Zwischen Einfamilienhäusern und alten Landhöfen stehen dutzende Zelte in dem kleinen Dorf Pödelwitz. Überall sitzen vor allem jungen Menschen in Gruppen zusammen, dösen in der warmen Mittagssonne oder diskutieren angeregt. Hinter dem Dorf liegt ein kilometergroßes Loch in der Landschaft. Der Braunkohletagebau Vereinigtes Schleenhain. Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft, kurz Mibrag, fördert hier Jahr für Jahr um die 10 Millionen Tonnen Rohbraunkohle. Auch Pödelwitz soll dem Tagebau weichen, erzählt Jens Hausner, einer der wenigen verbliebenen Einwohner. Der Großteil der Pödelwitzer hat das Dorf bereits verlassen, auf Kosten der Mibrag.
"Allein unter dem Pfeiler Pödelwitz liegen 11,4 Millionen Tonnen, so steht es, glaube ich, in der Genehmigung zum Bergrecht und am Ende wird für uns nach Willen der Mibrag eine Zwangsenteignung stehen und wir werden das mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln juristischer Art und auch Öffentlichkeitsarbeit versuchen zu verhindern."
Die Anliegen der Pödelwitzer wolle man unterstützen, sagt Florian Teller. Er ist einer von etwa 80 Aktivisten aus dem ganzen Bundesgebiet, die seit Anfang des Jahres das Klimacamp ehrenamtlich organisieren.
Das Mitteldeutsche Revier ist bundesweit eher unbekannt
"Lausitz und Rheinland, das sind ja so große Tagebaugebiete, die bekannt sind. Das Mitteldeutsche Revier ist noch nicht so bekannt und wir hoffen, diesen weißen Fleck zu beleuchten und wir als Klimacamp Leipziger Land kämpfen für Klimagerechtigkeit und das heißt für uns, dass die Energieträger Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben müssen, und deswegen auch die Kohle unter Pödelwitz."
Eine Woche lang diskutieren die Camper in Pödelwitz über Kohle und Politik. Sie kritisieren vor allem die Klimabilanz der Braunkohle. Zwar sinken die Treibhausgas-Emissionen seit Jahren. Dennoch haben die 13 noch aktiven Braunkohlekraftwerke in Deutschland laut Berechnungen des Umweltbundesamtes 150 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, fast 20 Prozent der gesamten deutschen Emissionen im Jahr 2016. Noch immer geht ein Viertel der deutschen Stromerzeugung auf das Konto der Braunkohle, auch wenn ihr Anteil beständig sinkt.
Heinz Junge, Geschäftsführer Personal der MIBRAG begrüßt die Debatten beim Klimacamp, so lange sie friedlich zugingen.
Nichtsdestotrotz hält er am Abbau der Kohle fest, denn die Mibrag ist direkt mit dem nahegelegenen Kohlekraftwerk Lippendorf verbunden, das im Jahr 2000 in Betrieb gegangen ist.
"Wir haben einen Kunden, das Kraftwerk Lippendorf. Wir haben die Aufgabe, vertraglich verpflichtet, dieses Kraftwerk mit der entsprechenden Menge Rohbraunkohle zu versorgen, und das ist kein Geheimnis, dass dieses Kraftwerk 40 Jahre laufen wird und wir für 40 Jahre die Aufgabe haben die Kohleversorgung durchzuführen."
Die Mibrag stellt sich auf eine Zeit nach der Kohle ein
Mitte des Jahrhunderts habe sich das Thema Kohleabbau aber sowieso erledigt, sagt Heinz Junge und hält die Diskussionen über ein Kohleausstiegsdatum für unnötig:
"Es gibt in der Bundesrepublik kein Unternehmen, was plant ein neues Braunkohlekraftwerk zu bauen. Im Grunde ist das Ende dieser Technologie vorgezeichnet. Dazu gehört natürlich, dass in diesem Zeitraum andere Möglichkeiten gefunden sind, über 24 Stunden 365 Tage im Jahr Energie für alle, die Energie verbrauchen, bereitzustellen."
Der Wirtschaftswissenschaftler Christian von Hirschhausen von der Technischen Universität Berlin, als Redner zu Gast beim Klimacamp, schätzt die Chancen eines raschen Ausstiegs größer ein als die Risiken.
"Die Braunkohle muss bis 2030 zugemacht werden. Damit kann man einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten, ohne dass die Versorgungssicherheit in Deutschland in Mitleidenschaft gezogen wird. Was den Strukturwandel angeht gibt es Initiativen. Ich halte es für sinnvoll erst über Instrumente zu sprechen, zum Beispiel Umschulung, bevor man viel Geld in die Hand nimmt."
Auch die Mibrag stelle sich bereits auf eine Zeit nach der Kohle ein, sagt Geschäftsführer Junge. Aktuell plane man beispielsweise einen Energiepark mit regenerativen Energieträgern. Das Dorf Pödelwitz soll dennoch den Baggern weichen. Mit einem Beschluss rechnen die verbliebenen Pödelwitzer und die Mibrag aber erst in ein paar Jahren.