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Brandenburg
AfD-Basis rückt zusammen

Nach der Ankündigung des Verfassungsschutzes, den rechtsnationalen "Flügel" der AfD als Beobachtungsfall einzustufen, ist die Empörung an der Basis in Brandenburg groß. Landeschef Andreas Kalbitz will trotz Beobachtung an seinem Kurs festhalten.

Von Christoph Richter |
Andreas Kalbitz (l), Vorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD Brandenburg, spricht während einer Pressekonferenz nach einer gemeinsamen Sitzung von Berliner und Brandenburger AfD neben Georg Pazderski, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordneten-Haus
Andreas Kalbitz (l), Vorsitzender der AfD Brandenburg und Georg Pazderski, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus (dpa/ Soeren Stache)
Etwa 50 Menschen sind zum Bürgergespräch mit der AfD nach Brück gekommen. Eine lauschige 4000-Einwohnerstadt im Fläming, auf halber Strecke zwischen Berlin und Leipzig. Die meisten Teilnehmer sind männlich und im Renten-Alter.
"Wir haben vor dem Verfassungsschutz keine Angst. Warum sollen wir als Demokraten Angst haben vor dem Verfassungsschutz?", so AfD-Mitglied Ralf Neltner. Der 61-jährige frühere Bergmann ist erbost, dass man die Anhänger des völkischen "Flügel" - der gerade in den ostdeutschen Landesverbänden der AfD eine breite Basis hat – allesamt verdächtigt, Extremisten zu sein.
"Ich war Bergmann der Wismut, sehe ich aus wie ein Nazi?"
Er fühle sich an die Staatssicherheit erinnert. Da habe man auch Menschen ausgespitzelt, die ihre Meinung gesagt haben, sagt Neltner noch.
"Ist wieder so. Wie in der ehemaligen DDR. Ich empfinde es so und viele meiner Freunde und Bekannten sehen es auch so."
Und: Auf AfD Landeschef Andreas Kalbitz lässt Ralf Neltner nichts kommen. Das sei ein Ehrenmann. Schnell wird deutlich: Der frühere Fallschirmjäger ist nicht nur das Gesicht, sondern auch der unumstrittene Star der brandenburgischen AfD. Er werde trotz der Beobachtung – sagt Kalbitz - an seinem Kurs festhalten.
"Und das, was jetzt viele Menschen feststellen, insbesondere im Osten: Wie weit ist es eigentlich, dass die Politik wieder so weit kommen muss, den Geheimdienst gegen die Opposition loszuschicken."
"Das ist eine Partei wie jede andere. Genauso ist es."
"Maaßen hätte es nicht gewollt"
Nur wenige wollen ins Mikrofon sprechen. Immer wieder heißt es: Der Extremismus-Vorwurf sei an den Haaren herbeigezogen.
"Wahrscheinlich ist es so, weil da ein neuer Verfassungsschutz-Chef ist. Maaßen hätte es nicht gewollt."
Journalisten werden in Brück, in das Hotel Schützenhaus, den Versammlungsort nicht reingelassen. Man kann lediglich von draußen durch die Fenster schauen. Und es macht den Anschein von Frontal-Unterricht, weniger eines geselligen Beisammenseins. Auf der einen Seite des nüchternen Gastraumes sitzen die Gäste der Veranstaltung, gegenüber die AfD-Landtagsabgeordneten Lena Duggen und Lars Hünich, in der Mitte Andreas Kalbitz: Glatze, weißes Hemd, Nickelbrille.
Vor dem Versammlungsort demonstrieren etwa 20 meist junge Menschen. Sie kommen aus Brück und Umgebung, halten Schilder hoch mit Aufschriften wie "Rassismus tötet". Und verteilen Flugblätter auf dem unter anderem Zitate von Mitgliedern des "Flügels" aufgelistet sind. "Wir wollen Aufklärungsarbeit betreiben. Die AfD ist eine demokratiefeindliche Partei. Und das sollten die Menschen wissen. Und nicht als Protestpartei wählen."
AfD rückt zusammen
Selbstkritische Wort gibt es bei den Teilnehmern der AfD-Bürgerveranstaltung so gut wie keine. Und es scheint, als ob die AfD-Mitglieder noch enger zusammenrücken. Absetzbewegungen bzw. gar eine Parteispaltung: In Brandenburg aber auch in der Bundespartei sind solche Dinge derzeit nicht zu beobachten.
Ganz im Gegenteil sagt David Begrich, der Magdeburger Rechtsextremismus-Experte und intime Kenner der AfD. Er erwarte - trotz der Beobachtung des "Flügels" durch den Verfassungsschutz – einen weiteren Rechtsruck in der Partei.
"Es gibt in dieser Partei keine Mitte mehr. Und Fakt ist: Das sich in der Partei immer eine Mehrheit gefunden hat, die den weiteren Rechtskurs mitgetragen hat. Und ehrlich gesagt, kann ich mir auch nichts anderes vorstellen."