Jasper Barenberg: Wir wollen Klaus Brandner mit ins Gespräch holen, den SPD-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe. Schönen guten Morgen, Herr Brandner!
Klaus Brandner: Ja, schönen guten Morgen nach Köln!
Barenberg: Herr Mursi, Präsident Mohammed Mursi ist gleich Mubarak mit Bart oder noch schlimmer – so war es ja ein bisschen zu hören gerade von Herrn El Sayed. Ist das auch Ihr Fazit nach einem Jahr im Präsidentenamt?
Brandner: Na ja, ich würde es schon etwas differenzierter sehen, wenn man Mursi mit Mubarak vergleicht. Aber die Situation der Menschen, was die Ernährung anbelangt, was die öffentliche Sicherheit anbelangt, also die Lebensverhältnisse, die sind nicht besser, sondern die sind schlechter geworden. Das ist eine Situation, die äußerst bedauerlich ist, und deshalb habe ich und haben wir auch großes Verständnis für die Protestbewegung.
Barenberg: Die Menschen haben dort den politischen Islam an der Regierung erlebt. Hat er sich als unfähig erwiesen, das Land ordentlich zu regieren, oder sind einfach auch die Schwierigkeiten so groß, dass viel mehr nicht zu machen war?
Brandner: Na ja, das kommt beides zusammen. Es sind natürlich große Erwartungen nach einer Revolution, und wir sind diejenigen, die jetzt fast zweieinhalb Jahre nach der Revolution doch ein bisschen bewundernd sehen, mit welcher Geduld die Ägypter bisher die Situation ertragen haben. Denn richtig ist ja, dass es, sowohl was die wirtschaftliche Seite angeht, keine Erfolge, und was die Menschenrechtssituation und die Liberalität in Bezug auf das Leben ... nur geringe Erfolge zu verzeichnen sind. Also von der Seite her will ich es einfach beurteilen, dass hier die Proteste völlig verständlich sind.
Barenberg: Was erwarten Sie für die nächsten Tage, als wie bedrohlich schätzen Sie die Situation ein? Es sind ja Großkundgebungen geplant und wir können mit mehr Gewalt möglicherweise rechnen.
Brandner: Ja, das ist das Bedauerliche, was einfach entsteht, und dass die Regierung und dass der Präsident nicht in der Lage ist – zumindest, was sich für uns zeigt –, zu versöhnen, zusammenzuführen, sondern dass das, was er an Angeboten jetzt auch durch die Rede macht, einfach auf nicht fruchtbaren Boden fällt, weil das Vertrauen verspielt ist.
Nach einem Jahr hat sich eben so wenig getan, dass die Ankündigung, bereit zu sein, die islamistisch geprägte Verfassung doch noch mal zu überarbeiten, eine Kommission einzusetzen und nun jetzt wirklich auch wirtschaftlich gesehen Reformen anzugehen – darauf vertrauen so viele Menschen einfach nicht mehr. Und das ist die Situation, die einfach deutlich macht, dass man, ohne – aus meiner Einschätzung – einer Einbindung, einer großen, deutlichen Einbindung der Opposition in die Regierungsgeschäfte kaum wird Frieden im Land herstellen können, denn das, was jetzt stattfindet, ist ja nicht zu allererst die ausgestreckte Hand, sondern man hat das Gefühl, dass die Muslimbruderschaft leider ihre Bataillone so weit radikalisiert, dass hier zwei große Bewegungen aufeinanderstoßen, und dadurch hat ein Präsident natürlich nicht mehr Autorität im Land, sondern im Land gibt es mehr Unsicherheit, anstatt jetzt das Zeichen zu setzen, durch starke Einbindung der Opposition die notwendigen Reformschritte anzugehen.
Barenberg: Läuft es darauf hinaus – dies vielleicht zum Schluss, Herr Brandner, wir haben nicht mehr allzuviel Zeit –, läuft es darauf hinaus, dass am Ende wieder das Militär darüber entscheidet, ob und wie es mit dieser jungen Demokratie weitergehen wird?
Brandner: Ja, das ist sicherlich zu befürchten, wenn man die Situation sieht, wie sie sich zuspitzt. Ich selbst habe meine Reise für nächste Woche auch abgesagt, weil in diesem Zustand kann man ja keine politischen Gespräche führen. Das ganze Land ist in Aufruhr, und in dieser Situation weiß man nicht, wie das Militär reagieren wird. Zu befürchten ist, dass es zumindest deutliche Ansprüche stellen wird, obwohl das Land im Chaos versinkt.
