Jasper Barenberg: Unnachgiebig bleibt Israel im Streit, um seine Siedlungspolitik im Westjordanland und in Ostjerusalem, allen Appellen der internationalen Gemeinschaft zum Trotz. Das hat der Besuch von Premier Benjamin Netanjahu bei US-Präsident Obama noch einmal gezeigt. Entsprechend frostig fiel der Empfang im Weißen Haus in Washington aus: kein Händeschütteln, kein gemeinsamer Auftritt vor der Presse. Kein Zweifel: Es herrscht Eiszeit zwischen Israel und seinem wichtigsten Verbündeten.
Wie können unter diesen Umständen die Verhandlungen über einen Frieden wieder aufgenommen werden mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der in der Region oft auch Abu Mazen mit seinem Kampfbegriff genannt wird?
Darüber habe ich vor der Sendung mit Minister Avishay Braverman gesprochen von der Arbeitspartei, in der Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu zuständig insbesondere für die Minderheit der arabischen Israelis.
Avishay Braverman: Eines der drängendsten Themen für Israel ist es, hier diesen Friedensprozess weiterzubringen, und ohne eine enge Beziehung zwischen Israel und den USA hin zu dieser Zwei-Staaten-Lösung ist dies eine schwere, eine fast unmögliche Aufgabe, denn die Zeit läuft weiter. Hier ist wirklich politische Führung gefragt.
Barenberg: Israels Botschafter in den USA hat kürzlich gesagt, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten befänden sich auf dem tiefsten Punkt seit drei Jahrzehnten. Stimmen Sie zu?
Braverman: Ich glaube, es hat einige Probleme, einige Fehler gegeben, auch auf Seiten Israels. Aber es ist doch das wesentliche Interesse Israels, möglichst schnell zu einer Lösung zu gelangen, die Sicherheit verbürgt, und ich habe immer gesagt, man wird das Heilige Land aufteilen müssen.
Ich gehöre ja zu dieser älteren kampferprobten Generation, 1967 habe ich bereits im Krieg mitgekämpft, und es war uns immer klar, dass ein Teil des Westjordanlands, dass der Gazastreifen irgendwann wieder zurückgegeben werden muss. Alle anderen Probleme werden sich lösen lassen, denn wir stehen doch vor einer Alternative.
Entweder wir erreichen diese Zwei-Staaten-Lösung, also zwei Staaten für zwei Völker, oder wir kommen zu einer anderen Lösung, eben nicht einem eigentlich binationalen Staat, sondern einem Staat, in dem die Araber die Mehrheit haben und die Juden in der Minderheit sind. Hier geht es nicht nur um Netanjahu alleine, es geht auch um Obama und Merkel und ihren Beitrag zu einer Lösung. Sie müssen darauf hinwirken, dass Abu Mazen zu dieser, für ihn schweren Entscheidung gelangt.
Barenberg: Sie stellen Forderungen an Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, der sich auch Abu Mazen nennt, und Sie sagen, Sie fühlten sich der Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet. Die Frage ist nur, ob sich Ministerpräsident Netanjahu noch der Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet fühlt.
Braverman: Als ich mein Amt in dieser Regierung übernahm, gab es natürlich Gespräche darüber. Netanjahu kommt ja nicht aus derselben Partei wie ich, der ich von der Partei Ben Gurions herstamme.
Aber es kommt eben darauf an, die Dinge zu machen und nicht nur darüber zu reden. Jetzt im Jahr 2010 ist das Jahr der Entscheidungen gekommen. Allerdings müssen sich hier alle bewegen, nicht nur wir, auch Abu Mazen ist gefordert. Sie wissen ja, als der vorige Premierminister Olmert im Amt war, machte er Abu Mazen ein sehr großzügiges Angebot, das dieser ablehnte.
Es reicht also nicht aus, dass wir uns bewegen. Nein, alle Seiten müssen sich nach vorne bewegen. Präsident Obama und Netanjahu müssen Einigkeit finden, sie müssen zusammenstehen, um den Friedensprozess voranzutreiben.
