Wenn ein Elektroauto in Brand gerät, sind die Bilder meist spektakulär: lodernde Flammen, Feuerwehrleute, die mit einem großen Wassercontainer zum Löschen anrücken. An sich gibt es bei Elektrofahrzeugen keine höhere Brandgefahr. Aber so ein Feuer zu löschen, hat dennoch seine Tücken, erklärt Jochen Zehfuß, vom Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der Technischen Universität Braunschweig. Denn ein Akkubrand kann Sauerstoff freisetzen und ist oft noch schwer erreichbar im Boden des Fahrzeugs verbaut - da hilft manchmal nur, das ganze Auto im Wassertank zu versenken.
Ulrich Blumenthal: Geraten E-Autos schneller in Brand als kraftstoffbetriebene Fahrzeuge?
Jochen Zehfuß: Nein, sie geraten nicht schneller in Brand. In der Tat sind die Bilder, die wir aus den Medien kennen, spektakulär, und die legen das ja vielleicht so ein bisschen nahe, dass man dort eine erhöhte Brandgefahr hat. Das ist aber durch statistische Daten nicht zu belegen. Es ist in der Tat so, dass wir bisher sehr, sehr wenige Brände von Elektrofahrzeugen haben. Das liegt ein Stück weit natürlich auch daran, dass wir auch sehr wenige Elektrofahrzeuge bisher auf unseren Straßen finden. Wir haben Stand Beginn dieses Jahr ungefähr 140.000 Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen, bei einem Pkw-Bestand von ungefähr 47 Millionen. Da sehen Sie schon, das sind ungefähr 0,3 Prozent, wenn man das nachrechnet, das heißt also, wir haben einfach eine geringe Anzahl an Fahrzeugen.
"Polster sind wichtiger als der Antrieb"
Aber selbst wenn wir das betrachten und ins Verhältnis stellen, in Relation, dann sind die Fälle, wo Elektrofahrzeuge brennen, im Verhältnis gesehen auch zu den Verbrennungsfahrzeugen nicht höher. Das heißt, wir haben kein höheres Brandrisiko, und auch die Schäden sind vermutlich nicht deutlich höher. Zumindest von den Zahlen, die wir kennen, wissen wir, dass das Brandverhalten, das heißt also die freigesetzte Wärme, bei einem Brand von einem Elektrofahrzeug nicht wesentlich anders ist als bei einem klassischen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Das wird nämlich im Wesentlichen dominiert durch die Fahrzeugeinrichtung, dass das Interieur durch die Polsterung, durch die Kabel und was in so einem Fahrzeug verbaut ist und nur in untergeordnetem Maße durch das Antriebskonzept.
Ulrich Blumenthal: Wenn das Brandschutzrisiko nicht höher ist, wie Sie gesagt haben, was kann man zum Brandverhalten sagen, ist das ganz anders?
Zehfuß: Nein, es ist nicht ganz anders, mit einer Ausnahme: Die freigesetzte Wärme entspricht im Wesentlichen eigentlich dem von Verbrennungsfahrzeugen. Wie ich eben sagte, wird es im Wesentlichen eigentlich durchs Interieur der Fahrzeuge dominiert. Wir haben natürlich den Akkumulator als zusätzliche Brandlast. Der Akkumulator stellt für sich genommen natürlich ein gewisses Risiko dar hinsichtlich der Entzündung – dort können Kurzschlüsse auftreten, dort kann sich ein Brand entzünden –, das haben wir beim Verbrennungsfahrzeug nicht.
Zweites Auflodern durch den Akku
Allerdings haben die modernen Elektrofahrzeuge sogenannte Batteriemanagementsysteme, die intelligent genug sind, Kurzschlüsse zu erkennen, Fehler zu erkennen, sodass eine Brandentwicklung aus sich heraus relativ unwahrscheinlich ist und eher nur durch äußere Einflüsse, also einen Unfall beispielsweise, erfolgen kann. Aber selbst dann ist die Brandentwicklung, die freigesetzte Wärme nicht wesentlich anders. Wir haben einen zweiten Peak, denn wenn man sich so einen Zeitverlauf der Wärmefreisetzung und auch der Temperatur vorstellt, dann haben wir einen zweiten Hochpunkt, der eben durch das Abbrennen des Akkumulators entsteht.
Ulrich Blumenthal: Brennen denn Elektroautos anders als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, also ist das Potenzial, was da verbrennen kann, ganz anders?
