Seit 1990, seit Wiedergründung des Bundeslandes Brandenburg, sind die Sozialdemokraten in Potsdam an der Macht. Seit fünf Jahren regieren sie mit der Linken in einer rot-roten Koalition; anfangs unter Ministerpräsident Matthias Platzeck, jetzt unter dessen Nachfolger Dietmar Woidke.
Fast 4.000 Menschen strömen auf das Sommerfest der SPD im Volkspark Potsdam, das freut Bundesparteichef Sigmar Gabriel:
"Immer mehr kommen und es gibt ja auch Grund zu feiern. Wenn man sich mal zurückerinnert, wie das vor zwölf Jahren war: Da war die Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch im Land. Die Namen, die dafür stehen, die lauten eben Manfred Stolpe, nie vergessen auch Regine Hildebrand, Matthias Platzeck und jetzt natürlich Dietmar Woidke."
Nach Stolpe und Platzeck ist Woidke erst der dritte Ministerpräsident in Brandenburg. Alle drei stehen auf der Bühne, es redet der Amtsinhaber, sein Hauptthema ist der Arbeitsmarkt:
"Und da geht es nicht nur um die Zahl der Arbeitsplätze. Es geht nicht nur um die Arbeitslosenquote, sondern es geht auch nach wie vor darum, dass gute Arbeit auch gut bezahlt wird, dass jemand, der 40 Stunden in der Woche arbeitet, von seinem Geld und von seinem Einkommen leben kann."
Die wirtschaftlichen Kennzahlen in Brandenburg sind gut, die Arbeitslosigkeit liegt bei neun Prozent; noch einmal geringer als im Vorjahr. Ein Erfolg, den die rot-rote Regierung gerne in ihrer Bilanz präsentiert, ebenso wie das Schüler-BAFÖG; und schon vor der bundesweiten Regelung verabschiedete Brandenburg das Vergabe-Gesetz, das öffentliche Aufträge des Landes an einen Mindestlohn bindet. Die Demoskopen sehen die SPD relativ konstant beim Ergebnis der Landtagswahl von 2009, also bei etwa einem Drittel der Wählerstimmen. Über 80 Prozent der Menschen sind nach Umfragen zufrieden, es gibt in Brandenburg keine Wechselstimmung. Jochen Franzke, Parteienforscher, Professor an der Fakultät für Wirtschaft und Soziales der Uni Potsdam, sieht das als Ergebnis einer politischen Strategie:
"Die Landesregierung hat in dem letzten halben Jahr vor der Wahl wirklich alle Probleme vom Tisch geräumt, die Debatten um Gebietsreform, um neue Landkreise, alle einigermaßen kontroversen Dinge sind vom Tisch geräumt, und dann bleiben nur wenige Punkte übrig. Also, das ist wirklich ein Problem, wenn eine Seite nicht bereit ist, gerade die stärkste Partei Kontroversen auszuüben, dann dagegenzuhalten."
Auch scheint der SPD nicht zu schaden, dass vor gut einem Jahr Matthias Platzeck nach einem Schlaganfall seine Ämter als Partei- und Regierungschef nahezu geräuschlos an Dietmar Woidke übergab.
"Der Unterschied liegt in der überregionalen Bekanntheit. Da war Platzeck sozusagen ... wusste man auch in München oder Kiel, wer das ist. Bei Herrn Woidke weiß ich nicht, ob irgendjemand diesen Namen kennt. Aber im Lande hat er überraschenderweise in kurzer Zeit eine Beliebtheit erlangt, die nah an diese Werte herankommt. Sein Vorteil ist außerdem, dass er aus der Lausitz kommt, also ein Teil von Brandenburg, der ein bisschen unterrepräsentiert war viele Jahre lang und sich jetzt besser repräsentiert fühlt. Er hat natürlich einen völlig anderen Stil als Herr Platzeck, ist nicht so präsidial."
Platzeck ist landesweit beliebt, spätestens seit seinem Einsatz beim Oderhochwasser bundesweit bekannt und wahlkampferfahren. Jetzt muss Nachfolger Dietmar Woidke kämpfen:
Platzeck:
"Sehnsucht? Alles gut! Ich mach ja Wahlkampf mit, jeden Abend, alles gut!"
Flemming:
"Keine Entzugserscheinungen?Politik wird ja auch als Droge bezeichnet."
