"Weine nicht, wenn der Regen fällt" - zu diesen Zeilen von Drafi Deutscher zieht SPD-Parteichefin Andrea Nahles Ende April in den Saal ein. Hier findet der Landesparteitag der Bremer SPD statt, es ist der Auftakt zur heißen Wahlkampfphase für die Wahl zur Bremer Bürgerschaft.
Eine bemerkenswerte Musikauswahl angesichts des herben Verlustes, der der Bremer SPD bei der Bürgerschaftswahl am 26.Mai droht. Verglichen mit den niedrigen Umfragewerten, die die Bundes-SPD gerade beschäftigen, wären die prognostizierten 23 bis 24 Prozent für die Bremer SPD zwar ein gutes Ergebnis - für hiesige Verhältnisse würden sie aber eine historische Schlappe bedeuten. Zumal die CDU die jüngsten Umfragen mit 26 bis sogar 28 Prozent anführt und das erste Mal eine reelle Chance hat, ins Bremer Rathaus einzuziehen.
Dieses ist seit 1946, also seit 73 Jahren, ununterbrochen in der Hand der Sozialdemokraten. Das ist einmalig in der Geschichte der deutschen Bundesländer, selbst in Bayern gab es eine Phase ohne CSU-Regierung.
Sozialdemokratische Tradition in Bremen
Obwohl die schlechten Werte der Sozialdemokraten zu großen Teilen auch auf das Konto der Bundes-SPD gehen, beteuert die Moderatorin beim Landesparteitag in Bremen: "Freuen wir uns, dass Andrea reden wird und hoffentlich ganz viel von ihrer Energie an uns abgeben wird, damit der Wahlkampf noch besser wird."
Tatsächlich vermag Andrea Nahles es, an diesem Abend mehr Stimmung zu machen als die Bremer SPD, deren Wahlkampfauftakt eher verschlafen daherkommt.
Nahles beschwört die großen Zeiten der Sozialdemokratie in Bremen herauf: "Als ich vor 30 Jahren in meinem Dorf in der Eifel in einem tief schwarzen Eck - könnt ihr Euch nicht vorstellen - einen SPD-Ortsverein gegründet habe, da habe ich oben in den Norden geguckt und da stehen diese beiden Worte ‚freie Hansestadt‘ - für mich immer damals schon auch und ich hab mich an Euch auch immer orientiert, für Weltoffenheit, für guten sozialen Zusammenhalt und dafür, dass es hier bei Euch in Bremen keine Rolle spielt - anders als das bei mir damals war - woher man kommt."
Am Ende ihres Auftritts stehen die Genossinnen und Genossen applaudierend im Saal. Auch Bremens Bürgermeister Carsten Sieling bekommt Standing Ovations, obwohl seine Rede nicht halb so viel Energie verströmt, wie die seiner Parteichefin.
Carsten Sieling ist der siebte Bürgermeister der Stadt. In einer Umfrage im vergangenen Sommer wurde er, wegen Bremens jahrzehntelang gewachsener Verschuldung, zum unbeliebtesten Bürgermeister Deutschlands gekürt.
Dabei sagte man den Bremern eine besonders innige Beziehung zu ihren Landeschefs nach. Die Stadt war eng verwoben mit der SPD, viele positive Eigenschaften der Bremer Stadtgesellschaft führt die Partei auf ihre lange Regierungszeit zurück, sagt nicht nur Carsten Sieling: "In Bremen hält man zusammen und setzt sich auch solidarisch für seinen Nachbarn ein, das sind alles Ergebnisse sozialdemokratischer Politik, weil wir das immer so angelegt haben."
Rote Hochburg an der Weser
Die Wurzeln der sozialdemokratischen Prägung Bremens gehen aber weit über die vergangenen 73 Jahre hinaus, meint Henning Scherf, der von 1995 bis 2005 Bürgermeister in Bremen war: "Ja, wir sind schon Mitte des 19. Jahrhunderts eine SPD-Stadt geworden, als Friedrich Ebert hier nach Bremen gekommen ist, da wusste er, dass es hier eine von Arbeitnehmern und Gewerkschaftlern, aber eben auch von der SPD sehr stark geprägte Stadt ist. Und dann ist er hier der erste hauptamtliche Arbeitersekretär gewesen."
