Romário auf Wahlkampftour in Duque de Caxias, einem Industrie-Vorort von Rio de Janeiro. Knapp eine Millionen Einwohner leben hier, vor allem einfache Arbeiter. Die Menschen schwirren um den ehemaligen Fußballprofi herum, wollen ein gemeinsames Handyfoto oder etwas sagen. Meistens beides und meistens mehrere Leute gleichzeitig.
1994 schoss Romário die brasilianische Seleção zum Weltmeistertitel. Im gleichen Jahr wurde er zum Weltfußballer gewählt. Er gewann Meisterschaften mit dem PSV Eindhoven und dem FC Barcelona. Aber hier in der Fußgängerzone von Duque de Caxias, erkennen ihn heute viele als Romário de Souza Faria, den Politiker der Sozialistischen Partei.
"Wirst Du Dich weiter um Kinder mit Behinderungen kümmern?", fragt ein Mann. "Erfüll' Dein Versprechen! Gott segne Dich!" Eine Frau sagt: "Romário, Du bist der einzige Politiker, dem ich vertraue!"
Laut Umfragen wollen ihn 51 Prozent der Menschen in Staat Rio de Janeiro wählen. Die Konkurrenten hat Romário weit hinter sich gelassen.
"Ich halte ihn für fabelhaft", sagt dieser Mann. "Wir erhoffen uns sehr, sehr, sehr viel von ihm. Weil er ein aufrichtiger und ehrlicher Kerl ist und vor allem ist er menschlich. Solche Leute brauchen wir hier in Brasilien!"
Vom Lebemann zum angesehenen Politiker
Viel Lob für einen wie Romário. Ausgerechnet er - früher zwar bekannt für seine Klasse als Fußballer, aber eben auch für seine Egozentrik. Auf dem Platz sammelte Romário Dribblings und Tore - außerhalb Affären und Feindschaften. Deshalb erwartete kaum einer etwas, als sich der Lebemann vor vier Jahren zum Abgeordneten wählen ließ. Das sagt selbst seine Sprecherin Marcia Magalhães:
"Die Leute hatten das Gefühl, er werde das nicht so ernst nehmen. Aber er hat das Gegenteil gemacht, war einer der meist anwesenden Abgeordneten und hat die Politik sehr ernst genommen!"
Und dabei zumindest seine Angriffslust von früher nicht verloren: Vor der Fußball-WM war Romário der lauteste Kritiker, was Verschwendung und Korruption angeht. Nun unterstützt er einen Ausschuss, der die Kosten für die teuren WM-Stadien untersuchen soll. Auf seiner Liste steht auch die finanzielle Prüfung der Neubauten für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Lieblingsgegner ist aber der brasilianische Fußballverband CBF und dessen Vetternwirtschaft. Gerade wieder hat Romário den neuen Präsidenten als Ratte bezeichnet und muss nun 6500 Euro Strafe wegen Beleidigung zahlen.
"Für mich ist der CBF ein Fußball-Unternehmen", sagt Romário. "Aber der Fußball gehört dem Volk. Der CBF nutzt unsere Farben, unsere Hymne, unsere Fahne und nutzt unser wichtigstes Gut, unsere Spieler. Deshalb hat er nach meinem Verständnis die Verpflichtung zu größerer Transparenz."
Anstrengende Wahlkampf-Tour
Die will er weiter einfordern. Zudem setzt sich Romário für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Ausgelöst hat dieses Bewusstsein seine Tochter Yve, die 2005 mit Down-Syndrom geboren wurde. Yve habe ihn zu einem besseren Menschen gemacht, hat Romário mal gesagt. Zu einem, der sich für seine Mitmenschen engagiert.
Mut zum Wandel - schallt es aus den Boxen. Romário und sein Wahlkampfteam ziehen weiter zum nächsten Ziel. Vier bis fünf Auftritte an öffentlichen Plätzen sind es täglich. Alle 92 Kreise des Staates Rio de Janeiro haben sie besucht. An diesem Tag ist es besonders heiß. Das Bad in der Menge macht Romário sichtlich keinen Spaß mehr. Zu Reden hat er keine Lust. Er schüttelt Hände, lässt sich fotografieren. Seine Sprecherin Marcia erzählt, dass er sich als Senator mehr Einfluss in der Hauptstadt Brasilia verspricht.
"Als Abgeordneter dauert es sehr lange, bis Gesetzes-Projekte angenommen werden. Schließlich gibt es 512 Abgeordnete. Als Senator kann er sich besser für die Dinge einsetzen, die ihm wichtig sind. Und er wird in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen."
Denn das nächste Ziel hat sich Romário schon für 2016 gesteckt: Im Jahr der Olympischen Spiele wird unter dem Zuckerhut auch ein neuer Oberbürgermeister gesucht. Die Wahl würde Romário gern gewinnen. Dann wäre er endgültig REImario - der König von Rio.