Die zwei Wissenschaftler in einem Göttinger Institut „wollen nicht eine richtige, sondern eine arisch gesichtige genehmigte deutsche Physik.“ So beginnt die Szene „Physiker“ in Bertolt Brechts Sammlung „Furcht und Elend des Dritten Reiches“.
Der Dichter verfasste Mitte der 30er-Jahre in der Emigration zwei Dutzend Kurzgeschichten, die die Lage in Deutschland beschreiben. Dabei griff er die „deutsche Physik“ auf – eine wissenschaftliche Strömung, die die Relativitätstheorie ablehnt, weil sie auf Albert Einstein zurückgeht.
Bei Brecht diskutieren die beiden Physiker eifrig über Gravitationswellen – eine Vorhersage der Einsteinschen Theorie. Einerseits sind sie fasziniert von dem radikal neuen Ansatz, andererseits fürchten sie die Entdeckung.
Göttingen – einst Weltzentrum der Physik
Göttingen, wo die Szene spielt, war bis zur NS-Machtergreifung das Weltzentrum der Physik – damit war es nach der Vertreibung vieler Fachleute vorbei. Bei Brecht rufen die Wissenschaftler: „Eine echte jüdische Spitzfindigkeit! Was hat das mit Physik zu tun?“ Damit endet die Szene.
Mit Physik nichts zu tun hatte die „deutsche“ oder „arische Physik“. An ihrer Spitze standen zwei Nobelpreisträger, die die Hochzeit ihres Schaffens hinter sich hatten. Sie wollten viele Phänomene klassisch erklären – ohne relativistische Effekte. Natürlich scheiterten sie, denn Fakten lassen sich nicht ignorieren.
Die Gravitationswellen, um die es bei Brecht geht, werden inzwischen mit großen Detektoren beobachtet. Sie liefern einzigartige Informationen über kompakte Körper im Universum, etwa Schwarze Löcher.