet worden.
Bosbach: Ja, hier werden zwei Sachverhalte durcheinandergeworfen, und zwar nicht aus Versehen, sondern ganz gezielt. Irgendjemand müsste Herrn Oppermann mal erklären, dass man sich auch in Wahlkampfzeiten an die Wahrheit halten sollte. Er sollte sich zumindest in deren Nähe aufhalten. Bei den berühmten zwei Fällen, um die es geht, da ging es um Daten von deutschen Bürgerinnen und Bürgern. Das waren die beiden Entführungsfälle. Es war immer klar, dass es sich hier um Deutsche handelt. Bei der Weitergabe der anderen Daten geht es offenkundig nicht um deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, sondern um Daten, die der BND im Rahmen seines Auftrages und im Rahmen des BND-Gesetzes erhoben hat. Hier wird ja der Eindruck erweckt, als hätte der BND gegen Recht und Gesetz gehandelt. Wohl gemerkt, das behauptet die Opposition gar nicht, aber sie erweckt den Eindruck.
Heuer: Aber die Bundesregierung und natürlich auch die Dienste, Herr Bosbach, hatten ja die Gelegenheit, im Parlamentarischen Kontrollgremium genau das zu schildern. Wieso haben sie es nicht einfach getan? Warum haben sie sich auf diese zwei Fälle beschränkt und nicht klipp und klar gesagt, ja, es stimmt, es werden tausendfach Daten weitergegeben, aber es betrifft die Deutschen nicht?
Bosbach: Wir haben nicht über die Menge der Daten gesprochen, aber wir haben über die Kooperation gesprochen und über die Rechtsgrundlage und darüber, ob und inwieweit NSA in Deutschland zum Nachteil von deutschen Bürgerinnen und Bürgern Daten erhebt. Mich bedrückt eher etwas anderes, nämlich bei der Frage der parlamentarischen Kontrolle unserer Geheimdienste, ob wir als Parlamentarier nicht ohnehin nur das erfahren, was wir erfahren sollen. Und wenn wir dann von anderen Sachverhalten Kenntnis erlangen, in der Regel durch Journalistinnen und Journalisten, dann schaut man uns blauäugig an und fragt, ja wenn ihr danach gefragt hättet, ja dann hätten wir euch selbstverständlich auch die Auskunft erteilt. Es ist eine Bringschuld der Dienste, insbesondere aber nicht nur das Parlamentarische Kontrollgremium und den Innenausschuss, weil der Innenausschuss für Datenschutz zuständig ist, über all das umfassend zu informieren, was wir zur Beantwortung der Frage brauchen, ob sich auch unsere Dienste an Recht und Gesetz halten.
Heuer: Stattdessen muss das Parlament abholen, was da gesagt wird, und sich darauf beschränken zuzuhören. Wie kann man das denn ändern?
Bosbach: Zunächst einmal zeigt ja schon die Tatsache, dass es bereits mehrere Sondersitzungen gegeben hat, wie wichtig wir dieses Thema nehmen. Es gibt allerdings auch eine andere Frage, nämlich ob wir mit unseren bisherigen Möglichkeiten die Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle der Dienste so umfassend wahrnehmen können, wie dies eigentlich möglich wäre, und das sage ich ohne Vorwurf an irgendjemanden. Ich bin auch nicht dafür, dass wir jetzt darüber in Wahlkampfzeiten sprechen. Das endet meistens nicht gut, weil es im Wahlkampf ja nicht um Gemeinsamkeit geht, sondern um die Auseinandersetzung unter den politischen Parteien. Aber nach dem 22. September sollten wir einmal zwischen den Fraktionen in Ruhe darüber reden, ob wir die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste nicht noch weiter verbessern können und auch verbessern müssen.
Heuer: Aber wie denn, Herr Bosbach? Sie haben ja was im Kopf?
Bosbach: Beispielsweise durch einen Beauftragten des Deutschen Bundestages für die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Dem könnte man auch einen kleinen, ich betone, kleinen Stab von qualifizierten Mitarbeitern zur Seite stellen, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium bei der Arbeit helfen.
Heuer: Und welche Rechte soll der haben?
Bosbach: Insbesondere auch Zugangsrechte, auch Akteneinsichtsrechte bei den Diensten, und da stellt sich natürlich die Frage, ob man das einfach neben seiner parlamentarischen Arbeit machen kann, oder ob es nicht jemanden geben müsste, der sich ganz darauf konzentriert.
Heuer: Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Christdemokrat ist er. Vielen Dank, Herr Bosbach.
Bosbach: Ich danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.