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Bremen
Preisgekrönter Schule soll Konzept entzogen werden

Die Bremer Grundschule Borchshöhe wurde für ihren jahrgangsübergreifenden Unterricht mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet - jetzt soll ihr genau dieses Konzept entzogen werden. Denn laut Bremer "Schulkonsens" sind solche Schulmodelle bis 2028 ausgeschlossen. Eltern und Schüler wollen ihre Schule aber nicht aufgeben.

Von Felicitas Boeselager |
Die Grundschule Borchshöhe in Bremen, aufgenommen am 29.05.2017.
Grundschule Borchshöhe in Bremen-Nord (Carmen Jaspersen/dpa)
"Also ich hab mitgekriegt, dass die Politiker nicht mehr wollen, dass unsere Schule bis zur Sechsten geht", sagt die achtjährige Schülerin Helena. Aber ganz so einfach ist die Situation an der Grundschule Borchshöhe in Bremen Nord nicht. Im Gegenteil ist sie ziemlich vertrackt. Um sie zu verstehen, gilt es, sich den bremischen Schulkonsens vor Augen zu führen. Er gilt seit dem Jahr 2008 und bedeutet, dass an der Schulform nicht mehr gerüttelt werden darf. Die Grundschulen hatten fortan vier Jahrgangstufen und die Oberschulen weitere sechs, beziehungsweise die Gymnasien acht.
Die Grundschule an der Borchshöhe war eine Ausnahme: Sie behielt sechs Jahrgänge, erzählt Steffen Hauke, dessen Kinder hier zur Schule gehen.
"Das heißt, seit 2008 ist die Schule nicht Bildungskonsensfähig, kann man so sagen. Aber selbstverständlich von der Bildungsbehörde und meines Wissens nach auch von allen anderen Parteien geduldet."
Ein formaler Trick hatte der Schule geholfen, die sechs Jahre beizubehalten. Offiziell waren die Kinder der fünften und sechsten Klasse in einer benachbarten Schule angemeldet, gingen aber weiterhin zur Borchshöhe. Die Nachbarschule allerdings hat inzwischen so viele eigene Anmeldungen, dass diese Kooperation nicht mehr möglich ist. Also beantragte die Borchshöhe vergangenes Jahr, selbst zu einer Oberschule zu werden und damit insgesamt zehn Schuljahre anzubieten. Eine Idee, die die Bremer CDU nicht mittragen will, sagt Yvonne Averwerser, stellvertretende Landesvorsitzende der CDU in Bremen.
"Das ist ein neues Schulmodell, das wir in Bremen bis 2028 erstmal ausschließen. Das ist keine neue Erkenntnis, das ist seit 2008 Fakt. Von allen, die sich damals und heute hinter den Bildungskonsens gestellt haben."
Konzept für Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien hilfreich
Gegen diesen Standpunkt lässt sich rechtlich wenig einwenden, trotzdem wollen Eltern der Grundschule Borchshöhe das Besondere dieser Bildungseinrichtung erhalten. Ihre Kinder werden hier jahrgangsübergreifend unterrichtet, sie bleiben von der ersten bis zur sechsten Klasse in einem Lernhaus. Ein Konzept, dass die soziale Kompetenz der Kinder fördere, sagt Elternvertreterin Martina Wessling. Gerade weil die Schule in einem sozialen Brennpunkt liege sei dieses Konzept für Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien hilfreich:
"Dass sie eben eine Struktur haben und eben den Halt haben, den sie eben zu Hause nicht haben, nicht finden können. Auch für die Eltern bedeutet das übrigens, die gleichen Personen, die gleichen Strukturen, sie wissen, dass die Kinder gut betreut sind. Ich denke, grade wenn so ein schweres Alter anfängt, wo man sich selber finden muss, ist es wichtig, auch die gleichbleibenden Freunde da zu haben."
Lehrer und Schüler von der Grundschule Borchshöhe Bremen freuen sich am 29.05.2017 in Berlin nach der Verleihung des Deutschen Schulpreises über den zweiten Platz. 
Lehrer und Schüler der Grundschule Borchshöhe freuen sich im Mai 2017 in Berlin nach der Verleihung des Deutschen Schulpreises über den zweiten Platz. (Soeren Stache/dpa)
Für ihr jahrgangsübergreifendes Konzept ist die Schule 2017 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden. Das sei ein gutes Argument, sagt Steffen Hauke, diese Idee nun auf zehn Schuljahre auszuweiten:
"Dieses Konzept dann nicht weiterleben zu lassen, das finde ich unverantwortlich einfach und ich glaube, dass da bundesweit der Kopf geschüttelt wird von allen Menschen, die sich mit Bildungspolitik auskennen."
Eltern und Schüler wollen für ihre Schule kämpfen
Ähnlich sehen es auch die Grünen, die der Diskussion um die Schule mit einem offenen Brief an die CDU große Öffentlichkeit verschafft haben. Darin heißt es:
"Unser Eindruck ist, dass die CDU-Vertreter*innen in dieser Frage bisher Ideologie über die pädagogisch beste Lösung für die Kinder stellen. Dies ist umso unverständlicher, als die CDU das Vorzeige-Modell der Schule Borchshöhe bei der Vereinbarung der bisherigen Schulkonsense nicht in Frage gestellt hatte."
Mustafer Güngör, Fraktionsvorsitzender der bremischen SPD, hätte sich einen anderen Umgang mit dem Thema gewünscht:
"Ich finde, Schulwünsche, aber auch Probleme, sehr kleinräumig in kleinen Ortsteilen, an kleinen Grundschulen, die löst man nicht in öffentlichen Diskussionen."
Die SPD kann sich durchaus vorstellen eine gesonderte Lösung für die Borchshöhe zu finden, wie genau diese aussehen könnte, ist aber noch nicht klar. Eltern und Schüler jedenfalls haben fest vor, für ihre Schule zu kämpfen.