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Bremer Clan-Ermittlungen
Polizei interviewt sich selbst

Fußballvereine filmen sich selbst beim Training, Politiker nehmen mit ihrem Smartphone ein schnelles Statement auf und laden es bei Twitter, Facebook oder YouTube hoch. Und auch die Polizei nimmt ihre Statements manchmal lieber selbst auf, als sich kritischen Fragen der Presse zu stellen - wie ein Fall in Bremen zeigt.

Von Felicitas Boeselager |
Ein Mitarbeiter des Social Media Teams der Polizei sitzt in einem Raum im Polizeipräsidium vor seinen Computern.
Social Media-Team der Polizei (dpa / Paul Zinken)
In den frühen Morgenstunden geht bei Gerit Schröders Nachrichtenagentur "Non Stop News" ein Anruf ein. Ein Anwohner aus Delmenhorst beobachtet, dass vermummte Polizisten in seiner Straße ein Wohnhaus durchsuchen. Der Bereitschaftsreporter rückt aus und dreht mit seinem Kamerateam Bilder – soweit ein normaler Vorgang in seiner Agentur, sagt Schröder.
Polizei fertig selbst Bilder und Videos an
Um acht Uhr ruft Schröder dann bei der Pressestelle der Polizei an, um Hintergrundinformationen zu bekommen und zu fragen, wo sie weitere Einsätze filmen können.
"Aufgrund der Bildernachfrage könnte sie nur sagen, sie würden diesmal selber Bilder und auch Videos anfertigen und die später bereitstellen. Das wurde mir also auch um acht Uhr schon angekündigt."
Berichtet Schröder. Mehr Informationen, als dass es sich um eine größere Razzia handelt, erhält er nicht. Es ist aber bei einer Razzia nicht ungewöhnlich, dass die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen erstmal keine Auskunft gibt.
"Sie können ja mal bei Twitter reingucken"
"Gegen 9.30 Uhr dann auf Nachfrage bei der Pressestelle hieß es dann, ja, wir können ihnen immer noch nicht sagen, worum es geht, wir besprechen uns dazu noch. Aber sie können ja mal bei Twitter reingucken, wir haben schon was bei Twitter eingestellt. Das heißt, dem Journalisten wurde am Telefon keine Auskunft gegeben. Aber 20 Minuten vorher wurde bereits ein Tweet abgesetzt mit Informationen, die mir hätten gereicht."
Für weitere Informationen sollten die Journalisten auf eine Pressemitteilung warten, heißt es. Diese Pressemitteilung erscheint um Viertel nach eins.
Die Polizei – die ersten, die damit rauskommen
Wenige Minuten vorher veröffentlicht die Polizei auf ihrer Facebook-Seite ein Video mit Informationen und Bildern von der Razzia. Es mutet wie ein journalistisches Video an, der Bremer LKA-Chef berichtet vor der Kamera von den Maßnahmen.
"Der Polizei Bremen ist heute mit Unterstützung der Polizei Niedersachsen und des Zolls im einem - von der Staatsanwaltschaft Bremen geleiteten -Ermittlungsverfahren ein erfolgreicher Schlag in der Bekämpfung der Clankriminalität gelungen."
Schröder wundert sich angesichts dieses Videos, warum seine Agentur dann noch keine Möglichkeit zu einem Interview bekommen hatte.
"Das heißt also, die Polizei hat sich erstmal selber interviewt und die Daten gesammelt - und waren die ersten, die damit rauskonnten, bevor Journalisten die Möglichkeit hatten darüber im Grunde auch tiefgreifend zu berichten."
Außerdem konnten Fernsehsender die von der Polizei gedrehten Bilder für ihre Berichterstattung nutzen. Weil die Fernsehsender auf die Videos der Polizei zurückgreifen können, entgehen Schröders Agentur, so sagt er, an diesem Tag 500 Euro.
Der Vorwurf des DJV Bremen
Aber das sei nicht der ausschlaggebende Punkt für seine und die Empörung des Deutschen Journalisten Verbandes Bremen:
"Wir kritisieren als DJV Bremen vor allem die zeitliche Abfolge. Wenn es Anfragen gibt von Journalisten, dann müssen die zunächst beantwortet und bedient werden. Und erst danach kann ich als Pressestelle natürlich auch mein eigenes Material drehen, für die Verwendung auf Facebook. Oder ich kann eine Pressemitteilung schreiben, keine Frage. Aber zunächst muss ich die Journalisten bedienen und darf die nicht vertrösten und dann mit meinem eigenen Material auf den Markt kommen. Das sehen wir sehr, sehr kritisch."
Sagt Regine Suling vom DJV Bremen. In einer Stellungnahme gegenüber dem Deutschlandfunk schreibt die Polizei, sie nehme die geäußerte Kritik ernst. Den Vorwurf, dass Presseanfragen zunächst nicht bedient wurden, weist sie jedoch von sich. Allen Presse- und O-Tonanfragen sei, wie bei vergleichbaren Einsätzen, unabhängig von den eigenen Veröffentlichungen nachgekommen worden.
Schröder und Suling bestätigen, dass es nach der Veröffentlichung des Videos die Möglichkeit gab, O-Töne von der Polizei zu bekommen. Sie kritisieren vor allem den Wettbewerbsvorteil, den die Behörde hatte, weil sie als erstes mit dem Video auf dem Markt war. Außerdem sei es etwas anderes, wenn Journalisten selbst vor Ort beobachten und Fragen stellen können.