Platzeck:
"Ich bin froh, dass er das macht wie er es macht."
Bei Woidke wussten die Wahlstrategen anfangs nicht, wie der Neue sich so schlägt, tasteten sich deshalb von Bundestagswahl im letzten Herbst über Kommunal- und Europawahl in diesem Frühjahr vorsichtig an ein passendes Format für den Kandidaten heran. Erst reiste er mit dem sogenannten 'Küchenkabinett' durch die kleineren Säle des Landes, vergrößerte die Veranstaltungen dann über 'Strohballenfeste' in den Sommerferien bis zu traditionellen Wahlkampfkundgebungen; mit oder ohne Bundesprominenz. Nach Potsdam ist Frank Walter Steinmeier gekommen, der Außenminister, der seinen Bundestags-Wahlkreis in Brandenburg/Havel als einziger Direktkandidat der Sozialdemokraten verteidigen konnte:
"Dietmar, ich bin mir nicht nur sicher, dass der nächste Ministerpräsident in Brandenburg Dietmar Woidke heißt, er wird es mit großem Abstand und mit großer Begeisterung der Brandenburger sein."
Die Linke als Volkspartei
Die SPD zieht zwar offiziell ohne Koalitionsaussage in die Wahl, Woidke setzt allerdings in Interviews auf eine Fortsetzung des Bündnisses mit der Partei die Linke. Die ist in Brandenburg Volkspartei, holte vor vier Jahren 27 Prozent und ist mit vier Ministern in der Regierung vertreten. Sie besetzt die Ressorts Justiz, Wirtschaft und Europa, Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Finanzen. Finanzminister Christian Görke ist Parteichef und Spitzenkandidat der Linken. Seit 2010 sinkt die Verschuldung des Landes, seit 2011 macht Brandenburg keine neuen Schulden, obwohl die Schuldenbremse für die Länder erst 2020 in Kraft tritt.
Aber Görke hat als Finanzminister immer wieder Rechnungen für den neuen Hauptstadtflughafen auf dem Tisch. Das Projekt verschlang bislang schon 5,4 Milliarden Euro; 37 Prozent davon trägt Brandenburg: fast zwei Milliarden. Ein zu kleiner Teil davon dient dem Lärmschutz der Anwohner:
"Bis zum 13. August sind ungefähr 62 Millionen Euro für diesen Schallschutz bisher bereitgestellt worden – kassenwirksam. Insgesamt sind aber möglicherweise 730 Millionen Euro für den voll umfänglichen Schallschutz nötig. Das zeigt schon, dass da noch Luft ist. Ich will mich heute informieren, wie ist der Stand?"
Görke geht in die Villa Henschel, ein dunkles Backstein-Gebäude auf dem Gelände des alten DDR-Flughafens Schönefeld. Aus dem modernen Besucherzentrum am BER wurde er kurzfristig wieder ausgeladen, obwohl er Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft ist. Den politischen Affront steckt er locker weg, es ist Wahlkampf. Sein Fazit nach gut einer Stunde Gespräch mit dem zuständigen Abteilungsleiter:
"Es sind bis zu 80.000 Menschen davon betroffen. Nun ist er da. Und jetzt ist es die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Flughafen die Akzeptanz bekommt. Und vor allen Dingen braucht er bei dieser Akzeptanz die Realisierung des planfestgestellten sehr guten Schallschutzes!"
Der Streit um den Fluglärm könnte die Wahl entscheidend beeinflussen. Denn während das Thema für die großen Parteien nicht eindeutig in Stimmen umzusetzen ist, hofft einer voll und ganz darauf:
"Für 'normale' Politiker ist es deshalb schwer, mit dem BER-Wahlkampf oder überhaupt mit den Menschen zu reden, weil es das größte Pleiteprojekt ist, was diese Politiker da hingelegt haben. Und warum ist das für mich nicht so schwierig? Weil jetzt all die Probleme auftreten, vor denen ich seit 15 Jahren warne."