Barenberg: Klaus Brandner, der SPD-Politiker und Vorsitzender der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe. Danke
Klaus Brandner: Ja, schönen guten Morgen nach Köln!
Barenberg: Herr Mursi, Präsident Mohammed Mursi ist gleich Mubarak mit Bart oder noch schlimmer – so war es ja ein bisschen zu hören gerade von Herrn El Sayed. Ist das auch Ihr Fazit nach einem Jahr im Präsidentenamt?
Brandner: Na ja, ich würde es schon etwas differenzierter sehen, wenn man Mursi mit Mubarak vergleicht. Aber die Situation der Menschen, was die Ernährung anbelangt, was die öffentliche Sicherheit anbelangt, also die Lebensverhältnisse, die sind nicht besser, sondern die sind schlechter geworden. Das ist eine Situation, die äußerst bedauerlich ist, und deshalb habe ich und haben wir auch großes Verständnis für die Protestbewegung.
Barenberg: Die Menschen haben dort den politischen Islam an der Regierung erlebt. Hat er sich als unfähig erwiesen, das Land ordentlich zu regieren, oder sind einfach auch die Schwierigkeiten so groß, dass viel mehr nicht zu machen war?
Brandner: Na ja, das kommt beides zusammen. Es sind natürlich große Erwartungen nach einer Revolution, und wir sind diejenigen, die jetzt fast zweieinhalb Jahre nach der Revolution doch ein bisschen bewundernd sehen, mit welcher Geduld die Ägypter bisher die Situation ertragen haben. Denn richtig ist ja, dass es, sowohl was die wirtschaftliche Seite angeht, keine Erfolge, und was die Menschenrechtssituation und die Liberalität in Bezug auf das Leben ... nur geringe Erfolge zu verzeichnen sind. Also von der Seite her will ich es einfach beurteilen, dass hier die Proteste völlig verständlich sind.
Barenberg: Was erwarten Sie für die nächsten Tage, als wie bedrohlich schätzen Sie die Situation ein? Es sind ja Großkundgebungen geplant und wir können mit mehr Gewalt möglicherweise rechnen.
Brandner: Ja, das ist das Bedauerliche, was einfach entsteht, und dass die Regierung und dass der Präsident nicht in der Lage ist – zumindest, was sich für uns zeigt –, zu versöhnen, zusammenzuführen, sondern dass das, was er an Angeboten jetzt auch durch die Rede macht, einfach auf nicht fruchtbaren Boden fällt, weil das Vertrauen verspielt ist.
Nach einem Jahr hat sich eben so wenig getan, dass die Ankündigung, bereit zu sein, die islamistisch geprägte Verfassung doch noch mal zu überarbeiten, eine Kommission einzusetzen und nun jetzt wirklich auch wirtschaftlich gesehen Reformen anzugehen – darauf vertrauen so viele Menschen einfach nicht mehr. Und das ist die Situation, die einfach deutlich macht, dass man, ohne – aus meiner Einschätzung – einer Einbindung, einer großen, deutlichen Einbindung der Opposition in die Regierungsgeschäfte kaum wird Frieden im Land herstellen können, denn das, was jetzt stattfindet, ist ja nicht zu allererst die ausgestreckte Hand, sondern man hat das Gefühl, dass die Muslimbruderschaft leider ihre Bataillone so weit radikalisiert, dass hier zwei große Bewegungen aufeinanderstoßen, und dadurch hat ein Präsident natürlich nicht mehr Autorität im Land, sondern im Land gibt es mehr Unsicherheit, anstatt jetzt das Zeichen zu setzen, durch starke Einbindung der Opposition die notwendigen Reformschritte anzugehen.
Barenberg: Läuft es darauf hinaus – dies vielleicht zum Schluss, Herr Brandner, wir haben nicht mehr allzuviel Zeit –, läuft es darauf hinaus, dass am Ende wieder das Militär darüber entscheidet, ob und wie es mit dieser jungen Demokratie weitergehen wird?
Brandner: Ja, das ist sicherlich zu befürchten, wenn man die Situation sieht, wie sie sich zuspitzt. Ich selbst habe meine Reise für nächste Woche auch abgesagt, weil in diesem Zustand kann man ja keine politischen Gespräche führen. Das ganze Land ist in Aufruhr, und in dieser Situation weiß man nicht, wie das Militär reagieren wird. Zu befürchten ist, dass es zumindest deutliche Ansprüche stellen wird, obwohl das Land im Chaos versinkt.
Barenberg: Klaus Brandner, der SPD-Politiker und Vorsitzender der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe. Danke