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Brandenburg
Eine Kaserne für 800 Flüchtlinge

Brandenburg muss in diesem Jahr doppelt so viele Flüchtlinge aufnehmen wie 2014. Mit 14.000 teils traumatisierten Menschen wird gerechnet. In Doberlug-Kirchhain wird angesichts des Andrangs eine ehemalige Kaserne zur großen Unterkunft umgebaut. Nicht alle zeigen sich darüber erfreut in dem kleinen Städtchen.

Von Vanja Budde |
    Ein Flüchtling sitzt auf einem Bett
    Insgesamt soll das ehemalige Armeegebäude 800 Personen Platz bieten. (dpa / picture alliance / Tobias Hase)
    Donnerstags ist Wochenmarkt in Doberlug-Kirchhain, ein Städtchen mit 9.000 Einwohnern mehr als 100 Kilometer südlich von Berlin. Viele der Marktbesucher sind nicht begeistert von der Aussicht, dass demnächst 800 Flüchtlinge in der ehemaligen Kaserne am Ortsrand unterkommen werden.
    "Es gibt genug Arbeitslose, warum müssen wir irgendwelche Ausländer aufnehmen? Also die sollten sich lieber erst um die Deutschen kümmern, bevor sie sich um die Ausländer kümmern."
    "Wenn sie Tausende Euro bezahlen für Schleuser, also dann kann es den Leuten nicht zu schlecht gehen."
    "Reicht denn das nachher noch aus, unser Lebensstandard, wenn die alle kommen?"
    "Die andere Sache ist die: Wie viel Prozent derer, die kommen, sind Flüchtlinge und welche sind bloß Trittbrettfahrer?"
    "Und dann ist die Klauerei ganz groß, ganz groß."
    "Das Einzige, was mir Sorgen macht: Wie wollen die Leute von da draußen hier reinkommen? Angeblich werden Busse eingesetzt, aber wer bezahlt denn das alles? Das sind doch alles unsere Kosten."
    18 bis 20 Millionen Euro kostet der Umbau der ehemaligen Bundeswehr-Kaserne zur Außenstelle der überlasteten Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt. Drei Kilometer vom Markt entfernt liegt das Gebäude inmitten von Feldern und Wäldern.
    Bis Jahresende sollen zunächst 400 Männer hier unterkommen, im nächsten Sommer soll ein zweites Gebäude für Familien fertig sein. Insgesamt wird die Massenunterkunft dann 800 Personen Platz bieten. In Wünsdorf unweit von Potsdam und Berlin soll eine zweite, noch größere Außenstelle Eisenhüttenstadt entlasten, sagt Finanzminister Christian Görke von der Linken, ebenfalls in einer früheren Kaserne. Dieser Umbau werde an die 30 Millionen Euro kosten.
    "Wir hatten noch 2013 Ausgaben sowohl für Investitionen als auch die Betreuung in der Erstaufnahme und natürlich auch in der weiteren Aufnahme durch die Landkreise in Größenordnungen von über 70 Millionen. Wir sind jetzt in diesem Haushaltsjahr bei 190 Millionen. Wir werden im nächsten Haushaltsjahr 2016 möglicherweise 250 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten erwarten. Und das stemmen die Kommunen, das stemmt das Land ausschließlich. Der Bund hat bisher 15 Millionen Euro als Unterstützung gegeben. Das ist eigentlich ein Skandal. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Deshalb erwarte ich auch, dass endlich trotz Ankündigungen der Kanzlerin endlich geliefert wird, und zwar dass wir auch wirklich Unterstützung bekommen."
    "Es ist ja auch für Doberlug-Kirchhain neu"
    Zur Baustellenbesichtigung mit dem Minister ist auch Bürgermeister Bodo Broszinski herbei geeilt. Er beschreibt die Stimmung in seiner Stadt positiver, als das Bild, das die Stichprobe auf dem Marktplatz ergab.
    "Also ich würde sagen: Ruhig, es ist eine Erwartungshaltung da. Es ist ja auch für Doberlug-Kirchhain neu, wenn jetzt so viele neue Bürger oder zeitweilige Bürger hierherkommen. Es sind immer mal Nachfragen von Arbeitsplatzsuchenden und auch von Unterstützern: Wie können wir uns mit einbringen?"
    Pegida-Demonstrationen oder dergleichen habe es hier noch nicht gegeben, sagt Bürgermeister Broszinski. Anders als im Nachbarland Sachsen versuche die rechte Szene hier bislang nicht, das Thema auszuschlachten.
    "Keine Aufmärsche, sondern die machen einen Infostand, werden ignoriert und es sind ganz einzelne Personen, die sich da vielleicht mal ein Flugblatt zustecken lassen. Also ich hoffe, dass das so bleibt."
    Finanzminister Görke meint bei der Besichtigung von Gemeinschaftsduschen und künftigen Vierbettzimmern, dass er gewisse Ängste der Bevölkerung vor dem Fremden nachvollziehen könne. Aber das Stadtsäckel werde von dem Flüchtlingsheim ebenso profitieren wie die ortsansässigen Firmen, die in dem Gebäude emsig bohren und schrauben, um bis zum Herbst fertig zu werden.
    Mal ganz abgesehen von der mitmenschlichen Pflicht zur Hilfsbereitschaft solle Brandenburg den Zustrom neuer Bürger begrüßen, mahnt der Linken-Politiker.
    "Es sind teilweise hochqualifizierte, von den Berufen und dem Know-how wirklich tolle Menschen, die wir auch integrieren sollten und nicht separieren und abschotten, sondern ihnen auch die Möglichkeit geben, in dieser Gesellschaft mit Hand anzulegen. Ich glaube, das wollen sie auch. Insofern wird sich dann sicherlich die eine oder andere Befürchtung ... wird dann zurücktreten und eine Normalität eintreten. Dafür werbe ich auch."