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Breitbandausbau
Die Probleme der Telekom mit dem Breitband

Kein flächendeckendes öffentliches W-Lan und fehlende digitale Dienstleistungen: Bei der Digitalisierung haben viele Kommunen noch einen weiten Weg vor sich. Dabei will der Bund den Breitbandausbau vorantreiben. Doch ausgerechnet bei der Telekom tun sich dabei einige Probleme auf.

Peter Welchering im Kollegengespräch mit Manfred Kloiber |
    Symbolfoto Breitbandausbau, Internetkabel und Glasfaser.
    Der Städte- und Gemeindebund beklagt den schleppenden Breitbandausbau - woran liegt es? (picture alliance / Christian Ohde)
    "Na, ja, die technische Architektur beziehungsweise die Integration von Fremdnetzen ist keine triviale Task oder Tätigkeit, das heißt, es ist durchaus ein komplexes Unterfangen. Wir sind da mit unseren IT-Systemen am Arbeiten, dass wir das ehest-möglich hinbekommen werden."
    Manfred Kloiber: Verspricht Walter Goldenits, Technik-Chef der deutschen Telekom AG. Und er muss die Gemüter zur Zeit erheblich beruhigen. Denn der Groll von vielen Verantwortlichen in den Kommunen und Landkreisen auf die Telekommunikationsprovider und insbesondere auf den Platzhirschen Deutsche Telekom AG wächst. Behinderung beim Breitbandausbau, die Gefährdung von mittelständischen Unternehmen, Freiberuflern und Handwerksbetrieben - diese Themen treiben die Menschen in Verwaltung und Wirtschaft um. Und als jetzt auch noch die Bundesnetzagentur den Beschluss zur sogenannten letzten Meile veröffentlicht hat, gab es einen Sturm der Entrüstung. Der Bundesverband Breitbandkommunikation sprach sogar davon, dass jetzt wieder ein Quasi-Monopol von der Aufsichtsbehörde geschaffen worden sei. Was hat die Bundesnetzagentur denn da beschlossen, Peter Welchering?
    Peter Welchering: Es geht dabei um die sogenannte Teilnehmeranschlussleitung, also um die letzten Meter vom Verteilerkasten ins Haus. Da hat die Bundesnetzagentur stark vereinfacht gesagt entschieden, dass die Deutsche Telekom AG so eine Art Funktionsherrschaft über das Netz besitzt, ei sie ja aus alten Zeiten der Deutschen Bundespost, Abteilung Fernmeldedienst, über die meisten Teilnehmeranschlussleitungen verfügt. Das technische Problem liegt nun darin, dass sich VDSL-Anschlüsse und glasfaserbasierte Breitbandanschlüsse, die aber auf den letzten Metern auch auf den bereits verlegten Kupferdoppeladern geführt werden, gegenseitig stören. Um solche Störungen zu vermeiden, sieht die Bundesnetzagentur zwei Möglichkeiten vor: Entweder die Anbieter von glasfaserbasierten Breitbandanschlüssen blenden das Frequenzspektrum aus, das von VDSL genutzt wird, oder die Deutsche Telekom kann Mitbewerber von der Nutzung der Gebäudeverkabelung ausschließen. Und dieser Beschluss wird von vielen Anbietern und Telekommunikationsspezialisten als Quasi-Monopol über die gesamte Gebäudeverkabelung für die Deutsche Telekom verstanden und kritisiert. Und das hat damit zu tun, dass die Deutsche Telekom zu relativ robusten Methoden während der letzten Monate gegriffen hat, um genau einen solchen Beschluss durchzusetzen.
    Machtdemonstration der Telekom?
    Kloiber: Lassen wir also die Geschehnisse der vergangenen Monate kurz Revue passieren.
