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Botschafter Saudi-Arabiens
"Das war ein Angriff auf die Weltökonomie"

Saudi-Arabiens Botschafter in Deutschland, Prinz Faisal bin Farham Al-Saud, fordert eine klare Positionierung der Weltgemeinschaft nach dem Drohnenangriff auf eine saudi-arabische Ölraffinerie. Der Iran ziehe solche Angriffe ständig durch und verweigere dann die Verantwortung dafür, sagte er im Dlf.

Prinz Faisal bin Farham Al-Saud im Gespräch mit Jasper Barenberg |
Der Botschafter von Saudi Arabien in Deutschland, Prinz Faisal bin Farham Al-Saud, vor dem Schloss Bellevue
Saudi-Arabiens Botschafter in Deutschland, Prinz Faisal bin Farham Al-Saud (picture alliance/dpa/Kay Nietfeld)
Das saudische Militär hat nach dem Angriff auf seine Ölanlagen Teile von Drohnen und Marschflugkörpern präsentiert, die aus Sicht Saudi-Arabiens geeignet sind, die Schuldzuweisungen an den Iran zu untermauern. Sie seien im Iran gebaut worden und könnten nur mit iranischer Hilfe abgeschossen werden, so der saudische Botschafter Prinz Faisal bin Farham Al-Saud. Der Angriff, der die halbe saudische Ölproduktion für eine Zeit zum Erliegen gebracht habe, sei nicht nur auf die zivile saudische Industrie gerichtet gewesen, sondern habe Auswirkungen auf die ganze Welt gehabt.
Die Reaktion darauf werde derzeit besprochen, sagte Prinz Faisal bin Farham Al-Saud. "Ich will jetzt nicht sagen, dass ein Militärschlag gegen den Iran in Erwägung gezogen wird." Wichtig sei aber eine klare Aussage der internationalen Staatengemeinschaft, dass eine solche aggressive Haltung des Iran nicht akzeptabel sei. Der Iran müsse Verantwortung übernehmen.

Das Interview in voller Länge:
Jasper Barenberg: Mitten ins Herz haben die Angriffe auf saudische Ölanlagen das Königreich am Golf getroffen. Eine Demütigung auch für Kronprinz Mohammed Bin Salman persönlich, der zugleich ja Verteidigungsminister ist. Die Hälfte der Ölproduktion musste nach den Attacken zunächst eingestellt werden. Teile von Drohnen und Marschflugkörpern hat das saudische Militär jetzt präsentiert. Aus Sicht Riads sind die Trümmer geeignet, die Schuldzuweisungen an den Iran zu untermauern.
- Am Telefon ist jetzt Prinz Faisal bin Farham Al-Saud, Botschafter Saudi-Arabiens in Deutschland. Guten Morgen, Herr Botschafter!
Faisal bin Farham Al-Saud: Guten Morgen!
Barenberg: Herr Botschafter, das Militär in Riad hat Trümmer präsentiert. Warum sind das aus Ihrer Sicht überzeugende Beweise?
Faisal: Ja, die sind untersucht worden und die sind klar im Iran gebaut. Aber wir haben trotzdem auch internationale Experten eingeladen, damit sie sich selbst darüber überzeugen können, wo die hergekommen sind.
"Der Iran steht bestimmt dahinter"
Barenberg: Sie sagen, die Systeme, die Trümmer, die Drohnen und Marschflugkörper haben ihren Ursprung im Iran. Aber das bedeutet ja noch nicht, dass sie vom Iran abgefeuert sind. Ich frage das, weil Sie den Iran ja direkt, wie die USA jetzt auch, verantwortlich machen für diese Angriffe.
Faisal: Ja. Wir arbeiten noch daran festzustellen, wo genau sie abgeschossen wurden. Aber wo immer sie herkommen, der Iran steht bestimmt dahinter. Sie sind vom Iran gebaut und könnten nur mit iranischer Hilfe abgeschossen werden.