Christoph Schulze, seit 1990 direkt gewählter Abgeordneter im Landtag; bis 2012 für die SPD. Im Streit um das Nachtflugverbot verließ er die Fraktion und schloss sich bis zum Ende der Legislaturperiode der grünen Landtagsfraktion an. Jetzt ist er Spitzenkandidat der Freien Wähler. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA könnte er das Direktmandat im Wahlkreis 25 Teltow-Fläming halten. Nach dem Brandenburger Wahlgesetz gilt dann, dass die Landesliste von der Fünf-Prozent-Hürde befreit wäre, die Freien Wähler somit im Parlament säßen, bei geschätzten 2,2 Prozent mit zwei Abgeordneten.
Die CDU dagegen kann vom BER-Debakel so recht nicht profitieren. Zehn Jahre lang war sie in Brandenburg an der Regierung beteiligt, über den Bund und das Land Berlin steht die Partei heute noch in der Verantwortung im Aufsichtsrat. Immerhin rücken die Demoskopen die CDU nach der SPD wieder auf den zweiten Platz. Das war bei der Landtagswahl 2009 anders, da lag das Ergebnis der Christdemokraten bei 19,8 Prozent, und das obwohl parallel Bundestagswahl war. Matthias Platzeck wechselte danach den Partner; nach der Koalition mit der CDU waren die Linken dran; ebenfalls eine "große Koalition", diesmal Rot-Rot. Jörg Schönbohm, ehemals Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident, hat das den Sozialdemokraten bis heute nicht verziehen:
"Rot-Rot finde ich eine Sauerei, wie es gekommen ist: 14 Tage vor der Wahl hat Platzeck doch gesagt, der ist für Große Koalition. Große Koalition war sehr gut. Und dann hat der Rot-Rot gemacht!"
CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack ist ein Seiteneinsteiger in die Politik. Der Orthopäde verabschiedete sich erst im Zuge des Wahlkampfes aus seiner Arztpraxis in Cottbus. Auf Wahlplakaten präsentiert er sich schon als neuer Ministerpräsident, die Umfragen geben das allerdings nicht her. Zum aktuellen Spitzenkandidaten und dem Wahlkampf will sich Schönbohm, der Ehrenvorsitzende der Brandenburgischen CDU, nicht äußern:
"Ja, es juckt mich schon, aber ich sag nichts!"
Im Boulevardblatt "BZ" lobte der 77-jährige ehemalige Generalleutnant dann doch SPD-Mann Woidke mit den Worten: "Ich finde, er hat sich erstaunlich schnell eingearbeitet und macht seine Sache gut." Und zum CDU-Kandidaten fällt ihm ein, "dass er kein auftrumpfender Frontmann ist, gehört zu seinem Wesen". Michael Schierack steht vor einem Dilemma, muss einerseits angreifen, und das geht gegen die SPD. Andererseits muss er sich den Sozialdemokraten als Koalitionspartner anbieten.
"Wollen sie weiter Rot-Rot und ein 'Weiter So!' oder einen Aufbruch, einen Neuanfang und die Themen und die Probleme tatsächlich anzugehen und zu lösen. In Fragen der Bildung: Also, kein Ausfall mehr, ordentliche Abschlüsse! In Fragen der Sicherheit: Sicherheit für alle, gute Aufklärungsquote, Verhinderung von Kriminalität in diesem Land! Oder Wirtschaft: die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Chancen für gute Ausbildungsplätze für unsere Jugendlichen! Das müssen die Menschen entscheiden."
Innere Sicherheit als Wahlkampfthema der Konservativen
Der CDU-Spitzenkandidat setzt also auch auf das Thema Innere Sicherheit. Allerdings fischt in dem Bereich momentan erfolgreicher die Alternative für Deutschland. Nach anfänglichem Zögern hat Schierack mittlerweile - offenbar auf Drängen der Bundespartei - eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Deren Landesvorsitzender Alexander Gauland war über Jahrzehnte CDU-Mitglied. Er hofft, dass der Schwung aus Europa und der Landtagswahl in Sachsen reicht, um die Euro-kritische Partei auch in Brandenburg über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. Dem gestandenen Konservativen ist momentan keine rechtspopulistische Forderung zu platt. Beispiel Sicherheit an der polnischen Grenze:
Gauland:
"Das Rezept kann nur sein, dass wir mehr Polizisten in Brandenburg einstellen. Es gibt eine schöne Rechnung, stammt gar nicht von mir, hat mir aber gut gefallen: Wenn wir dieses Flughafen-Abenteuer beenden, dann können wir sofort 2.000 Polizisten einstellen und bezahlen."