    Vor knapp einem Jahr platzte Matthias Groote, Landrat im ostfriesischen Leer, der Kragen. Die Deutsche Telekom AG hatte einigen tausend Kunden im Nordwesten Deutschlands den VDSL-Anschluss gekündigt, darunter auch etlichen Handwerkern und mittelständischen Betrieben im Landkreis von Matthias Groote. Tischler, Ingenieure, Steuerberater, Schiffsausrüster und Informatiker baten ihren Landrat um Hilfe. Denn sie sahen viele Arbeitsplätze in Gefahr. Matthias Groote:
    "Ob es eine Tischlerei ist, die jetzt vielleicht einen Vertrag bei der Telekom hatten, denen auf einmal gekündigt wird - und das ist alltägliche Praxis hier, dass die irgendwann durch die Röhre schauen und ihre Kunden nicht mehr bedienen, indem sie dann wirklich Zeichnungen hin und her schicken können, sondern dass die wirklich offline sind."
    Viele Telekommunikationsexperten hielten die Kündigungswelle im Nordwesten für eine Machtdemonstration der Deutschen Telekom AG. Erst zum Jahresende 2018, nach mehreren Anläufen und nachdem viele Monate verstrichen waren, erklärte sich die Deutsche Telekom AG gegenüber dem Deutschlandfunk bereit, zu diesem Problem Stellung zu nehmen. Walter Goldenits, Technik-Chef der Deutschen Telekom AG, begründet die Kündigungen so.
    "Wir können unsere eigenen Produkte anbieten, aber nicht auf der Technologie, die die EWE-Tel anbietet oder der Carrier, der in diesem Bereich oder in anderen Bereichen das in Deutschland ausbaut. Woran wir arbeiten, ist natürlich, unsere Kunden zumindest auf der Produktseite zu halten, wenn es uns nicht gelingt die physikalische Connectivity bereitzustellen beziehungsweise den Kunden da anzubinden."
    Telekom braucht noch Zeit
    Ein Jahr nach dieser Kündigungswelle haben nicht wenige Telekom-Kunden im Nordwesten Deutschlands ein Déjà-vu-Erlebnis. Mit beträchtlichen Steuermitteln wurden und werden Glasfaserkabel verlegt. Und zwar in jedes Haus, egal beim wem die Bewohner Kunde sind. So kommt es, dass Telekom-Kunden mit einem Glasfaseranschluss versorgt werden, den der Bonner Telekommunikationsriese gar nicht bespielt, sondern ein regionaler Konkurrent. Wollen diese Kunden die Glasfaser auch nutzen, bekommen sie von der Telekom mitunter einen Korb. Denn die Deutsche Telekom AG hat für diese Kunden noch nichts im Angebot. Sie müssten also entweder den Provider wechseln oder auf die Glasfaser verzichten. Ein Providerwechsel aber ist manchmal schwierig, vor allem dann, wenn sie spezielle Kommunikationsdienstleistungen wie das auslaufende ISDN benötigen. Die müssen dann Telekom-Kunden bleiben, wollen aber nicht noch einen zweiten Provider im Haus haben, weil dann bei technischen Schwierigkeiten ein Provider die Zuständigkeit auf den anderen schiebt. Eine Lösung aus einer Hand mit Glasfaser aber verweigert ihnen die Deutsche Telekom AG. Erboste Kunden sprechen von schikanösen Zuständen. Dagegen wehrt sich Walter Goldenits:
    "Der Punkt ist doch ganz einfach: Wer viel tut, dem passieren halt Fehler. Also, ob ich mich entschieden dagegen wehre ist, dass wir hier schikanöse Methoden anwenden, ja. Das machen wir nicht. Wir sind ein redliches Unternehmen. Wir stehen für unsere Kunden, und die wollen wir bestmöglich bedienen."
    Die Telekom brauche einfach noch ein wenig Zeit, zum Beispiel um ihre Informationstechnik für die neuen Breitband- und Glasfaserzeiten fit zu machen. Walter Goldenits:
    "Fakt ist, dass wir auf der IT-Seite unsere Systeme dementsprechend anpassen müssen. Und das tun wir gerade, um eben das zu lösen. Und das hat eine gewisse Vorlaufzeit. Da würden wir gern schneller sein, ja, aber wir arbeiten daran."
