"Du bist ein deutscher Junge und eine Zahl ist kein Spielzeug."
Carl Friedrich Gauß, Mathematikergenie des frühen 19. Jahrhunderts kriegt gleich beigebracht, worum es geht. Brav soll gerechnet werden. Da kriegt der Herzog von Braunschweig schon gleich einen Hustenanfall, als der kleine Gauß bemerkt, die genialen Mathematiker seien in der niederen Disziplin des Kopfrechnens schon immer schwach gewesen. Der Kleine ist ein Aufsteiger aus den niedrigsten Verhältnissen. Der historische Gauß hat später tatsächlich die Normalverteilungskurve und die Wahrscheinlichkeitsrechnung erfunden. 2005 verarbeitet der Schriftsteller Daniel Kehlmann diese Biografie zusammen mit der des abenteuerlustigen adligen Naturforschers Alexander von Humboldt zu einer kurzweiligen Doppelbiografie mit Millionenauflage. Gegensätzlicher könnten die Ansichten und die Lebenswege der beiden kaum sein. Gauß schwört auf die heimische Studierstube und den Schreibtisch.
"Und was ist bitter sehr dann Wissenschaft?" – "Ein Mann, alleine, am Schreibtisch, vor sich ein Blatt Papier ein Bleistift in der Hand. Vor dem Fenster der klare Himmel. Wenn dieser Mann nicht aufgibt, bevor er etwas versteht. Das ist Wissenschaft." - "Dieser Mann am Schreibtisch. Wenn er auf Reisen geht, Herr Gauß?, was dann?" – "Was sich irgendwo versteckt, in Löchern, Vulkanen, im Wald, im Urwald. Urwald, Urwald ist auch nur Wald. Was sich irgendwo versteckt, ist Zufall."
Detlev Buck, eigentlich als Spaßmacher und Komödienregisseur bekannt – zuletzt "Rubbeldiekatz" - hat sich der keineswegs einfachen Verfilmung des Bestsellers für Bildungsbeflissene angenommen. Einer bleibt zu Hause, schreibt schwergängige aber wichtige Mathematikbücher. Der andere reist um die Welt und versöhnt die Wissenschaft mit der Romantik. Daniel Kehlmann, der auch das Drehbuch zu diesem Film schrieb, bedient sich in seinem Roman oft der indirekten Rede, zu der es im emotionalen aber nicht immer direkten Medium Film keine Entsprechung gibt. Deswegen kann er als Kommentator manchmal selbst ein paar Sätze in den Film hineinsprechen, die dann gleich mit Filmhandlung und Dialog gedoppelt werden.
"Wer einen neuen Kontinent erforsche, schrieb er sogleich an Wilhelm, für den müsse alles, alles wichtig sein." – "Was schreiben Sie Alexander?" – "Einen Reisebericht für meinen Bruder. Er soll immer wissen, wo ich bin. Ich kann es kaum erwarten. Allez Aime. Kommen Sie. Das ist ein Treiben in mir, als wären es 10.000 Säue."
Alexander von Humboldt erforschte, beschrieb, vermaß und sammelte alles, was ihm zwischen 1799 bis 1804 im Norden Südamerikas und in Zentralamerika – meist im heutigen Ecuador – zwischen die Finger kam und machte daraus ein 36 Bände umfassendes Standardwerk der Entdeckerlust. "Viele Fakten – kaum Theorie" würde Gauß gesagt haben, dem Humboldt - sicher überliefert - lediglich 1828 auf einem Naturforscherkongress in Berlin tatsächlich begegnet ist. Dem trockenen Zahlenkönig Gauß wird wenigstens eine Liebesromanze gewährt, zu unsinnlich wäre dessen Geschichte zwischen Schreibtisch und Federkiel sonst gewesen. Opulent hingegen ist natürlich die Story des Naturforschers. Er befreit Sklaven, bewundert Schmetterlinge und empfindet jede Strapaze als Ansporn zu neuen Taten. Die Lebenstragik von Alexander von Humboldt – seine wahrscheinlich unausgelebte Homosexualität – berührt auch Detlev Buck nicht, der bemüht ist, den Bildungskanon der deutschen Gymnasien keinesfalls zu beschädigen, schließlich gibt es zu kaum einem Buch so viele Schulprojekte und Lehrmaterialiensammlungen wie zu Kehlmanns "Die Vermessung der Welt".
"Alexander meinen Sie nicht dass wir zu viel Ladung haben." - Es ist immer zu wenig gemessen daran, was erforscht und Vermessen werden muss." – "Ich meinte zu viel für das Boot." – "Von der nächsten Missionsstation schicken wir einiges nach Europa." – "Nach Europa, das hier geht nach Europa." "Legen Sie das sofort wieder hin." – "Oh bitte: ist es sehr wertvoll?" – "Das ist der Humboldt-Affe."
Mindestens zwei Affenarten sind nach Humboldt benannt - außerdem Schmetterlinge, Pflanzenarten und Vielfüßler aller Art. Detlev Bucks braver Historienschinken, oft keineswegs unansehnlich, aber im Kern mehr eine visuell aufbereitete Geschichtslektion als ein spannender Film ist eine grandiose Produzentenleistung in 3-D. Doch den Wissenschaftsstreit zwischen Empirie und Theorie entscheidet er nicht.