Barenberg: Sie haben vor kurzem öffentlich darüber nachgedacht, aus der Regierung auszutreten. Wie lange werden Sie also der Siedlungspolitik noch zusehen, bevor Sie das Kabinett verlassen?
Braverman: Nun, ich habe das namens meiner Arbeitspartei deutlich gesagt. Das Thema ist, wie können die Juden in ihrem Staat, inmitten von einer 1,4 Milliarden Moslems, inmitten von 350 Millionen Arabern in Sicherheit leben. Das ist das Thema, zu einer Zeit, wo die USA sehr stark in Indien, in China, in Russland beschäftigt sind. Und das habe ich auch in dieser Regierung, der ich angehöre, klar zu machen versucht.
Vor der Abreise Netanjahus haben wir eine ganz wesentliche Regierungsentscheidung getroffen in Bezug auf die israelischen Araber, zu Gunsten der Gleichheit und der Partnerschaft im Bereich Wirtschaft. Dort haben wir also Wesentliches beschlossen. Aber ich wiederhole noch einmal: Ein politischer Führer zu sein, bedeutet auch, die Kraft zur Einsamkeit zu haben.
Barenberg: Zu welchen Zugeständnissen ist Regierung Israels denn bereit, denn offensichtlich war Ministerpräsident Netanjahu bei seinem Besuch in Washington ja zu keinerlei Zugeständnissen bereit?
Braverman: Nein, nein. Ich habe immer gesagt, dass die israelische Regierung in echte Verhandlungen ohne Vorbedingungen einzutreten bereit ist. Ich habe auch gesagt, dass der größte Teil des Westjordanlands an Palästina gegeben wird, vorausgesetzt dass dieser bewaffnete Konflikt beendet wird. Wenn das nicht gelingt, dann wird der Staat Israel als solcher keinen Bestand haben.
Das alles ist durchaus möglich und bei all den Schwierigkeiten bete ich doch dafür, dass letztlich die Weisheit das Übergewicht behält. Natürlich: Man kann kurzfristig durch Leidenschaften das politische Geschäft in einer Art geschlossenen Kreislauf anstacheln, aber langfristig ist doch eine Lösung gefordert, und hier sollen eben die politischen Führer wie Obama, Merkel sich zusammenschließen, um eben eine Lösung im Geiste eines Ben Gurion, eines Churchill, eines Abraham Lincoln zu finden.
Barenberg: Ist Ihre Regierung also bereit, die Siedlungsprojekte einzufrieren, nicht nur im Westjordanland, sondern auch im Ostteil von Jerusalem?
Braverman: Nun ja, ich sage Ihnen, wie es ist. Jerusalem war immer und wird immer sein die Hauptstadt Israels. Für alle anderen Fragen wird man sich kreative Lösungen einfallen lassen. Und ich sage Ihnen auch noch etwas: Lasst uns endlich zum Kern der Sache gelangen. Versuchen wir doch, das Problem von Grund auf zu lösen. Und wir wissen es ja: Politische Führung bedeutet immer, dass man hier und da etwas aufgeben muss. Der Kompromiss gehört einfach dazu. Man darf nicht starrsinnig werden. Und ich meine, moralisch, ethisch und auch im Sinne der höheren Weisheit ist es geboten, dass wir schnell handeln.
Barenberg: Und das sagen Sie auch Benjamin Netanjahu, Ihrem Ministerpräsidenten, nicht starrsinnig zu sein?
Braverman: Ich bin ja ein sehr höflicher Mensch, aber die Position meiner Arbeitspartei ist doch eindeutig. Dieses Jahr 2010 verlangt unabdingbar, dass der Premierminister Entschlüsse fasst, dass er sich nach vorne bewegt. Er hat mir das bereits zugesagt, aber hier kommt es eben darauf an, dass den Worten auch Taten folgen, dass Entscheidungen getroffen werden. Es ist also jetzt höchste Zeit, dass nicht nur Netanjahu, sondern auch Abu Mazen sich bewegt. Netanjahu muss ja auch bestimmte Besitzstände seiner Partei infrage stellen. Er wird dadurch Mitglieder seiner Partei verlieren, um neue Unterstützer zu finden.