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte entwickelte sich Bremen immer mehr zur "roten Hochburg". Politikwissenschaftler Andreas Klee von der Universität Bremen sagt, der Grund dafür sei vor allem "dass Bremen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung nach der Industrialisierung viele Arbeiterinnen und Arbeiter hier im Umland hatte, durch Werften, durch Wollindustrie, dann in späteren Jahren durch Stahlindustrie und Arbeiterinnen und Arbeiter ein klassisches Wählerklientel sind für die SPD, nicht nur in Bremen, sondern überall. Und deshalb hat sich so eine innige Beziehung entwickelt."
Diese enge Verbundenheit wurde verstärkt durch SPD-Bürgermeister, die bis heute im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Wilhelm Kaisen 1946 der erste Bürgermeister Bremens.
Der Sozialdemokrat hatte sich während der NS-Zeit auf einen Bauernhof außerhalb Bremens zurückgezogen. Kurz vor Kriegsende, als in Berlin noch gekämpft wird, erscheint ein amerikanischer Soldat auf seinem Hof. Kaisen war in der Weimarer-Republik Senator in Bremen und galt als unverdächtig, mit den Nationalsozialsten gemeinsame Sache gemacht zu haben.
Viele Jahre später erinnert er sich in einem Interview: "Plötzlich kam ein Colonel zu mir, stellte sich vor und ich sag: na und? ‚Ja, sie sind der lang Gesuchte, endlich habe ich Sie gefunden. Sie müssen mit mir zum Rathaus kommen, ja und dann?"
Als erster Bürgermeister Bremens nach dem Krieg schafft er es, die Hoffnung auf einen Neuanfang in die Stadt zu tragen. Henning Scherf erinnert sich an ein berühmtes Bild seines Vorgängers, "wo er mitten in den Trümmern sitzt mit den Trümmerfrauen als Bürgermeister und Steine klopft und Steine putzt, damit es wieder weiter geht. Solche Bilder, die sind ganz prägend. Für ihn und damit auch für die SPD gewesen und die halten bis heute."
"Oma-Knutscher"
Auf Kaisen folgte - nach einer kurzen Amtszeit von Willy Dehnkamp - mit Hans Koschnick ein nicht minder prägender Bürgermeister. Zu seinen größten Erfolgen gehörte die Gründung der Bremer Universität, außerdem brachte er das Mercedes-Werk in die Hansestadt, es ist bis heute einer der größten hiesigen Arbeitgeber.
In seine Zeit fällt aber auch eine große Krise: 1983 muss Koschnick tausenden Arbeitern das Aus der Werft "AGWeser" verkünden - das Unternehmen muss im Zuge der Werftenkrise schließen. Als er sich mit Megafon den Arbeitern vor dem Firmentor stellt, beschimpfen sie ihn als Verräter und machen ihn für die Schließung mitverantwortlich: "Ich bestreite nicht, dass diese Entscheidung für die AGWeser gründlich schrecklich ist." (Lärm) "Verzeihung, ich bin nicht der Eigentümer der AGWeser und ich bin nicht der Vorstand der AGWeser."
Trotzdem gewinnt Koschnick wenig später mit 51,3 Prozent deutlich die Bürgerschaftswahlen, wird zum vierten Mal wiedergewählt. Wie Kaisen war auch Koschnik eine wichtige Figur in Bremen, ein Landesvater.
Auf ihn folgte Klaus Wedemeier und 1995 Henning Scherf. Selbst im aktuellen Wahlkampf wirbt die SPD auf Großplakaten mit Bildern von Henning Scherf und seiner Frau Luise. Scherf wird in Bremen auch der "Oma-Knutscher" oder der "Umarmer" genannt, er ist berühmt für seine einnehmende Herzlichkeit und Volksnähe.