Die Protestwähler scheint die AfD diesmal auf sich zu ziehen – zum Nachteil der Rechtsextremisten. Die DVU schaffte es in zwei Legislaturperioden in den Landtag – mittlerweile gibt es sie nicht mehr, die Partei fusionierte mit der NPD. Deren Aussichten schätzt Parteienforscher Jochen Franzke allerdings als nicht sehr groß ein:
"Diese Strategie des Aufsaugens der DVU hat nicht funktioniert. Die meisten Parteimitglieder sind nicht in die NPD eingetreten, im Gegenteil, die Zahl der NPD-Mitglieder sinkt in Brandenburg, sie sind nicht besonders attraktiv, wenn man sich anguckt welche Kandidaten sie aufgestellt haben, sie sind im Augenblick in einem allgemeinen Abwärtstrend."
Weiteres Wahlkampfthema: die Energiewende. Brandenburg will die Versorgungslücke nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft einerseits mit Erneuerbaren füllen, vor allem mit Windenergie. Die Landesregierung wittert allerdings auch die Chance, die als Brückentechnologie bezeichnete Verbrennung von Braunkohle weiter fortzusetzen. Da sind sich Sozial- und Christdemokraten einig; und Teile der Linken, allen voran der Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, der schon für den Kohleabbau stritt, als die Mehrheit seiner Partei noch das Volksbegehren dagegen unterstützte:
Christoffers:
"Wir sind auch nicht umgefallen, sondern wir haben den Koalitionsvertrag damals auf sehr vielen Regionalversammlungen und auf dem Parteitag. Es gab dort eine Korrektur, das ist korrekt. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Frage eines Braunkohlenausstieges davon abhängig ist, in welchem Tempo ich die Energiewende tatsächlich verwirkliche. Da haben wir in unserem Wahlprogramm eine Zielstellung für Brandenburg, die lautet 2040."
Allerdings laufen momentan die Genehmigungsverfahren der Landesregierung für einen Zeitraum weit darüber hinaus. Im Süden des Landes, in der Lausitz, mussten 136 Orte schon den Baggern weichen.
Grabko, Atterwasch und Kerkwitz sind nach den Plänen des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall bedroht, unter den Orten liegt die begehrte Braunkohle. Über 7.000 Menschen, lokale Aktivisten, Kohlegegner bundesweit und große Umweltverbände bildeten im August eine Menschenkette gegen den Kohleabbau. Das stärkste Argument der Gegenseite sind die Arbeitsplätze. 4.200 Menschen sind nach Angaben der Landesregierung in Brandenburg mit dem Kohlabbau beschäftigt. Ein Bruchteil derer, die zu DDR-Zeiten in der Kohle waren. Ute Liebsch, Bezirksleiterin der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie:
"Also, über die gesamte Lausitz waren das über 100.000 Beschäftigte. Die Lausitz hat hier einen drastischen Aderlass gemacht. Und wir sehen das eben auch unter dem Gesichtspunkt, wenn es die Kohle hier nicht mehr gibt und auch die Dienstleistung hier nicht mehr, kein Plan B hier existiert, ja dann wandern auch noch die letzten verbliebenen jungen Leute aus der Lausitz ab, und wir werden hier ein Altenheim werden!"
Der Kampf gegen die Kohle ist ein Thema von Bündnis 90/Die Grünen. Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher:
"Für Verbraucherschutz, für gesundes Leben: das sind unsere Themen, genauso wie wir ein Alleinstellungsmerkmal in dem Bereich Klima, Energie, gegen Braunkohlestrategien haben. Und die Bildung ist uns eigentlich immer wichtig. Unsere Anhänger sind sehr bildungsaffin, und das nehmen wir mit unserem dritten Schwerpunktthema auf."
