Für David Janzen war es nicht das erste Mal, dass sein Haus von mutmaßlich Rechtsextremen heimgesucht wurde: Die Haustür mit roter Farbe und den Worten "Bündnis gegen Antideutsche" beschmiert, im Briefkasten rohes Fleisch und auf dem Boden ein Teelicht mit einem daraufgekritzelten Kreuz, seinem Namen und der Zahl "1488" - ein rechtsextremer Code. Bei Twitter veröffentlicht Janzen Fotos vom Tatort und schreibt: "Wieder eine Morddrohung von Neonazis bekommen."
Morddrohungen, Angriffe, Verleumdung
Janzen ist Journalist und Rechtsextremismusexperte. Seit vielen Jahren recherchiert er zum Thema: Er kennt die rechtsextreme Szene und die rechtsextreme Szene kennt ihn. Regelmäßig wird er Opfder von "rechten Aktionen", die er auf seiner Website sammelt. Mit Fotos und Tweets dokumentiert er zahlreiche Morddrohungen im Netz oder an seinem Haus, Angriffe auf Demonstrationen oder Plakat- und Aufkleber-Aktionen gegen ihn. Mehrfach wurde sein Porträtfoto in Braunschweig plakatiert, darunter die Aufschrift „Ich bin verantwortlich für Lügen, Hetze und Gewalt – David Janzen – Täter, kein Opfer."
Hinter der jüngsten Attacke vermutet der Journalist unter anderem eine Reaktion auf seine Berichterstattung über den Neonazi Johannes W., der am 28.03.2023 vom Amtsgericht Braunschweig zu 2.400 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt wurde. In den vergangenen Tagen habe es zudem in einem Telegram-Kanal wiederholte Drohungen gegen ihn gegeben.
Vor diesem Hintergrund kann Janzen nicht verstehen, dass die Polizei nur von "Sachbeschädigung" spricht. Er habe nun Strafantrag wegen Bedrohung, Nachstellung sowie Körperverletzung gestellt. Auch die Gewerkschaft Deutsche Journalisten Union (DJU) wertet die Tat in Braunschweig als Angriff auf die wichtige journalistische Arbeit des Braunschweigers. Da die Strafverfahren bei den bisherigen Attacken an seiner einer Haustür nach Angaben des Journalisten immer eingestellt wurden, ist Janzen allerdings wenig optimistisch, dass es diesmal anders ist.
Rechts-politisch motivierte Straftaten gegen Medien
Mit seinen Erfahrungen ist Janzen als Fachjournalist für die extreme Rechte kein Einzelfall. Immer wieder werden Personen, die zum Thema recherchieren, angegriffen oder versucht einzuschüchtern. Die vielfach ausgezeichnete Journalistin und Buchautorin Andrea Röpke etwa konstatierte 2019 nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke in @mediasres: "Die Berichterstattung, gerade in diesem rechtsextremen Milieu, ist wirklich gefährlicher geworden in den letzten Jahren."
Laut dem letzten Verfassungsschutzbericht ereigneten sich 2021 rund 20.200 rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten insgesamt: im Schnitt mehr als 55 pro Tag. 320 politisch motivierte Straftaten wurden 2022 mit dem Angriffsziel „Medien“ registriert, darunter 46 Gewaltdelikte, wie aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervorgeht.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen verzeichnete 2022 mindestens 80 gewaltsame Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland - ein Höchststand seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2013, mit dem "eine noch nie da gewesene Dimension" erreicht sei, so die NGO in ihrem Jahresbericht. Die Mehrheit der Angriff habe sich im Kontext von „Querdenker“-Protesten ereignet, an denen regulär rechte Gruppierungen und gewaltbereite Neonazis teilnahmen.