So fuhr Scherf dem Bundestrend zum Trotz große Wahlerfolge ein. "Ich weiß noch 2003, da war sechs Wochen vor uns Niedersachsenwahl und da hat Sigmar Gabriel als Ministerpräsident 15 Prozent verloren und war weg vom Fenster und Christian Wulff kam und ich dachte 'Mann! Wir liegen ja mitten in Niedersachsen, die werden doch nicht anders wählen als in Niedersachsen?'", erinnert sich Scherf. "Und dann hab ich gesagt: Wir machen hier keine Bundespolitik und habe Gerhard Schröder angerufen und gesagt: 'Gerhard, es wird Dich jetzt wundern, aber ich möchte nicht, dass Du hier auftrittst, wir wollen nicht, dass die über Dich abstimmen, wir wollen, dass die über uns abstimmen', das hat der verstanden."
Bremer Schuldenlast
2003 erreicht die SPD 42,3 Prozent, man führte diesen Erfolg vor allem auf den Spitzenkandidaten zurück, sprach von einem Scherf-Effekt. Auf Scherf folgte 2005 Jens Böhrnsen, der nach den vergangenen Wahlen im Jahr 2015 zurücktreten musste, weil er ein historisch schlechtes Ergebnis für die Bremer SPD eingefahren hatte: 32,8 Prozent.
So wird der bis heute regierende Carsten Sieling 2015 zum Bürgermeister, ohne dass er im Wahlkampf Spitzenkandidat war. Und das Erbe, das er antritt, ist bei weitem nicht nur die übermächtige Erinnerung an seine Vorgänger, sondern vor allem ein maroder Haushalt. Mit rund 32.200 Euro je Einwohner war Bremen im Jahr 2015 das Bundesland mit der größten Schuldenlast.
Ein Grund für Bremens hohe Verschuldung liegt in der Reform der Länderfinanzen 1969, durchgeführt mit Zustimmung von Hans Koschnick, die bis heute nachwirkt. In Bremen arbeiten rund 130.000 Pendler, sie nutzen die Bremer Infrastruktur, wohnen aber im Speckgürtel und zahlen ihre Steuern in Niedersachsen.
Hinzu kam der Strukturwandel: Zur Schiffsbaukrise kam der Rückgang der Fischerei sowie der Tabak-, Kaffee- und Wollverarbeitung. Um der wachsenden Arbeitslosigkeit etwas entgegen zu setzen, schaffte die Stadt unter Koschnick Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Die Pensionsansprüche der Beamten belasten den Haushalt bis heute. Gleichzeitig stiegen die Sozialausgaben.
Die CDU setzt auf einen Quereinsteiger
Später versuchte die rot-schwarze Regierung unter Henning Scherf durch Investitionen die Wirtschaft anzukurbeln, das Ergebnis war ein wachsender Schuldenberg.
Die Folgen des Strukturwandels sind vor allem in der Schwesterstadt Bremerhaven sichtbar: Die Stadt gehört zu den strukturschwächsten Gegenden Deutschlands. Die Arbeitslosenquote sinkt zwar kontinuierlich, liegt aber aktuell immer noch bei 12,8 Prozent. Im Bundesvergleich ist das Armutsrisiko in Bremerhaven am höchsten.
Die CDU will die Geschichte des Werftensterbens und des Strukturwandels nicht mehr gelten lassen und wirft der SPD im Wahlkampf Untätigkeit vor: "Wir stehen vor der Wand, wenn wir den Investitionsstau sehen, das kriegen wir auch eigener Kraft gar nicht gewuppt, da müssen wir uns irgendwie einen Plan B überlegen. Ich glaub einfach es geht besser", sagt Carsten Meyer-Heder, Spitzenkandidat der CDU. Meyer-Heder ist ein Quereinsteiger und erst seit einem Jahr CDU-Mitglied. Seine Partei erhofft sich, mit ihm die lange Regierungszeit der SPD zu beenden.
"Wir haben ja wirklich es mit alten verfestigten Strukturen zu tun, ich will jetzt nicht Filz sagen, aber es gibt auch Filz hier in der Stadt, das ist aber in jedem System so, was seit 73 Jahren in der Herrschaft ist", so Meyer-Heder. Bevor er in die Politik ging, hatte er erfolgreich ein IT-Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitern aufgebaut. Seine Firma gilt als Bremer Vorzeigeunternehmen.
