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Braunbär Bruno
Ein "Problembär" und sein jähes Ende

Nach 170 Jahren tauchte im Mai 2006 zum ersten Mal wieder ein Braunbär in Bayern auf. Das Tier sorgte für viel Aufregung und wurde schließlich zum "Problembären" gemacht. Heute vor zehn Jahren erhielt ein Spezialteam den Auftrag, "Bruno" zu erschießen.

Von Monika Seynsche |
    Der ausgestopfte Braunbär "Bruno" im Museum Mensch und Natur in München
    Der ausgestopfte Braunbär "Bruno" im Museum Mensch und Natur in München (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Am Morgen des 20. Mai 2006 macht ein Jäger im Ammergebirge eine beunruhigende Entdeckung. Drei Schafe liegen tot auf einer Weide in der Nähe von Garmisch- Partenkirchen. Anfangs war unklar, ob sie einem Hund oder einem Bären zum Opfer gefallen waren, erzählt Ulrich Wotschikowsky, der als Wildtierexperte die Tiere untersucht hat.
    "Also schon einen Tag später wussten wir, es war ein Bär in Graswang. Dieser Bär ist über den Berg gegangen ins Loisachtal, Richtung Garmisch und hat dort in der Nacht weitere Schafe geschlagen und hat bei dieser Gelegenheit auch einen unmissverständlichen Trittsiegel in einem Sandbett eines Baches hinterlassen."
    Es war der erste Bär auf deutschem Boden seit 1835, als das letzte Tier erlegt wurde. Einzig in Slowenien hatten Hunderte von Bären überlebt. Seit 1999 wurden einige von ihnen im Rahmen eines großen Auswilderungsprogramms in Norditalien angesiedelt. Seitdem wandern sie und ihre Nachkommen durch die Alpen. Aber Bruno war anders als die meisten dieser Bären. Denn er zeigte keinerlei Scheu vor Siedlungen und Menschen.
    "Nachdem der Bär zwei Tage in Bayern war, ist er in Grainau, das ist ein ... Ortsteil von Garmisch, in die Siedlung hineingegangen und hat einen Hühnerstall auseinandergenommen. Und dies war jetzt zum wiederholten Fall gegeben, dass der Bär in Siedlungen hineinging. Damit wurde er von einem normalen Bären zu einem gefährlichen Bären."
    Stoiber: " ... da gibt es nur die Lösung, ihn zu beseitigen"
    Es gibt in den Alpen und auch in Nordeuropa immer mal wieder Bären, die sich in die Nähe des Menschen wagen. Normalerweise werden sie dann vergrämt, etwa mit Gummigeschossen, die ihnen Schmerzen bereiten und sie dazu bringen, sich von Siedlungen fernzuhalten, weil sie mit ihnen schlechte Erfahrungen verknüpfen. Aber genau das war bei Bruno nicht möglich.
    "Dieser Bär hatte die erstaunliche und sehr seltene Eigenschaft, dass er niemals zu dem Ort zurückgekehrt ist, wo er eine dumme Angelegenheit angerichtet hatte. Er hat irgendwo ein Schaf geschlagen, oder mehrere Schafe und ist am nächsten Tag dorthin nicht wieder zurückgekehrt. Offensichtlich hatte er als Jungbär oder auch, das ist noch naheliegender von seiner Mutter, die auch so ein problematischer Bär war, gelernt, nicht zurückzugehen dorthin, wo man Unfug gemacht hat."
    Deshalb fiel, nur drei Tage, nachdem Bruno Bayern erreicht hatte, die Entscheidung ihn abzuschießen, die der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber so begründete:
    "Wenn die Experten sagen, das ist ein absoluter ... Problembär, da gibt es nur die Lösung, ihn zu beseitigen, weil einfach die Gefahr so groß ist. Dann hat der Minister keine andere Möglichkeit, äh, als eben so zu handeln, wie er gehandelt hat."
    Allerdings hatte der betreffende Minister Werner Schnappauf nicht mit der Wut zahlreicher Tierfreunde und Tierschutzorganisationen gerechnet, die sich vehement gegen die Tötung des Bären aussprachen. Um ihnen entgegenzukommen, ließ die bayrische Regierung finnische Bärenjäger einfliegen, die versuchen sollten, das Tier lebend zu fangen. Zwei Wochen lang jagten sie Bruno mit Hunden und Betäubungsgewehren hinterher. Erfolglos. Im schwer zugänglichen, schroffen Gebirge ließ sich der Bär nicht mehr blicken. Erschöpft und unverrichteter Dinge flogen die Finnen nach Hause. Ulrich Wotschikowsky blieb als Schadensbegutachter vor Ort.
    "Das Witzige war, dass mit der Abreise der Finnen der Bär sich plötzlich ganz anders verhalten hat, und zwar er ließ sich plötzlich spielend von irgendwelchen Leuten auf relativ kurze Entfernungen sehen, er ist an der Kümpflalm auf einen Meter Entfernung an der Terrasse vorbeigelaufen. Er hat in einem Weiher oben am Berg gebadet, während Mountain Biker auf 15 Meter Entfernung an ihm vorbeigefahren sind usw."
    Am 24. Juni 2006 fällt im bayrischen Umweltministerium die endgültige Entscheidung, den Bären abschießen zu lassen. Ein Spezialteam wird zusammengestellt, dessen Mitglieder bis heute unbekannt sind. Die Jäger steigen zur Kümpflalm auf und legen sich auf die Lauer. Am frühen Morgen des 26. Juni erlegen sie Bruno mit zwei Schüssen.
    "Es ist immer traurig, wenn solche Tiere getötet werden müssen, aber ich habe diese Entscheidung voll mitgetragen, weil es mir klar war, wenn es zu einem Unfall kommt, dann wird man alle Leute, die hier fachlich dabei mitgetan haben, zur Rechenschaft ziehen und sagen, warum habt ihr mit euren Fachkenntnissen diesen Fall nicht verhindert, bzw. warum habt ihr uns nicht gesagt, was wir hätten tun müssen?"
    Heute steht Bruno ausgestopft im Münchner Museum Mensch und Natur.