Barenberg: Avishay Braverman von der Arbeitspartei, Minister im Koalitionskabinett von Benjamin Netanjahu, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
Wie können unter diesen Umständen die Verhandlungen über einen Frieden wieder aufgenommen werden mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der in der Region oft auch Abu Mazen mit seinem Kampfbegriff genannt wird?
Darüber habe ich vor der Sendung mit Minister Avishay Braverman gesprochen von der Arbeitspartei, in der Koalitionsregierung von Benjamin Netanjahu zuständig insbesondere für die Minderheit der arabischen Israelis.
Avishay Braverman: Eines der drängendsten Themen für Israel ist es, hier diesen Friedensprozess weiterzubringen, und ohne eine enge Beziehung zwischen Israel und den USA hin zu dieser Zwei-Staaten-Lösung ist dies eine schwere, eine fast unmögliche Aufgabe, denn die Zeit läuft weiter. Hier ist wirklich politische Führung gefragt.
Barenberg: Israels Botschafter in den USA hat kürzlich gesagt, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten befänden sich auf dem tiefsten Punkt seit drei Jahrzehnten. Stimmen Sie zu?
Braverman: Ich glaube, es hat einige Probleme, einige Fehler gegeben, auch auf Seiten Israels. Aber es ist doch das wesentliche Interesse Israels, möglichst schnell zu einer Lösung zu gelangen, die Sicherheit verbürgt, und ich habe immer gesagt, man wird das Heilige Land aufteilen müssen.
Ich gehöre ja zu dieser älteren kampferprobten Generation, 1967 habe ich bereits im Krieg mitgekämpft, und es war uns immer klar, dass ein Teil des Westjordanlands, dass der Gazastreifen irgendwann wieder zurückgegeben werden muss. Alle anderen Probleme werden sich lösen lassen, denn wir stehen doch vor einer Alternative.
Entweder wir erreichen diese Zwei-Staaten-Lösung, also zwei Staaten für zwei Völker, oder wir kommen zu einer anderen Lösung, eben nicht einem eigentlich binationalen Staat, sondern einem Staat, in dem die Araber die Mehrheit haben und die Juden in der Minderheit sind. Hier geht es nicht nur um Netanjahu alleine, es geht auch um Obama und Merkel und ihren Beitrag zu einer Lösung. Sie müssen darauf hinwirken, dass Abu Mazen zu dieser, für ihn schweren Entscheidung gelangt.
Barenberg: Sie stellen Forderungen an Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, der sich auch Abu Mazen nennt, und Sie sagen, Sie fühlten sich der Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet. Die Frage ist nur, ob sich Ministerpräsident Netanjahu noch der Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet fühlt.
Braverman: Als ich mein Amt in dieser Regierung übernahm, gab es natürlich Gespräche darüber. Netanjahu kommt ja nicht aus derselben Partei wie ich, der ich von der Partei Ben Gurions herstamme.
Aber es kommt eben darauf an, die Dinge zu machen und nicht nur darüber zu reden. Jetzt im Jahr 2010 ist das Jahr der Entscheidungen gekommen. Allerdings müssen sich hier alle bewegen, nicht nur wir, auch Abu Mazen ist gefordert. Sie wissen ja, als der vorige Premierminister Olmert im Amt war, machte er Abu Mazen ein sehr großzügiges Angebot, das dieser ablehnte.
Es reicht also nicht aus, dass wir uns bewegen. Nein, alle Seiten müssen sich nach vorne bewegen. Präsident Obama und Netanjahu müssen Einigkeit finden, sie müssen zusammenstehen, um den Friedensprozess voranzutreiben.
Barenberg: Sie haben vor kurzem öffentlich darüber nachgedacht, aus der Regierung auszutreten. Wie lange werden Sie also der Siedlungspolitik noch zusehen, bevor Sie das Kabinett verlassen?