Carl Friedrich Gauß, Mathematikergenie des frühen 19. Jahrhunderts kriegt gleich beigebracht, worum es geht. Brav soll gerechnet werden. Da kriegt der Herzog von Braunschweig schon gleich einen Hustenanfall, als der kleine Gauß bemerkt, die genialen Mathematiker seien in der niederen Disziplin des Kopfrechnens schon immer schwach gewesen. Der Kleine ist ein Aufsteiger aus den niedrigsten Verhältnissen. Der historische Gauß hat später tatsächlich die Normalverteilungskurve und die Wahrscheinlichkeitsrechnung erfunden. 2005 verarbeitet der Schriftsteller Daniel Kehlmann diese Biografie zusammen mit der des abenteuerlustigen adligen Naturforschers Alexander von Humboldt zu einer kurzweiligen Doppelbiografie mit Millionenauflage. Gegensätzlicher könnten die Ansichten und die Lebenswege der beiden kaum sein. Gauß schwört auf die heimische Studierstube und den Schreibtisch.
"Und was ist bitter sehr dann Wissenschaft?" – "Ein Mann, alleine, am Schreibtisch, vor sich ein Blatt Papier ein Bleistift in der Hand. Vor dem Fenster der klare Himmel. Wenn dieser Mann nicht aufgibt, bevor er etwas versteht. Das ist Wissenschaft." - "Dieser Mann am Schreibtisch. Wenn er auf Reisen geht, Herr Gauß?, was dann?" – "Was sich irgendwo versteckt, in Löchern, Vulkanen, im Wald, im Urwald. Urwald, Urwald ist auch nur Wald. Was sich irgendwo versteckt, ist Zufall."
Detlev Buck, eigentlich als Spaßmacher und Komödienregisseur bekannt – zuletzt "Rubbeldiekatz" - hat sich der keineswegs einfachen Verfilmung des Bestsellers für Bildungsbeflissene angenommen. Einer bleibt zu Hause, schreibt schwergängige aber wichtige Mathematikbücher. Der andere reist um die Welt und versöhnt die Wissenschaft mit der Romantik. Daniel Kehlmann, der auch das Drehbuch zu diesem Film schrieb, bedient sich in seinem Roman oft der indirekten Rede, zu der es im emotionalen aber nicht immer direkten Medium Film keine Entsprechung gibt. Deswegen kann er als Kommentator manchmal selbst ein paar Sätze in den Film hineinsprechen, die dann gleich mit Filmhandlung und Dialog gedoppelt werden.
"Wer einen neuen Kontinent erforsche, schrieb er sogleich an Wilhelm, für den müsse alles, alles wichtig sein." – "Was schreiben Sie Alexander?" – "Einen Reisebericht für meinen Bruder. Er soll immer wissen, wo ich bin. Ich kann es kaum erwarten. Allez Aime. Kommen Sie. Das ist ein Treiben in mir, als wären es 10.000 Säue."
Alexander von Humboldt erforschte, beschrieb, vermaß und sammelte alles, was ihm zwischen 1799 bis 1804 im Norden Südamerikas und in Zentralamerika – meist im heutigen Ecuador – zwischen die Finger kam und machte daraus ein 36 Bände umfassendes Standardwerk der Entdeckerlust. "Viele Fakten – kaum Theorie" würde Gauß gesagt haben, dem Humboldt - sicher überliefert - lediglich 1828 auf einem Naturforscherkongress in Berlin tatsächlich begegnet ist. Dem trockenen Zahlenkönig Gauß wird wenigstens eine Liebesromanze gewährt, zu unsinnlich wäre dessen Geschichte zwischen Schreibtisch und Federkiel sonst gewesen. Opulent hingegen ist natürlich die Story des Naturforschers. Er befreit Sklaven, bewundert Schmetterlinge und empfindet jede Strapaze als Ansporn zu neuen Taten. Die Lebenstragik von Alexander von Humboldt – seine wahrscheinlich unausgelebte Homosexualität – berührt auch Detlev Buck nicht, der bemüht ist, den Bildungskanon der deutschen Gymnasien keinesfalls zu beschädigen, schließlich gibt es zu kaum einem Buch so viele Schulprojekte und Lehrmaterialiensammlungen wie zu Kehlmanns "Die Vermessung der Welt".
"Alexander meinen Sie nicht dass wir zu viel Ladung haben." - Es ist immer zu wenig gemessen daran, was erforscht und Vermessen werden muss." – "Ich meinte zu viel für das Boot." – "Von der nächsten Missionsstation schicken wir einiges nach Europa." – "Nach Europa, das hier geht nach Europa." "Legen Sie das sofort wieder hin." – "Oh bitte: ist es sehr wertvoll?" – "Das ist der Humboldt-Affe."
Mindestens zwei Affenarten sind nach Humboldt benannt - außerdem Schmetterlinge, Pflanzenarten und Vielfüßler aller Art. Detlev Bucks braver Historienschinken, oft keineswegs unansehnlich, aber im Kern mehr eine visuell aufbereitete Geschichtslektion als ein spannender Film ist eine grandiose Produzentenleistung in 3-D. Doch den Wissenschaftsstreit zwischen Empirie und Theorie entscheidet er nicht.