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Botanik
Mit Rauchwasser gegen Unkraut

Landwirte müssen schädliche Pflanzen in Schach halten, die sich etwa auf Getreidefeldern wohlfühlen und die Ernte von Jahr zu Jahr verringern. Mitunter könnte sogenanntes Rauchwasser effektvoll in der Unkrautvernichtung eingesetzt werden.

Von Michael Stang |
    Blick auf ein brennendes Holzstück.
    Bei Rauchwasser handelt es sich um eine Essenz aus verbranntem Holz. (Foto: Jan-Martin Altgeld)
    Das Acker-Fuchsschwanzgras (Alopecurus myosuroides) ist eine einjährige Pflanze, die sich vor allem auf Wintergetreide-Feldern in Europa, Asien und Nordamerika zu einem Unkraut entwickelt hat. Ihr globaler Erfolg macht sie zu einem Protagonisten in seinem Forschungslabor, sagt Gerhard Leubner, Professor für Pflanzenbiochemie an der Royal Holloway Universität von London.
    "Da untersuchen wir die Mechanismen von Ackerunkrautsamen. Die haben nämlich die interessante Eigenschaft, dass sie sich recht schnell an neue Bedingungen, unter anderem auch an den Klimawandel, adaptieren können, weil sie zum einen – also wir reden jetzt von einjährigen Unkräutern – eine große Menge an Samen bilden und die dann häufig eine sehr hartnäckige, langlebige Samenbank in der Erde bilden. Die können da also rumliegen für Jahre und dann plötzlich keimen."
    Das Problem mit dem Acker-Fuchsschwanzgras wird immer größer, denn einerseits werden jedes Jahr mit zunehmender Ausbreitung immer mehr Samen produziert, andererseits werden sie häufiger resistent gegen Herbizide. Um die Pflanzen zu bekämpfen, müssen die Forscher sich auf die Samen konzentrieren beziehungswiese sie keimen lassen.
    "Damit sie keimen, brauchen sie bestimmte Trigger. Das können zum Beispiel Jahreszeiten sein, die Temperatur ändert sich, die Feuchtigkeit ändert sich und dann irgendwann keimt etwas."
    Die Samen direkt im Boden bekämpfen
    Um dem Unkraut Herr zu werden, braucht es neue Methoden, die aber nicht schädlich für Mensch und Umwelt sein dürfen. Gerhard Leubner und seine Kollegen wollen daher die Samen direkt im Boden bekämpfen. Die Idee ist einfach. Wenn sie die Samen alle gleichzeitig keimen lassen, dann könnten sie diese in einem Rutsch vollständig beseitigen. Dazu bedarf es eines starken Keimsignals. Dieses könnte, so die Idee, Rauchwasser sein. Dabei handelt es sich um eine Essenz aus verbanntem Holz. Solche Tinkturen gibt es etwa schon in Australien im Handel zu kaufen, aber es verhält sich dabei wie in der Medizin. Wer heilt, hat Recht, auch wenn die Mechanismen dahinter nicht vollständig verstanden sind. Das wollen die Pflanzenforscher ändern und die Wirkung von Rauchwasser im Detail erforschen. Warum aber ausgerechnet Rauchwasser?
    "Der Grund ist, dass viele Pflanzen an Brände, natürliche Brände, adaptiert sind. Und nach einem Brand von Holz entstehen bestimmte Stoffe und diese stimulieren die Keimung von den Ersteroberern von solchen abgebrannten Regionen. Und diese Stoffe hat man zum Teil identifiziert, das sind sogenannte Karrikine."
    Im Labor haben die Forscher zunächst geschaut, wann und wie die Samen keimen, bei welchen Temperaturen und wie viel Wasser nötig war. Danach konnten sie ein exaktes Profil erstellen, wie und unter welchen Umständen die Keimung am besten verläuft. Danach haben sie die einzelnen Stadien exakt bestimmt, wann die Wurzel wächst, wann der Spross zu sehen ist und dann geschaut, bei welcher Rauchwasserdosis der größte Effekt erzielt werden kann. Zugleich schauten die Wissenschaftler, ob und welche Auswirkungen die Zugabe von bestimmten Wachstumshormonen hatte.
    "Der nächste Schritt wäre dann eben, auf die molekularen Analysen zu gehen, unter anderem endogene Hormone messen. Wir wissen, dass dieses Rauchwasser über Änderungen im Hormonhaushalt der Pflanzen oder der samen wirkt."
    Das Langfristziel ist, dass es nicht mehr eines zweistufigen Prozesses bedarf, sondern sie die Samen in einem Schritt unschädlich machen können.
    "Das ist auch ein Langzeitziel meiner Gruppe, aber die Methoden dafür gibt es zurzeit noch nicht. Ich meine, natürlich gibt es Stoffe, die das tun, aber die sind viel zu toxisch."
    Daher untersuchen die Forscher auch andere Pflanzen zusätzlich zum Ackerfuchsschwanzgras. Dann wollen sie schauen, ob bestimmte Unkräuter vergleichbare oder andere Strategien verfolgen und ob diese Pflanzen auf das Rauchwasser oder einzelne seiner Inhaltsstoffe reagieren. Sind diese Prozesse verstanden, könnten sie mit ihrer Grundlagenforschung dazu beitragen, neue Strategien zur Unkrautvernichtung zu entwickeln.