Barenberg: Sie haben gesagt, dass die Experten der Vereinten Nationen eingeladen wurden und jetzt bereits auf dem Weg nach Saudi-Arabien sind. Sie werden alle Ergebnisse Ihrer Untersuchungen diesen Experten zur Verfügung stellen?
Faisal: Ja, natürlich.
Barenberg: Saudi-Arabien gilt ja als Land mit modernster Bewaffnung und Militärtechnik, viel militärische Unterstützung auch von Seiten der USA. Wieso ist das Land nicht in der Lage gewesen, Angriffe wie die auf Ihre Ölproduktion abzuwehren?
Faisal: Ja, das saudische Militär ist schon in der Lage, das Land zu verteidigen. Aber es ist ja eine sehr komplizierte fachliche Sache. Ich bin nicht Militärexperte, aber was ich weiß, wir haben bis jetzt mehr als 200 ballistische Raketen schon abgefangen von unserer Luftabwehr und mehrere Drohnen und so weiter. Aber manchmal kommt etwas durch.
Barenberg: Und in diesem Fall, in diesem gravierenden Fall hat die Luftabwehr Saudi-Arabiens versagt?
Faisal: Ich werde nicht sagen "versagt", aber sie konnte nicht diesen Angriff völlig abhalten.
Barenberg: Sie sind ja überzeugt, dass der Angriff von Iran zumindest veranlasst wurde, dass der Iran dafür verantwortlich ist. Nun spricht US-Außenminister Mike Pompeo von einer Kriegshandlung. Sehen Sie das auch so?
Angriff "war auch ein Angriff auf die Weltökonomie"
Faisal: Dieser Angriff war nicht nur ein Angriff auf die saudi-arabische zivile Ölindustrie. Der war auch ein Angriff auf die Weltökonomie. So ein Angriff, der jetzt die Hälfte von unserer Ölproduktion für eine kurze Zeit aufgehalten hat, das effektiert die ganze Welt und natürlich muss man das ganz seriös ansehen.
Barenberg: Kronprinz Bin Salman hat gesagt, er sei bereit und willig, auf die Anschläge zu reagieren. Wie wird diese Antwort aussehen?
Faisal: Das wird noch besprochen. Das Wichtige ist jetzt, dass die ganze Welt zusammenkommt und klarmacht, dass solche Verstöße gegen das Völkerrecht nicht akzeptabel sind und dass so eine Aggression nicht akzeptabel ist und dass man das völlig ablehnt.
Barenberg: Wir reden erst mal nicht über einen Militärschlag gegen den Iran?
Faisal: Natürlich ist jetzt alles auf dem Tisch, aber man muss das gut besprechen.
Barenberg: In welchem Fall würden Sie denn einen Militärschlag gegen den Iran in Erwägung ziehen?
Faisal: Ich will jetzt nicht sagen, dass ein Militärschlag in Erwägung gezogen wird. Es kommt jetzt darauf an, wie man in der Weltgemeinschaft mit diesem Thema umgeht. Man hofft natürlich, dass man jetzt den Iran überzeugen kann, dass so etwas nicht akzeptabel ist und dass er für seinen Akt die Verantwortlichkeit übernimmt und dass man dann deeskalieren kann. Aber das steht zumeist in der Hand Irans.
Barenberg: Wie soll diese internationale diplomatische Initiative aussehen?
Faisal: Zuerst muss es eine klare Aussage geben, dass so ein Vergehen und so eine aggressive Haltung von Iran nicht akzeptabel ist. Der Iran muss Verantwortung übernehmen und muss sich darüber klarmachen, dass er solche Aggressionen nicht mehr durchführt. Und er muss sich dann auch in der ganzen Region zeigen als ein verantwortlicher Staat, nicht einer, der jetzt Terroranschläge und Angriffe und so weiter sponsert oder auch durchführt.
