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Brasilien
Dengue-Gefahr im WM-Gastgeberland

Viele Menschen werden zur Fußballweltmeisterschaft und zwei Jahre später zu den Olympischen Spielen nach Brasilien reisen. Über die gesundheitlichen Gefahren, denen sie sich dabei aussetzen, gibt es oft nur grobe Erkenntnisse. Das wollen deutsche Wissenschaftler jetzt für Rio de Janeiro und das Dengue-Virus ändern.

Von Joachim Budde | 05.05.2014
    Eine Wissenschaftlerin hält zwei Glasröhrchen in die Höhe, darin schwimmen Larven der Asiatischen Tigermücke.
    Larven der Asiatischen Tigermücke können Gelbfieber (Dengue) übertragen (picture alliance / dpa / Ahmad Yusni)
    Dr. Jonas Schmidt-Chanasit interessieren Stechmücken, besonders solche, die gefährliche Krankheiten übertragen können wie das Dengue-Fieber. Der Virologe leitet die Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg, kurz BNI. Er arbeitet an einem Projekt im Rahmen des »Deutschen Biosicherheitsprogramms« mit, in dem das Auswärtige Amt dem BNI und weiteren Partnern Geld zur Verfügung stellt, um die Gefahren für Besucher der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro abzuschätzen. Im Jahr 2012 sind laut dem Robert-Koch-Institut über 600 deutsche Reisende mit Denguefieber aus dem Ausland zurückgekehrt, davon 25 aus Brasilien. Aber wann und wo dort die Gefahr am größten ist, darüber ist wenig bekannt. Das soll sich ändern, sagt Jonas Schmidt-Chanasit.
    "Wir wollen letztendlich Risikokarten erstellen, jetzt erst einmal für Rio de Janeiro, und das eben anhand der Daten zu infizierten Stechmücken, wann und wo sind die infiziert, das gab es bisher noch nicht in Brasilien."
    Armenviertel besonders von Dengue betroffen
    Dazu haben Wissenschaftler aus Deutschland zusammen mit Kollegen von der Bundesuniversität in Rio de Janeiro im gesamten Stadtgebiet, vor allem aber an den Veranstaltungsorten der Olympischen Spiele, im Olympischen Dorf, am Hafen und am Flughafen Mückenfallen aufgestellt. Da die Armenviertel der Stadt besonders von Dengue betroffen sind und dort die Bekämpfung der Mücken besonders schwierig ist, schult die Universität Kinder aus den Favelas. Sie lernen zum Beispiel, dass kleinste Wasseransammlungen den Tigermücken und Gelbfiebermosquitos zum Brüten genügen und deshalb schnell ausgetrocknet werden sollten.
    Wer sich mit dem Dengue-Virus ansteckt, merkt beim ersten Mal meist nur leichte Symptome wie bei einer Grippe. Weil es mehrere Typen dieses Krankheitserregers gibt, können sich Menschen mehrmals anstecken, und dann kann das Immunsystem verrücktspielen.
    "Das betrifft aber eben hauptsächlich die Leute vor Ort, also die Kinder in den Endemiegebieten und die älteren oder immungeschwächten Patienten. Weniger uns Touristen, also wir haben bisher in Deutschland einen Todesfall durch das Denguevirus gehabt, was eben nicht richtig diagnostiziert wurde, dadurch ist es dazu gekommen, eigentlich muss hier von den Reisenden niemand Angst haben, dass er jetzt bei Zweit- oder Drittinfektionen einen tödlichen Verlauf hat, das wäre sehr, sehr ungewöhnlich. Zweit- und Drittinfektionen, die schwerwiegend verlaufen, sind an sich schon bei Reisenden ungewöhnlich, vielleicht sind es knapp 20, die wir in den letzten 13 Jahren in Deutschland registriert haben."
    Die Kampagne läuft seit Ende letzten Jahres. Jetzt kann Schmidt-Chanasit erste Ergebnisse präsentieren.
    "Wir haben jetzt schon knapp 5000 Stechmücken gefangen, bisher haben wir noch keine positiven Stechmücken gefangen, aber das liegt daran, dass jetzt auch noch nicht die Hochsaison war für Dengue, und wir hauptsächlich Stechmücken gefangen haben, die eigentlich nicht Überträger sind für das Dengue, also Culex-Stechmücken. Das ist genau das, also diese Erfahrung, die wir jetzt sammeln müssen. Dass man im Winter eben fast gar keine Aedes-Stechmücken fängt, die die Dengue übertragen, und das sehen wir jetzt eben, diese jahreszeitlichen Schwankungen. Das ist dann eben auch wichtig für die Risikobewertung."
    Fallennetz als Frühwarnsystem
    Verlässliche Daten sollen zu den Olympischen Spielen vorliegen. Dann soll das Fallennetz zudem als Frühwarnsystem dienen, um bei hoher Mückendichte schnell Bekämpfungsmaßnahmen einleiten zu können.
    Die Besucher der Fußballweltmeisterschaft, die Mitte Juni beginnt, können noch nicht direkt von der Arbeit der Forscher profitieren.
    "Die WM ist schon mal ein erster Test, sage ich mal, aber so richtig valide, dass wir da jetzt schon das liefern können wie für Olympia, das kann man nicht, ich denke, wir können schon mal sagen: Wo gibt es besonders viele Überträgermücken, das können wir dann denke ich schon in ein, zwei Monaten sagen, und das hilft ja dann auch schon, wenn man sagen kann: Bitte meidet diese Gebiete, dort ist ein besonders hohes Risiko."
    Die Olympischen Spiele aber sollen dann 2016 möglichst denguefrei ablaufen.