Unterwegs mit Boswachter Eric de Jonge und Jagdhund Jack im Geländewagen über den Brabantse Wall, ein Naturgebiet bei Bergen op Zoom an der Grenze zu Belgien. Ein Boswachter ist eine Art Ranger, und Eric de Jonge liebt sein Revier:
"Wir sind hier auf dem Brabantse Wall, das ist der Übergang vom hohen, trockenen Brabant in das tiefer liegende Zeeland. Wir haben hier eine wunderbare Natur mit Mooren, Schilf, wo sehr viele Vogelarten leben und wir haben Wälder und Landgüter mit wunderschönen Gärten. Also der Brabantse Wall ist sehr abwechslungsreich, ein wunderschönes Fleckchen Erde, vielleicht hört man es im Hintergrund, die Vögel singen, der Frühling ist da, alles grünt und wird bald blühen, es ist einfach ein wunderschönes Gebiet."
Doch statt sich hier um Flora und Fauna zu kümmern und Besuchern ökologische Zusammenhänge zu erklären, muss Eric de Jonge viel Zeit für ein ganz anderes Problem aufbringen: den Müll aus der überbordenden Drogenproduktion in der Region. Denn der landet häufig im Gebüsch oder auch am Wegrand, wie heute:
"Das ist hier heute Nacht abgeladen worden. Gestern Abend, da lag hier noch nichts."
Jede Woche exorbitante Entsorgungskosten
Am Rande einer kleinen Straße durch das Gebiet liegen etwa zehn Plastiksäcke, teils aufgerissen. Ein Ehrenamtlicher Mitarbeiter hat vor 20 Minuten angerufen und den Fund des Mülls gemeldet.
"Es ist vor allem Blumenerde und man sieht dazwischen auch Styroporkügelchen, da sind sicher auch Säcke mit Plastik darunter, das kommt von einer Hanfplantage. Das ist eigentlich der am wenigsten schlimme Abfall, davon haben wir sehr viel, und da sind auch Düngemittel und Unkrautvernichter drin, die größtenteils in den Niederlanden verboten sind. Das sollte also nicht in den Boden gelangen, was bedeutet, dass wir das alles hier wegschaffen müssen."
In den Niederlanden zahlt der Besitzer des Bodens, auf dem der Abfall liegt, für die Entsorgung. Egal woher der Müll kommt. Besitzer ist Eric de Jonges Arbeitgeber, die Naturschutzorganisation Brabants Landschap. Für den kleinen Haufen Abfall von einer Hanfplantage muss de Jonge ein paar hundert Euro aufwenden.
"Unser Geld ist für den Naturschutz, nicht für Drogenmüll"
Das ist noch eine recht kleine Summe, aber in manchen Wochen hat der Ranger mit zwanzig solcher Haufen zu tun. Noch viel höher sind die Kosten, wenn es um synthetischen Drogenabfall geht. Denn das sind häufig giftige Stoffe oder Säuren, wie zum Beispiel Salzsäure:
"Wenn es um synthetische Drogen geht, dann ist die Volksgesundheit bedroht, wenn zum Beispiel Fässer lecken, dann entstehen giftige Dämpfe, dann rufen wir sofort die 112 an und dann kommt die Polizei, die sperrt den Weg, die Feuerwehr, die macht eine Luftmessung und prüft ob es Fässer gibt, die leck sind und ich muss dann einen Betrieb beauftragen, der schnellstmöglich den Müll entsorgt. Wenn es leckende Fässer gab, dann muss auch noch der Boden abgegraben und entsorgt werden."
Das geht dann schnell in die zehntausende oder sogar hunderttausende Euros. Die fehlen für die eigentlichen Aufgaben:
"Wir sind eine Naturorganisation, unser Geld ist für den Naturschutz bestimmt und nicht dafür den Drogenmüll wegzuräumen. Das finden wir das Schlimmste, all die Zeit und das Geld, die wir dafür aufwenden müssen – es ist nicht unser Problem, es ist ein gesellschaftliches Problem, aber als Grundbesitzer müssen wir dafür geradestehen."
"Der Bach ist jetzt mausetot"
Aber es geht nicht nur um die Kosten, es geht auch um den Schaden an Natur und Menschen.
"Hier wurde zum Beispiel Abfall in einen Bach geworfen, das war ein ganz besonderer Bach mit seltenen Pflanzen und Tieren, das war so vor etwa sieben Jahren und der Bach ist jetzt mausetot. Die gesamte Flora in dem Bach, die Salamander, die es darin gab, alles tot. Es ist, als ob es eine Explosion gegeben hätte, alles ist weg."
"Hier wurde zum Beispiel Abfall in einen Bach geworfen, das war ein ganz besonderer Bach mit seltenen Pflanzen und Tieren, das war so vor etwa sieben Jahren und der Bach ist jetzt mausetot. Die gesamte Flora in dem Bach, die Salamander, die es darin gab, alles tot. Es ist, als ob es eine Explosion gegeben hätte, alles ist weg."
Das Gebiet dient auch zur Trinkwassergewinnung, auch das Trinkwasser ist also bedroht. Und auch die Menschen, die in die Naturgebiete kommen.
"In Ostbrabant hatten sie auch mal Flüssigkeiten einfach im Wald auslaufen lassen, und dann sind Kinder durch eine Pfütze geradelt: eine Stunde später hatten sie dann Brandwunden an den Beinen."
Die Entsorgung des Drogenmülls, erzählt der Ranger, ist genauso professionell organisiert, wie die Produktion. Meist kommt ein Auto als Vorposten und späht aus, ob die Luft rein ist. Ist alles ok, kommt ein Lieferwagen, der Müll wird blitzschnell abgeladen und schon sind alle Beteiligten wieder verschwunden.
"Die kommen natürlich nicht mit ihrem eigenen Auto, die haben einen Mietwagen, der wird auf den Namen von jemanden gemietet, den es gar nicht gibt, das wird alles ganz clever gemacht."
Eric de Jonges Wald hat Augen
Woher Eric de Jonge das alles weiß? Sein Wald hat Augen. Er hat an vielen Stellen Kameras aufgehängt.
"Sehen Sie da in dem linken Baum? Da hängt sie. Das darf man offiziell nicht. Aber ich sehe zumindest was passiert. Die Kamera macht Fotos wenn sich etwas bewegt. Dadurch seh ich zumindest was für Fahrzeuge das da abladen, zu welchen Uhrzeiten, was für Leute das sind, wie schnell geht es, man kann dadurch viel lernen."
De Jonge will wissen, was passiert, ist sauer über das Problem und die Tatsache, dass der Polizei die Kapazitäten fehlen, um dagegen effektiv vorzugehen. In letzter Zeit macht dem Ranger aber nicht mehr Müll Sorgen, sondern eher weniger Müll.
"Wir sehen keine Verminderung bei der Produktion von Drogen, aber weniger Drogenmüll. Und das bedeutet, dass der Müll irgendwo anders landet. Aber wo, ist die Frage. Offenbar hat man eine andere Methode gefunden, und wir haben natürlich auch Fälle gehabt, wo es einfach ins Abwasser geschüttet wurde, aber das wird in der Regel sehr schnell bemerkt, denn da gibt es Kontrollmechanismen, die dann eine erhöhte Konzentration von bestimmten Stoffen melden. Aber irgendwo muss der Müll hin und das ist natürlich eine sehr bedrohliche Sache."