Barenberg: Was sollte den Iran bewegen, Verantwortung zu übernehmen für einen Angriff, an dem Teheran die Beteiligung klar verneint?
Iran "verweigert jegliche Verantwortlichkeit"
Faisal: Das ist natürlich unser Problem mit dem Iran. Er zieht solche Angriffe ständig durch und dann verweigert er jegliche Verantwortlichkeit. Das ist, wieso wir es schwierig finden, dem Iran zu vertrauen. Das ist, wieso wir unseren europäischen Freunden immer sagen, ja, es ist gut, dass man uns sagt, man muss sich mit dem Iran unterhalten, aber wenn er für nichts Verantwortlichkeit übernehmen will, dann ist es sehr schwierig, überhaupt über etwas zu reden.
Barenberg: Wäre es für Saudi-Arabien nicht viel günstiger, den Krieg im Jemen zu beenden, der bisher keine der gesteckten Ziele erreicht hat?
Faisal: Ich würde nicht sagen, er hat keines der gesteckten Ziele erreicht, aber er ist natürlich noch nicht am Ende. Wir haben der Regierung von Jemen geholfen, 80 Prozent von dem Land zurückzunehmen von den Huthi-Rebellen. Wir sind natürlich darauf eingestellt, dass es dort einen Frieden gibt und dass eine politische Lösung kommt. Aber natürlich müssen die Huthis da auch mitmache. Und am Ende müssen wir auch unsere nationale Sicherheit verteidigen. Wir haben jetzt schon mehrere hundert ballistische Raketen von Jemen auf unsere Städte abgefeuert bekommen. Die wurden alle im Iran hergestellt, aber von den Huthis abgeschossen. Und wir können nicht zugestehen, dass eine Miliz über den Jemen Kontrolle erhält und auch dann diese schweren Waffen in seiner Hand hat.
Barenberg: Herr Botschafter, Sie sprechen sich für internationale Zusammenarbeit aus. Sie fordern, wenn ich das richtig verstanden habe, den Westen auf, gemeinsam mit Saudi-Arabien vorzugehen. Nun hat die Bundesregierung in Berlin gestern den Lieferstopp für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien ein weiteres Mal verlängert und der Hintergrund ist ja, wie wir alle wissen, nicht nur der Krieg im Jemen, sondern auch, dass unter staatlicher Obhut ein kritischer Journalist, Jamal Kashoggi, vor einem Jahr im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet worden ist. Haben Sie vor diesem Hintergrund Verständnis für die Haltung der Bundesregierung und die Haltung auch vieler in Deutschland, dass mit einem solchen Staat eine Zusammenarbeit auf diesem Feld zumal nicht möglich ist?
Faisal: Die deutsche Rüstung ist für uns ein kleiner Anteil des Verteidigungsministeriums und des Bedarfs und es gibt auch andere Quellen, wo man das finden kann. Es ist nicht für uns ein großes Problem. Aber es ist natürlich enttäuschend, dass jetzt die Mittel, die wir brauchen, um uns selbst zu verteidigen, dass Deutschland glaubt, dass es im deutschen Interesse ist, die nicht abzuliefern. Aber es ist trotzdem nicht für uns das wichtigste Thema jetzt mit Deutschland.
Barenberg: Tun Sie denn alles, um den Mord an Kashoggi vollständig aufzuklären?
Faisal: Ja! Das ist für uns ein sehr wichtiges Thema. Der Mord von Jamal Kashoggi ist ein schreckliches Geschehen. Wir wissen das. Wir sind völlig darauf eingestellt, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Regierung und auch der Kronprinz persönlich hat ganz klar gesagt, dass das ein Verbrechen ist, das wir nicht akzeptieren. Es ist nicht mit unseren Werten vereinbar. Und wir müssen alles tun, dass so etwas nie noch mal geschehen kann, und natürlich auch, dass die Verantwortlichen dafür jetzt gesetzlich bestraft werden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.