Zudem kann die kleine fünfköpfige Fraktion gleich zu Anfang der Legislaturperiode einen Erfolg erzielen. Sie setzt zum ersten Mal nach 1990 durch, dass die Abgeordneten wieder auf Zusammenarbeit mit dem DDR Staatssicherheitsdienst überprüft werden: Fünf Treffer bei der Linken, zwei verlassen das Parlament, einer die Fraktion. Und eine Enquete-Kommission untersucht, wie die Transformation von der Diktatur in die parlamentarische Demokratie in Brandenburg gelaufen ist. Aber ob diese Aufarbeitung der Vergangenheit der Partei für die nahe Zukunft hilft, ist ungewiss. Parteienforscher Jochen Franzke:
"Es ist eine sehr aktive Fraktion, klein, aber sehr aktiv gewesen in vielen Feldern auch mit vielen Vorschlägen, und über diese ganze Legislaturperiode hinaus. Und jetzt haben sie es schwer, das in Wählerstimmen umzusetzen. Also, da gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang offensichtlich. Das hat etwas mit den Milieus zu tun, ich glaube allerdings auch, dass bei den Umweltthemen, bei der Braunkohle dieser Dogmatismus, diese nicht vorhandene Bereitschaft Kompromisse einzugehen, dass das eine Rolle spielt bei diesen relativ niedrigen Werten."
Und die FDP? Die Demoskopen sehen die Liberalen seit Anfang des Jahres stabil unter fünf Prozent, die Angaben schwanken zwischen 'nicht messbar' und höchstens vier Prozent. Von 'Schicksalswahl' sprechen die Brandenburger Liberalen und griffen zu einer radikalen Aufmerksamkeitsoffensive.
Anrufbeantworter:
"Hallo. Keine Sau braucht die FDP. Auf Wiederhören."
Die 'keine Sau' auf den Plakaten wurde danach mit wahlweise 'jeder Arbeitslose', 'jede Lesbe', 'jeder Brandenburger' überklebt. Rot-Rot in Brandenburg ist die dritte Koalition der SPD mit der SED-Nachfolgepartei. Harald Ringstorff sprach bei Bildung der ersten 1998 in Mecklenburg-Vorpommern von einer "Entzauberung" der PDS; auch nach der Berliner Regierungsbeteiligung ging der Partei ein Drittel ihrer Wählerstimmen verloren. In Brandenburg sehen Umfragen zwar Einbußen, aber keinen Einbruch der Linken. Parteienforscher Franzke sagt, die Partei lerne durch Regierungsbeteiligung:
"Es ist eine andere Situation als Opposition, wo man alles Wünschbare sich vorstellen kann. Man wird geerdet, wenn man an der Regierung beteiligt ist und muss auch Entscheidungen mittragen, die nicht so einfach sind, den Kompromiss. Die Mehrheitsverhältnisse sind auch klar: Die Linke ist der kleine Partner, die SPD der ziemlich dominante große Partner."
Jugendliche sollen Jugendliche zum Wählen ermutigen
So bleibt bis zum Sonntag der Kampf um die Wahlbeteiligung, die in Sachsen unter 50 Prozent sank. In Brandenburg wird sie niedriger als 2009 ausfallen; die parallele Bundestagswahl führte zu einem Wert von über 67 Prozent. Zum ersten Mal in einem Flächenland dürfen auch Jugendliche im Alter von 16 und 17 an der Landtagswahl teilnehmen. Von den mehr als 2,1 Millionen Brandenburgern sind das allerdings nur 38.000. Und Beobachter fürchten, dass die von ihrem Recht gar nicht unbedingt Gebrauch machen. Dagegen wollen die 'Wahlwecker' vorgehen.
Sieben Jugendliche reisen 16 Tage vor der Wahl durchs Land, um Gleichaltrige zu mobilisieren. Eine von ihnen: die 18-jährige Truc, sie will so viele Erstwähler erreichen wie möglich.
Truc:
"Möglicherweise werden sie auch als Multiplikatoren fungieren, und dann sogar ihre Eltern missionieren und dazu bewegen, zur Wahl zu gehen oder auch andere Menschen in ihrem Umfeld: Freunde, Verwandte ... "
Nach einer knappen Stunde Aktion in einer Schule ist Max ganz zufrieden:
"Sehr Positiv! Viele interessierte Schüler und Schülerinnen, die sich wirklich auch mal länger mit uns unterhalten haben, und wir auch vielen den Tipp des Wahl-O-Maten auf den Weg mitgeben können. Wenn man sich unsicher ist, kann man sich über unsere Seite oder einfach den Wahl-O-Maten mal googeln, und ja – durchweg positiv."
Der Erfolg der Parteien zeigt sich am Sonntag ab 18 Uhr. Die 'Wahlwecker' schauen vor allem gespannt auf eine Prozentzahl: die der Wahlbeteiligung.