Nun ist es offiziell: World Boxing hat sich in Frankfurt neugegründet. Damit ist die Grundlage geschaffen, um die IBA als Dachverband für das olympische Boxen abzulösen. Das Internationale Olympische Komitee hatte die IBA nach einer Reihe von Skandalen wegen schlechter Verbandsführung im Sommer 2023 ausgeschlossen. Der Deutsche Boxsport-Verband (DBV) hatte sich daraufhin World Box angeschlossen.
"Der Tag ist als historisch zu bezeichnen. Das hat es in der Geschichte des internationalen Sports noch nie gegeben", lautet nach der erfolgreichen Gründung das erste Fazit von DBV-Sportdirektor Michael Müller im Dlf-Interview: "Dass auf diese Weise ein Verband, der die Compliance-, Good-Governance-Regeln und die Anforderungen des IOC nicht erfüllt, abgelöst werden kann."
Müller hatte in den vergangenen Monaten die Gründung von World Boxing vorangetrieben und wurde heute ins Exekutivkomitee des Verbandes gewählt. Erster Präsident ist der Niederländer Boris van der Vorst.
IBA-Prozess läuft: Gespräche mit IOC noch nicht möglich
Für die Zukunft des Olympischen Boxens sei mit World Boxing eine neue Plattform geschaffen worden. Das IOC könne nun in Ruhe überprüfen, "inwieweit wir die Olympische Charta zu 100 Prozent erfüllen, die berechtigten Hauptforderungen des IOC, endlich für faire und transparente Wettkämpfe zu sorgen, ein sauberes, transparentes Finanzgebahren an den Tag zu legen", erklärt Müller weiter.
Wie er berichtete, sei der neue Box-Verband nun voll handlungsfähig. Allerdings muss World Boxing noch das Ende des Prozesses zwischen dem IOC und der IBA vor dem internationalen Sportgerichtshof (CAS) abwarten. Müller erwartet das Urteil für "Ende Januar, Anfang Februar 2024".
IOC-Präsident Bach: "Habe kein Problem mit Boxen"
Erst dann sind Gespräche zwischen IOC und World Boxing möglich, wie das Recht zur Vertretung des Boxsports bei Olympischen Spielen vom neuen Box-Verband übernommen werden kann. Es habe laut Müller aber schon ein Signal gegeben, dass nach dem erwarteten Urteil Gespräche aufgenommen werden sollen.
Das Boxturnier bei den Sommerspielen 2024 in Paris organisiert das IOC selbst. Im Programm für die Spiele 2028 in LA ist Boxen aktuell nicht enthalten. IOC-Präsident Thomas hatte in der Vergangenheit aber betont, zwar extreme Probleme mit der IBA zu haben, aber keine Probleme mit der Sportart Boxen.
Nationalverbände: Wechsel zu World Boxing wahrscheinlich
Derzeit sind nach Angaben der IBA noch 195 nationale Verbände Mitglied in der beim IOC in Ungnade gefallenen Dachorganisation. World Boxing zählt bis jetzt nicht einmal 30 Mitgliedsverbände. Eine Herausforderung wird sein, IBA-Mitgliedsverbände zum Wechsel zu bewegen.
Müller schätzt diese Chance als realistisch ein. Er erklärt: "Die IBA ist ein internationaler Verband, in dem auch geboxt wird. Das ist unbenommen. Wir haben jetzt einen neuen Weltverband gegründet, der sich ausschließlich um das olympische Boxen kümmert. Die IBA hat hier die Kompetenz verloren. Die Aberkennung durch das IOC ist erfolgt."
In dem Moment, in dem World Boxing die olympischen Rechte durch das IOC erhalte, werde es dann einen großen Andrang geben, sich World Boxing anzuschließen, prognostiziert Müller.
"Sauberer Start": Neue Mitglieder sollen geprüft werden
Wobei der DBV-Sportdirektor direkt mahnend den Finger hebt: "Aber wir gehen trotzdem in Abstimmung mit dem IOC ganz konsequent vor und nehmen die Verbände nur nach einer intensiven Prüfung auf, inwieweit sie Good Governance, Compliance und Code of Conduct in ihren Satzungen verankert haben."
Müller betont mit Nachdruck: "Wir wollen wirklich diese Chance nutzen, um einen sauberen Start hinzulegen, damit wir all diese Probleme der Vergangenheit ausräumen können."