    Innovationsstau bei Breitband und Glasfaserausbau
    Kloiber: Hört sich nach einer Menge Arbeit an, die der Technik-Chef der Deutschen Telekom da erledigen muss. Dabei sind die Ausbaupläne der Bundesregierung in Sachen Breitband ja so neu nicht. Hat sich die Deutsche Telekom da zu spät darauf eingestellt?
    Welchering: Da kommen gleich mehrere Aspekte zusammen. Seit 2010 hat die Telekom noch mal einiges an Personal abgebaut. Das wirkt sich im technischen Bereich natürlich aus. Dann muss man sehen, dass er Glasfaserausbau in Deutschland immer gewichtige Gegner hatte. Die TV-Kabel-Gesellschaften haben da viel verhindert. Die Bundesregierung hat lange Jahre auf die TV-Kabelgesellschaften und die Kupferleitungen der Telekom gesetzt, die dem Bund ja immer noch zu einem guten Drittel gehört, also inklusive der Anteile, die im Besitz der staatlichen Förderbank KfW sind. Das hat zu einem Innovationsstau in Sachen Breitband und Glasfaserausbau in Deutschland geführt. Und zur Zeit kann man die Breitbandpolitik der Bundesregierung nur als konzeptlos bezeichnen. Da kann es der Technik-Chef der Telekom eigentlich niemandem so richtig Recht machen.
    Kloiber: Inzwischen haben doch aber sehr viele Landkreise und Kommunen mit erheblicher finanzieller Unterstützung ihrer Landesregierungen den Glasfaserausbau mächtig vorangetrieben. Davon müsste doch auch die Telekom profitieren?
    Welchering: Da habe ich manchmal den Eindruck, dass die Telekom da, wo sie beim steuerfinanzierten Ausbau nicht zum Zuge gekommen ist, massiv blockiert. Diesen Eindruck teilen übrigens viele kommunale Vertreter. Das fängt damit an, dass Pläne bisheriger Leitungsführung, die für den Ausbau aber benötigt werden, erst mit zeitlicher Verzögerung an andere Provider weitergegeben werden. Die Telekom-Hierarchen sprechen da übrigens immer noch von einer "Beauskunftung", das zeigt, dass das alte monopolistische Denken da durchaus noch Platz hat. Und natürlich versuchen dann auch die anderen Telekommunikationsprovider dann erst mal ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Da wird dann den Bewohnern eines Ausbaugebietes vom Provider, der mit öffentlichen Mitteln den Ausbau vornimmt, dass nur seine Kunden kostenlos den Glasfaser-Hausanschluss bekommen. Eine total falsche Auskunft, dahinter steckt Kundenakquise. Hier müsste der Regulierer sehr viel härter durchgreifen.
    Kloiber: Das hört sich danach an, als sei es um die Kooperationsbereitschaft der am Ausbau beteiligten Telekommunikationsprovider nicht gerade zum Besten bestellt.
    Welchering: Das ist so. Und darunter leiden dann vor allen Dingen Freiberufler, kleine Betriebe und Mittelständler. Die müssen tatsächlich im Jahr 2019 noch CDs oder Sticks verschicken, weil die Bandbreite nicht reicht. Die können in strukturschwachen Gebieten nicht ansiedeln, weil da eben auch die Telekommunikationsinfrastruktur fehlt. Und manchmal sind die Probleme ja wirklich banal. Eine Tischlerei beispielsweise wollte eigentlich nicht von der Telekom weg, ob schon die ihnen den VDSL-Anschluss gekündigt hatten und nur noch ADSL zur Verfügung stellen wollten. Diese Tischlerei hätte bei einem anderen Provider VDSL haben können. Problem gelöst, könnte man sagen. Providerwechsel halt. Dahinter steckte dann das Problem mit der Mail-Adresse. Seit 15 Jahren oder so hatte diese Tischlerei eine T-Online-Mailadresse. Und von solchen Geschichten habe ich mir während der Recherchen viele Dutzend anhören müssen.
    Kloiber: Die Telekom will den Breitbandausbau beschleunigen, Informationen von Peter Welchering waren das, danke.