Sein Kontrahent, Bürgermeister Carsten Sieling hingegen hat eine klassische Politiker-Karriere hinter sich und über 30 Jahre Erfahrung, er gilt als versierter Finanzpolitiker.
In den vergangenen vier Jahren rot-grüner Regierung unter seiner Führung ist die Arbeitslosenquote zwar von 10,9 auf 9,7 Prozent leicht gesunken, sie ist aber immer noch die höchste von allen Bundesländern. Auch die Pro-Kopf-Verschuldung ist um rund 400 Euro gesunken, trotzdem bleibt Bremen Schlusslicht.
Gleichzeitig gehört Bremen zu den wirtschaftsstärksten Bundesländern, nur Hessen und Berlin verzeichnen ein größeres Wachstum.
Zankapfel Bildungspolitik
In den vergangenen 73 Jahren war das Bildungsressort immer in der Hand der SPD, sie muss sich rechtfertigen dafür, dass Bremen bei fast allen Bildungsumfragen Schlusslicht ist. Die schlechten Ergebnisse der Bremer Schülerinnen und Schüler seien aber nicht das Hauptproblem der Schulen, sagt Ina von Boetticher - Lehrerin und Bremer Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: "Also ein großes Feld ist wirklich dieser Sanierungsstau, wir erleben da wirklich von Regen durchs Dach, bis Fenstern, die sich weder öffnen noch schließen lassen, Turnhallen, die marode sind, das betrifft auch Materialien, die einfach veraltet sind, das betrifft ganz oft auch das Thema Lärm, das eine Schule nicht ausgelegt ist auf viele Jahrgänge."
Zu Beginn des vergangenen Schuljahres fehlten 100 Lehrerinnen und Lehrer an Bremens Schulen. Die Folgen sind Unterrichtsausfälle, überlastetes Personal und ein hoher Krankenstand. Die Politik hätte diesen Lehrermangel kommen sehen können, sagt von Boetticher.
Im Wahlkampf verspricht Bürgermeister Carsten Sieling etwas dagegen zu tun: "Ausbilden, ausbilden, ausbilden - ist das erste. Wir erhöhen die Plätze, haben schon erhöht, an der Universität und dann die Referendariats-Plätze, das ist ja das allerwichtigste."
Insgesamt soll, wenn es nach der SPD geht, in Zukunft mehr für die Bildung ausgegeben werden. Das Bildungsministerium gibt an, den Etat in diesem Jahr um 104 Millionen Euro erhöht zu haben, kommendes Jahr will es rund 122 Millionen Euro mehr für Bildung ausgeben.
Auch die anderen Parteien versprechen im Wahlkampf mehr für die Bildung ausgeben zu wollen. Die CDU will dazu über ein Sondervermögen neue Kredite aufnehmen, ein Vorhaben, das das Bremer Finanzressort als verfassungswidrig bezeichnet, es verstoße gegen die Schuldenbremse, heißt es dort.
Verkehrsinfarkt und Wohnungsbau
Der Sanierungsstau an Bremer Schulen wird auf rund 670 Millionen Euro geschätzt und auch bis neue Lehrer ausgebildet sind, wird es dauern. Diese Situation ist die Folge einer strengen Sparpolitik.
Carsten Sieling verbucht es als Erfolg, dass er sich gemeinsam mit der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert rigoros an die in der Landes-Verfassung verankerte Schuldenbremse gehalten hat. Der Preis dafür sei aber hoch gewesen und die Folgen absehbar, wie Rudolf Hickel sagt, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Bremen: "Uns Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen war von Anfang an klar, die Schuldenbremse in Bremen wird dafür sorgen, egal ob sie notwendig ist oder nicht, aber in ihrer Wirkung wird die dafür sorgen, dass wir einen riesen Stau an Reparaturen in der Infrastruktur bekommen, das war alles absehbar."
