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Brennstoffzellen
Keine Tankstellen, keine Autos

Die Bundesregierung und die Industrie wollen alternative Autoantriebe mit Brennstoffzellen weiter voranbringen. Das Bundesverkehrsministerium stellt viel Geld für die Forschung bereit, damit die Benutzung von Autos mit Wasserstoffantrieb gefördert wird. Noch gibt es aber viel zu wenig Tankstellen - und die Autos sind teuer.

Von Philip Banse |
    Ein Mann hält am 18.04.2012 den Zapfhahn einer Wasserstoff-Tanksäule an ein Auto auf einer Tankstelle in Berlin.
    In Deutschland gibt es rund 20 Wasserstoff-Tankstellen. Bis 2023 sollen es 400 werden. (dpa / Hannibal Hanschke)
    Probefahrt mit einem Hyundai ix35, ein geräumiger Viertürer mit Brennzellen-Antrieb.
    "Ist das denn jetzt anders als andere Autos? Muss ich irgendwo Wasserstoff und Sauerstoff zusammengießen?"
    "Natürlich nicht."
    Wie bei Elektroautos üblich: enorme Beschleunigung und sehr leise. Und übrig bleibt nur Wasserdampf. Brennstoffzellen treiben dieses Auto an, indem sie Wasserstoff und Sauerstoff zusammenbringen und die frei werdende Energie in elektrische Energie umwandeln. Das wurde auch gestern auf dem Wasserstoff-Kongress des Bundesverkehrsministeriums wieder als der Heilige Gral verkauft. Denn im Vergleich zum Batterie-Auto habe die Brennstoffzelle zwei enorme Vorteile sagt Thomas Weber, Vorstandsmitglied beim Autobauer Daimler:
    "Große Reichweiten und eine maximale Betankungszeit von maximal drei Minuten, was ich als einen entscheidenden Vorteil sehe."
    Auf Europas Straßen fahren kaum Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb
    Autos mit Brennstoffzelle können mit einer Tankfüllung 500, 600, 700 Kilometer fahren.
    Dennoch fahren auf Europas Straßen so gut wie keine Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb, weiß auch der Daimler-Manager:
    "Die Marktreife des Brennstoffzellen-Antriebs steht außer Frage. Jetzt geht es um den Markterfolg und der wird von drei großen Themen abhängen: Akzeptanz der Kunden; ist die Technologie zukunftsfähig und wie sieht es mit der Infrastruktur aus."
    Schlecht. Das bestreitet niemand. In Deutschland gibt es rund 20 Wasserstoff-Tankstellen, von denen viele oft außer Betrieb sind, in Frankreich gibt es nur zwei Wasserstoff-Tankstellen. Keine Tankstellen, keine Autos. Keine Autos, keine Tankstellen. Dieses Henne-Ei-Problem will Verkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU, mit Steuergeld lösen:
    "Allein bis 2018 werden wir 160 Millionen Euro zusätzlich investieren, um die Wasserstofftechnologie weiter zu erforschen und zu fördern. Dazu gehört, dass wir 400 Wasserstofftankstellen in Deutschland aufbauen werden."
    400 Tankstellen. Von Tankstelle zu Tankstelle nicht mehr als 90 Kilometer - aber erst in sieben Jahren soll das Wirklichkeit sein, und selbst das sei utopisch, sagt Jürgen Resch vom autoindustrie-kritischen Verein "Deutsche Umwelthilfe":
    "Ich halte das für unrealistisch. Aber selbst, wenn die eingerichtet werden, haben sie nicht genug Infrastruktur, dass man sinnvoller mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen unterwegs sein können. 90 Kilometer Distanz zur nächsten Tankstelle wird nicht dazu führen, dass das jetzt eine Technologie wird, auf die die Menschen springen."
    Brennstoffzellen sind bis auf Weiteres nichts für Privatmenschen
    Denn die gesamte Wasserstoff-Technologie sei viel zu teuer: Vor allem die Autos.
    Der Hyundai ix35, ein kleiner SUV, kostete mit Verbrennungsmotor rund 30.000 Euro. Mit Brennstoff-Zelle?
    "65.000. Brutto."
    65.000 Euro. Hyundai will davon 1.000 Stück verkaufen. In Europa. Um Brennstoffzellen unters Volk zu bringen, will der Gas-Konzern Linde im Sommer in München B Zero starten, ein Carsharing-Projekt mit Wasserstoff-Autos. Doch Brennstoffzellen sind bis auf Weiteres nichts für Privatmenschen. Das ahnt auch Jorgo Chatzimarkakis, Lobbyist von Hydrogen Europe, einem Verein der Wasserstoffindustrie, der in Brüssel um Fördergelder und politische Unterstützung für Brennstoffzellen wirbt – und zwar jetzt erstmal in Bussen.
    "Weil der Bus natürlich den Wasserstoff und seine Technologien ins Bewusstsein rückt. Das ist ja unser großes Problem, dass man die Technologie zu wenig sieht. Aber der Bus rückt es ins Bewusstsein des Politikers, aber auch seines Wählers."
    Diesen Politikern empfiehlt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe jedoch: Förderung neuer Auto-Antriebe ja, aber bitte technologieneutral.
    "Was wir bei Elektrogroßgeräten mittlerweile eingeführt haben, nämlich Energieverbrauchsobergrenzen, muss dringend auch für Autos beschlossen werden, zum Beispiel, dass ein Auto, ein PKW nicht mehr als vier Liter Sprit verbrauchen darf, einfach als nicht zu überschreitende Obergrenze."
    Auf diese Weise würde dann der Markt entscheiden, mit welcher Technik diese Ziele am effektivsten zu erreichen sind: Hybrid-Antrieb, Batterie oder Brennstoffzelle.