Moderat im Ton, unverändert aggressiv in der Sache: Die beiden Kandidaten um das Präsidentenamt in Brasilien haben sich bis zuletzt hart bekämpft. Es sei der schmutzigste Wahlkampf aller Zeiten gewesen, warf Herausforderer Aécio Neves Präsidentin Dilma Rousseff vor. Die wiederum konterte, Neves wolle Brasilien weit zurückwerfen.
Fast gleichauf gehen die beiden Kandidaten in die heutige Wahl. Die letzte Umfrage am Samstagabend gab zwar Amtsinhaberin Dilma Rousseff einen leichten Vorsprung, doch die Wahl ist völlig offen.
Korruption bekämpfen
Herausforderer Neves setzte im Wahlkampf bis zuletzt auf ein Thema: die verbreitete Korruption im Land und die Verwicklungen der regierenden Arbeiterpartei in zahlreiche Skandale. Damit hofft der 54-jährige Sozialdemokrat vor allem, die unentschlossenen Wähler noch zu gewinnen.
"Die Menschen haben es satt, jeden Tag aus der Zeitung von einem neuen Korruptionsfall zu erfahren und sie sind empört, dass die meisten dieser Verbrecher nicht zur Verantwortung gezogen werden. Das ist die Realität im heutigen Brasilien. Aber es gibt etwas, das die Korruption im Land rasch beendet und das muss auch nicht im Kongress langwierig verabschiedet werden: Wir werden die Arbeiterpartei aus der Regierung werfen."
Passend dazu machte zwei Tage vor der Wahl das bekannte brasilianische Sensationsblatt "Veja" mit einer Schlagzeile auf, Präsidentin Rousseff und Ex-Präsident Lula da Silva hätten von den Korruptionsskandalen beim Öl-Multi Petrobras - in die zahlreiche Politiker der Arbeiterpartei verwickelt sind - gewusst.
Rousseff will Zeitung verklagen
Dilma Rousseff zeigte sich empört und bezeichnete den Artikel als Verleumdung und Rufmord.
"Diese Zeitschrift hat nur Behauptungen und Lügen aufgetischt. Sie präsentiert keinen einzigen Beweis dafür. Ich bin empört. Ziel ist, den Wahlkampf im Schlussspurt noch zu beeinflussen. Das ist ein mieser, hinterhältiger Tiefschlag an den Wahlurnen. Ich werde vor Gericht ziehen, um mich zu verteidigen."
Um eine sichere und faire Stichwahl zu garantieren, wurden landesweit zusätzliche Polizei- und Militäreinheiten abgestellt. Allein in Rio de Janeiro sind 35.000 Polizisten im Einsatz. Gewählt wird per Knopfdruck, sogar in den entlegensten Winkeln des Amazonasgebietes. Dazu wurden in ganz Brasilien mehr als 500.000 elektronische Wahlurnen aufgestellt. Mit einem Ergebnis rechnen die Behörden gegen 20 Uhr Ortszeit (Mitternacht unserer Zeit).