Hickel spricht auch das zweite große Wahlkampfthema neben der Bildung an, den Verkehr. So wurden, sagt Hickel, nicht nur keine neuen Brücken gebaut, sondern die bestehenden nicht mal instand gehalten. Sowohl SPD als auch CDU versprechen im Wahlkampf, Brücken und Straßen zu sanieren.
Während die SPD außerdem kostenlose ÖPNV-Tickets für Kinder und Jugendliche plant, setzt die CDU auf eine Seilbahn über die Weser, um Stau zu vermeiden und will zum Beispiel ein digitales Parkleitsystem einführen.
Dennoch: Der Investitionsstau in der Bremer Infrastruktur beläuft sich auf Milliarden. Hickel nennt diese Entwicklungen eine Tragödie für die Bremer SPD: "Ernst genommen hat sie den Vorwurf, der immer wieder kommt: Die SPD kann nicht mit Geld umgehen. Und dann werden wir doch mal beweisen, gerade wir in Bremen, die immer so als das Defizit-Land in Bremen, die nicht mit Geld umgehen können, denen zeigen wir jetzt mal, wie man eine Schuldenbremse macht und das ist Politik ohne Sinn und Verstand."
Das dritte große Thema des Wahlkampfs ist bezahlbarer Wohnraum. Nachdem die Einwohnerzahl Bremens lange stagnierte, wächst sie seit 2011 kontinuierlich, der Wohnraum wird knapp. Zwar sind die Mietpreise im Vergleich zu anderen Großstädten noch moderat, Schätzungen zufolge sind sie aber in den vergangenen zehn Jahren um über 30 Prozent gestiegen.
Die SPD verspricht, 2.500 neue Wohnungen zu bauen und will die Quote für den sozialen Wohnungsbau von 25 auf 30 Prozent erhöhen - die CDU hingegen will diese Quote flexibilisieren und innovatives Bauen fördern.
Wegen der vielen Missstände in Bremen gelinge es Sieling nicht, seinen Wählern die Erfolge seiner Regierungszeit zu vermitteln, sagt Wirtschaftswissenschaftler Hickel. So war Bremen zum Beispiel das erste Bundesland, das den Mindestlohn eingeführt hat.
Wer könnte mit wem regieren?
Außerdem hat Carsten Sieling gemeinsam mit Finanzsenatorin Karoline Linnert beim Finanzausgleich rund 400 Millionen Euro jährlich zusätzlich ausgehandelt. So gibt es für die kommenden Jahre wieder größere finanzielle Spielräume.
Trotz der schlechten Umfragewerte ist die Stimmung bei den Wahl-Kämpfern der SPD gut; Sieling gibt sich alle Mühe zugewandt und volksnah zu sein, hört sich geduldig die Sorgen seiner Bürger an, klopft ihnen leicht auf die Schulter, will Zuversicht verbreiten. "Wollen wir mal sehen, was am Ende dabei raus kommt, wir sind grade auf ganz gutem Wege und schlechte Laune gewinnt keine Stimmen. Ist doch so."
Sieling hofft auf die rund 47 Prozent der Wähler, die bei den jüngsten Umfragen noch unentschlossen waren. Außerdem tritt er wenige Tage vor der Wahl die Flucht nach vorne an und schließt eine Koalition mit der CDU und auch mit der FDP aus.
Die SPD strebt ein Mitte-Links Bündnis an. Am liebsten wäre ihr Rot-Grün, aber weil es dazu wahrscheinlich nicht reichen wird, ist auch Rot-Rot-Grün eine Option. Damit versucht die SPD die Grünen dazu zu bringen Farbe zu bekennen und ihrerseits eine Koalition mit der CDU auszuschließen, denn es wird wahrscheinlich von den Grünen abhängen, ob das Rathaus rot oder schwarz wird.
Viele Stimmen in der Bremer Politik-Landschaft kritisieren diese Vorfestlegung, nennen sie undemokratisch. Vor allem aber verdeutlicht die Entscheidung, worum es für die SPD in Bremen bei diesen Wahlen geht: um alles oder nichts.