Zehfuß: Von der Wärmefreisetzungsrate ist es nicht wesentlich anders, er ist allerdings schwieriger, so ein Elektrofahrzeug zu löschen. Das ist ja das, was Sie eingangs erwähnt haben, die Bilder, die man eben aus den Medien kennt. Es ist richtig, wenn ein Akkumulator thermisch durchgeht, das heißt also eine Zersetzungsreaktion stattfindet, die schwierig ist zu stoppen, dann wird im Zuge dieser Zersetzungsreaktion Sauerstoff freigesetzt. Das heißt, es muss gar kein Sauerstoff mehr dem Brand zugeführt werden, so wie wir das sonst bei klassischen Bränden kennen, sondern der entsteht durch diese Zersetzungsreaktion. Deswegen ist es auch so schwierig, einen Brand von einem Elektrofahrzeug zu löschen oder zumindest dann, wenn der Akkumulator brennt, und da braucht man eben deutlich länger, da muss die Feuerwehr eben deutlich länger kühlen. Das ist ein Unterschied im Vergleich zum Verbrennungsfahrzeug.
Giftige Gase sind ein Problem
Und dann haben wir noch einen weiteren Unterschied: Wir können auch nicht Elektrofahrzeug gleich Elektrofahrzeug setzen, weil die Batterien auch unterschiedlich aufgebaut sind. Die haben teilweise eine unterschiedliche Zellchemie, und da haben wir auch eine wahnsinnige Entwicklung in den letzten Jahren. Es ist tatsächlich so, da entstehen toxische Gase, die freigesetzt werden, und das kann ein Problem für die Löschkräfte sein.
Ulrich Blumenthal: Sie haben gesagt, bei so einem Brand eines Elektroautos ist das Prinzip kühlen, kühlen, kühlen. Macht man das ganz normal mit Wasser, gibt es spezielle Löschschäume, spezielle Löschgeräte? Wie ist die Feuerwehr da ausgestattet?
Zehfuß: Wasser ist das Löschmittel der Wahl, vielleicht noch/nur ein Netzmittel. Schaum hat man früher genutzt, braucht man nicht, denn Wasser hat die beste Kühlwirkung. Wasser hat eine vergleichsweise sehr hohe Wärmekapazität, kann also sehr viel Wärme aufnehmen und ist das beste Löschmittel, um ein Elektrofahrzeug zu löschen. Die Problematik, die sich darstellt, ist aber, dass man an die Batterien, dort, wo es also zu diesem thermischen Durchgehen kommt, relativ schwierig mit Wasser rankommen kann, weil die Akkumulatoren sind ja im Fahrzeug verbaut, meistens im Bodenbereich, und wir haben da eben wie geschildert kein offenes Feuer. Das ist eben teilweise ein Problem, und das führte eben dazu, dass teilweise in einigen Fällen Fahrzeuge tatsächlich in Container ja mehr oder weniger im Wasser versenkt werden mussten. Aber im Wesentlichen funktioniert das Löschen durch großes Aufbringen von Wassermengen und dauert etwas länger als vielleicht beim klassischen Verbrennungsfahrzeug.
"Die Forschung kommt fast nicht hinterher"
Ulrich Blumenthal: Sie berichten heute auf den Brandschutztagen über diese Frage, wie sind Feuer bei Elektroautos zu löschen und wie entstehen sie auch. Welchen Forschungsbedarf in Sachen Brandschutz bei und für Elektroautos gibt es eigentlich aus Ihrer Sicht noch?
Zehfuß: Da gibt es aus unserer Sicht noch erheblichen Forschungsbedarf, weil das eine Technologie ist, die relativ jung ist. Wenn man eben eine Technologie neu entwickelt, dann hat man natürlich auch Sicherheitsaspekte im Fokus, aber sicherlich ist das Brandverhalten nicht in erster Priorität, sondern hier geht es natürlich darum, vor allen Dingen auch Batteriesysteme zu entwickeln, mit denen wir eine große Reichweite bekommen, wo also hohe Energiedichten gefordert sind – die Zellchemie wird weiterentwickelt. Solche Dinge stehen im Fokus, und das heißt, Sie haben auf der einen Seite eine wahnsinnig schnelle Entwicklung, die Forschung kommt, insbesondere was jetzt das Brandverhalten angeht, da fast nicht hinterher, um das mal so einfach zu sagen. Das heißt also, wir müssen noch wesentlich mehr Untersuchungen durchführen.
Wir wissen im Grunde, dass die Freisetzung der Wärme sich nicht wesentlich anders verhält als bei Verbrennungsfahrzeugen, aber bisher war es so, dass die Fahrzeughersteller die Elektrofahrzeuge mehr oder weniger in der gleichen Karosserie angeordnet haben wie auch die Verbrennungsfahrzeuge. Jetzt gibt es ja aber Entwicklungen bei verschiedenen Herstellern, die reine Elektrofahrzeuge entwickeln, die ganz anders aufgebaut sind als Verbrennungsfahrzeuge, wo Sie gar nicht einen Eins-zu-eins-Vergleich haben. Da sind sicherlich ganz viele Fragestellungen, die noch offen sind und die auch noch untersucht werden müssen.
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