Alles glänzt: Die Matten auf dem Fußboden, die Holztäfelung an den Wänden, die weichen Sitze auf den Zuschauertribünen. Auch die Stirn von Amirchan Adajew. 25 Jahre ist er alt, Profi im Kampfsportklub Berkut in Tschetschenien. Er wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht, steigt aus dem Ring. "Wir Tschetschenen haben Sport im Blut. Alle treiben hier Sport: Wenn nicht organisiert in einem Klub, dann eben jeder für sich. Unsere Jugendlichen sind sportlich, nicht so wie in Amerika, wo 30 Prozent der Leute dick sind."
Früher hat Adajew Taekwondo gemacht, jetzt treibt er MMA, Mixed Martial Arts. Bei dieser Mischung aus verschiedenen Nahkampfstilen darf der Gegner auch noch geschlagen und getreten werden, wenn er schon am Boden liegt. In Deutschland ist MMA als besonders brutale Kampfsportart umstritten, in Tschetschenien im Gegenteil sehr beliebt. Die Kriege in den 1990er und 2000er Jahren haben die Beziehung der Menschen zur Gewalt verändert. Tschetschenen kämpfen in der Ukraine, auf beiden Seiten der Front übrigens.
Zum Wohle des Volkes
Im Trainingszentrum von Berkut aber geht es um Sport. Die Anlage liegt im ruhigen Städtchen Tolstojurt, umgeben von Hügeln. Magomed Uruskhanow arbeitet hier als Fitnesstrainer: "Unsere Sportler joggen morgens erst mal durch die Berge. Dann folgen Krafttraining und abends Boxen."
Rund 150 Profis kämpfen für Berkut. Vor fünf Jahren hat der Klub eine eigene Liga gegründet, die ACB, das steht für Absolute Championship Berkut. Aber auch Amateure dürfen in dem Zentrum trainieren. Der Mitgliedsbeitrag ist gering. Trainer Uruskhanov: "Das Zentrum wurde eigentlich zum Wohle des Volkes gebaut. Ich wüsste gar, was man noch verbessern könnte. Es waren schon Champions aus Brasilien zum Training hier. Die sagen immer: Was habt ihr für tolle Bedingungen."
Kadyrow unterstützt großzügig
Die patriotische Ausrichtung des Klubs ist dabei unübersehbar. Einer der Sportler trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Ich bin nicht Charlie und werde es nie sein." Im Saal hängt ein großes Porträt Wladimir Putins mit einem Zitat: "Ein Volk, das so einen Sohn herangezogen hat, verdient Verehrung." Mit dem Sohn ist Ramsan Kadyrow gemeint, Republikchef von Tschetschenien. Er hat ein Gewaltregime installiert, unter seiner Herrschaft verschwinden Menschen und werden gefoltert.
Auch Kadyrows Porträt hängt an der Wand. Der 38-Jährige liebt Sport und fördert vor allem Kampfsport großzügig. Der Manager von Berkut, Magomed Bakajew, betont: "Alles, was sich in Tschetschenien entwickelt, beginnt mit der Unterstützung unseres Republikchefs. Ramsan Kadyrow tritt für eine gesunde Lebensweise ein, für Sport, und er ist froh, dass die Jugend die Möglichkeit entdeckt hat, sich im Sport zu verwirklichen. Sport diszipliniert eben, zumal, wenn man dabei Begriffe wie Ehre hochhält. Das muss dem Republikchef gefallen."
"Berkut ist wie eine Familie"
Letztes Jahr holte Kadyrow den ehemaligen Box-Weltmeister Ruslan Tschagajew aus Hamburg zum Wettkampf nach Grosny und betreute ihn persönlich. Als Gegner wurde ein Boxer aus den USA eingeflogen. Der Kampf verlief allerdings schleppend: Tschagajew holte sich den Titel nur mit Mühe zurück, das Publikum pfiff die Boxer aus. Berkut-Manager Bakajew indes spricht von hohen Idealen der tschetschenischen Kampfsportler.
"Berkut ist wie eine Familie, in der jeder jederzeit für den anderen kämpft und einsteht. Ein Berkut-Kämpfer ist rechtschaffen und moralisch sauber, im Ring und außerhalb."