Braverman: Nun, ich habe das namens meiner Arbeitspartei deutlich gesagt. Das Thema ist, wie können die Juden in ihrem Staat, inmitten von einer 1,4 Milliarden Moslems, inmitten von 350 Millionen Arabern in Sicherheit leben. Das ist das Thema, zu einer Zeit, wo die USA sehr stark in Indien, in China, in Russland beschäftigt sind. Und das habe ich auch in dieser Regierung, der ich angehöre, klar zu machen versucht.
Vor der Abreise Netanjahus haben wir eine ganz wesentliche Regierungsentscheidung getroffen in Bezug auf die israelischen Araber, zu Gunsten der Gleichheit und der Partnerschaft im Bereich Wirtschaft. Dort haben wir also Wesentliches beschlossen. Aber ich wiederhole noch einmal: Ein politischer Führer zu sein, bedeutet auch, die Kraft zur Einsamkeit zu haben.
Barenberg: Zu welchen Zugeständnissen ist Regierung Israels denn bereit, denn offensichtlich war Ministerpräsident Netanjahu bei seinem Besuch in Washington ja zu keinerlei Zugeständnissen bereit?
Braverman: Nein, nein. Ich habe immer gesagt, dass die israelische Regierung in echte Verhandlungen ohne Vorbedingungen einzutreten bereit ist. Ich habe auch gesagt, dass der größte Teil des Westjordanlands an Palästina gegeben wird, vorausgesetzt dass dieser bewaffnete Konflikt beendet wird. Wenn das nicht gelingt, dann wird der Staat Israel als solcher keinen Bestand haben.
Das alles ist durchaus möglich und bei all den Schwierigkeiten bete ich doch dafür, dass letztlich die Weisheit das Übergewicht behält. Natürlich: Man kann kurzfristig durch Leidenschaften das politische Geschäft in einer Art geschlossenen Kreislauf anstacheln, aber langfristig ist doch eine Lösung gefordert, und hier sollen eben die politischen Führer wie Obama, Merkel sich zusammenschließen, um eben eine Lösung im Geiste eines Ben Gurion, eines Churchill, eines Abraham Lincoln zu finden.
Barenberg: Ist Ihre Regierung also bereit, die Siedlungsprojekte einzufrieren, nicht nur im Westjordanland, sondern auch im Ostteil von Jerusalem?
Braverman: Nun ja, ich sage Ihnen, wie es ist. Jerusalem war immer und wird immer sein die Hauptstadt Israels. Für alle anderen Fragen wird man sich kreative Lösungen einfallen lassen. Und ich sage Ihnen auch noch etwas: Lasst uns endlich zum Kern der Sache gelangen. Versuchen wir doch, das Problem von Grund auf zu lösen. Und wir wissen es ja: Politische Führung bedeutet immer, dass man hier und da etwas aufgeben muss. Der Kompromiss gehört einfach dazu. Man darf nicht starrsinnig werden. Und ich meine, moralisch, ethisch und auch im Sinne der höheren Weisheit ist es geboten, dass wir schnell handeln.
Barenberg: Und das sagen Sie auch Benjamin Netanjahu, Ihrem Ministerpräsidenten, nicht starrsinnig zu sein?
Braverman: Ich bin ja ein sehr höflicher Mensch, aber die Position meiner Arbeitspartei ist doch eindeutig. Dieses Jahr 2010 verlangt unabdingbar, dass der Premierminister Entschlüsse fasst, dass er sich nach vorne bewegt. Er hat mir das bereits zugesagt, aber hier kommt es eben darauf an, dass den Worten auch Taten folgen, dass Entscheidungen getroffen werden. Es ist also jetzt höchste Zeit, dass nicht nur Netanjahu, sondern auch Abu Mazen sich bewegt. Netanjahu muss ja auch bestimmte Besitzstände seiner Partei infrage stellen. Er wird dadurch Mitglieder seiner Partei verlieren, um neue Unterstützer zu finden.
Barenberg: Avishay Braverman von der Arbeitspartei, Minister im Koalitionskabinett von Benjamin Netanjahu, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.