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Brasilien unter Bolsonaro
Wirtschaftlich droht ein böses Erwachen

Er habe keine Ahnung von Wirtschaft, sagt Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro. Die brasilianische Börse feiert die Wahl des ultrarechten Politikers trotzdem. Doch könnte der Jubel nur von kurzer Dauer sein. Klar ist schon jetzt: Mit ihm rückt das Land nach rechts.

Von Brigitte Scholtes |
    Der Sieger der Stichwahlt um das Präsidentenamt in Brasilien, Jair Bolsonaro, winkt Unterstützern in Rio de Janeiro zu
    Die brasilianische Börse feiert die Wahl des Ultrarechten Bolsonaro (picture alliance / Photoshot)
    Eine Sambaband spielt in der Zahnradbahn, die die Touristen zum Corcovado hinaufbringt, dem Hausberg Rio de Janeiros, auf dem die Christusstatue über die Stadt wacht. So locker und beschwingt geht es der brasilianischen Wirtschaft derzeit nicht. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von knapp zwei Billionen Dollar ist Brasilien zwar die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und die Nummer acht weltweit, aber das Land ist hoch verschuldet: Allein in den letzten fünf Jahren sind die Staatsschulden von etwa 60 auf nun 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.
    Finanzmärkte sehen Schuldenstand mit Sorge
    Das sehen die Finanzmärkte mit Sorge. Sie glauben aber, dass der ultrarechte neue Präsident Jair Bolsonaro das Land aus der Krise befreien kann. Das aber könnte eine etwas kurzsichtige Haltung sein, meint Maurizio Vargas von der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment:
    "Mittel- und langfristig besteht natürlich bei Herrn Bolsonaro ähnlich wie bei seinem großen Vorbild Donald Trump das Risiko, dass sich die Finanzmärkte kurzfristig auf die richtigen wirtschaftspolitischen Ausrichtungen konzentrieren, aber ausblenden, dass langfristig natürlich die Institutionen und der institutionelle Rahmen infrage gestellt wird von diesen Politikern. Und da könnte natürlich mittelfristig dann auch das böse Erwachen drohen."
    Handel mit Deutschland und EU nicht sehr ausgeprägt
    Bolsonaro selbst behauptet von sich, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben. Die aber hat sein Berater Paulo Guedes - der Superminister für Finanzen, Wirtschaft, Industrie und Privatisierung werden dürfte. Ein Mann, den die Industrie in Brasilien wegen seiner sehr liberalen Haltung schätzt. Ob er es schafft, die Wirtschaft wieder breiter aufzustellen, ist noch ungewiss. Denn Brasilien hat in den letzten Jahren fast nur auf Rohstoffe gesetzt und deshalb hat die verarbeitende Industrie gelitten. So ist etwa der Flugzeugbauer Embraer verkauft worden: vier Fünftel der Anteile liegen jetzt bei der amerikanischen Boeing. Mauricio Vargas:
    "Embraer war ja eigentlich eine der Perlen der brasilianischen Industriepolitik. Und insofern kann das durchaus symptomatisch gesehen werden, dass eben diese Perle nun verkauft worden ist, überdeckt aber natürlich die vielen kleinen verarbeitenden Unternehmen, die eben verschwunden sind, insbesondere deswegen, weil über lange Zeit die brasilianische Währung viel zu teuer war, getrieben von den Rohstoffpreisexporten - und daher das verarbeitende Gewerbe seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hat."
    Hohe Kriminalitätsrate, schlechte Infrastruktur
    Für die deutsche und die europäische Wirtschaft hat Brasilien eher untergeordnete Bedeutung, die wegen der Rezession 2015 und 2016 noch stärker geschrumpft ist. Deutschland führt vorrangig Maschinen und Anlagen nach Brasilien aus, seit 2012 hat sich das Volumen in Euro gemessen aber halbiert, Autos werden ebenfalls exportiert oder dort produziert - etwa von VW und Mercedes. Aber insgesamt liefert die deutsche Wirtschaft nur etwa ein halbes Prozent ihrer Gesamtexporte nach Brasilien, umgekehrt ist die Bedeutung vor allem der Europäischen Union für das lateinamerikanische Land größer. Ein Zehntel der Importe kommen aus der EU. Dass Brasilien keine größere Bedeutung hat, dürfte auch an den Risiken liegen: die mangelnde Sicherheit, die hohe Kriminalitätsrate, die immer noch schlechte Infrastruktur.