Theo Geers: Am Wochenende zurückgekehrt aus der Region Fukushima ist Thomas Breuer, der Leiter des Klima- und Energiebereichs bei Greenpeace Deutschland. Er ist einer der wenigen, der sich bislang mit eigenen Augen und Ohren ein Bild von der Lage machen konnte. Ich fragte ihn kurz vor der Sendung, wo genau er gewesen ist und was er gesehen hat.
Thomas Breuer: Wir sind in der Provinz Fukushima gewesen. Das heißt, wir haben uns in etwa zwischen 20 und 70 Kilometern im Umkreis von den zerstörten Reaktoren bewegt. Das, was wir gesehen haben: wir haben verschiedene Bodenproben genommen, wir haben Lebensmittelproben genommen, haben aber auch Oberflächenkontaminationen in Dörfern und in Städten gemessen, um einfach ein vollständigeres Bild zu bekommen, wie ist eigentlich die Situation vor Ort.
Geers: Stichwort Radioaktivität, Herr Breuer. Welche Strahlenwerte haben Sie denn gemessen und wie sind diese einzuordnen?
Breuer: Wir haben sehr, sehr unterschiedliche Messergebnisse, und zwar, wenn ich jetzt mal von Fukushima City - das ist etwa 60 Kilometer entfernt - spreche, dort haben wir im Schnitt um die drei Mikrosievert pro Stunde gemessen, an verschiedenen Stellen mitten in der Stadt, und die Schwankungsbreite lag zwischen zwei und vier Mikrosievert. Um das einordnen zu können: Das heißt in etwa, jemand, der dort lebt, würde innerhalb von zehn bis 21 Tagen praktisch die gesamte erlaubte Jahresdosis für die Bevölkerung bekommen, also in einem relativ kurzen Zeitraum.
Dasselbe haben wir in einer weiteren Großstadt, in Koriyama City, eine Großstadt mit etwa 350.000 und im Umkreis mit bis zu einer halben Million Einwohnern. Auch dort haben wir im Schnitt um die zwei Mikrosievert pro Stunde in den Straßen gemessen. Das heißt, auch hier innerhalb von 21 Tagen bekommt die Bevölkerung, die dort lebt, eine Jahresdosis ab, die eigentlich nicht überschritten werden darf.
Geers: Unterscheiden sich diese Werte von denen, die zum Beispiel der Atomkraftwerksbetreiber Tepco und auch die Regierung in Tokio veröffentlichen?
Breuer: Die Werte, die wir gemessen haben, unterscheiden sich weitestgehend nicht von dem, was die Regierung vor allen Dingen in der Region gemessen hat. Wo wir uns aber sehr, sehr stark unterscheiden sind die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen. Wir beziehen uns da einfach auf die normalen Standards, die weltweit angewendet werden sollen, wann Notfallmaßnahmen, wann Evakuierungsmaßnahmen und auch wann Säuberungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, um die Bevölkerung zu schützen, und all das konnten wir bislang in der Region nicht erkennen.
Geers: Was fordern Sie denn konkret?
Breuer: Wir fordern von der Regierung, dass sie die gesamte Provinz Fukushima zum Notstandsgebiet ausruft. Sie soll eine flächendeckende Kontaminationsmessung vornehmen, um ganz punktgenau zu sagen, welche Dörfer müssen evakuiert werden, zuerst Kinder und schwangere Frauen, weil die am gefährdetsten sind, und dann muss die Regierung auch hingehen und die ganze Lebensmittelfrage klären, denn wir haben sehr, sehr viele kontaminierte Lebensmittel auf den Feldern, aber auch in Supermärkten in der Region gefunden. All das scheint bislang nicht richtig von der Regierung angegangen worden zu sein.
Geers: Damit sind wir bei der Informationspolitik in Japan, also der offiziellen Informationspolitik, Herr Breuer. Wird die Lage dort immer noch verharmlost?
Breuer: Unser Eindruck war, dass die Informationspolitik katastrophal ist, weil die Regierung eine sehr hohe Glaubwürdigkeit besitzt, und das Signal, dass nur 20 Kilometer um den Reaktor evakuiert wurden, heißt für viele Bürger, dass es außerhalb der 20-Kilometer-Zone dann schon in Ordnung ist, wenn die Regierung das sagt. Aber genau das ist nicht der Fall und wir haben die ganze Zeit den Eindruck gehabt, die Regierung versucht, diesen Unfall weiter runterzuspielen und zu verharmlosen, und setzt dadurch aber die gesamte Region, die gesamte Bevölkerung der Region Fukushima in ein ganz, ganz großes Risiko.
Geers: Thomas Breuer von Greenpeace Deutschland über die Lage in Fukushima. Das Interview haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
Thomas Breuer: Wir sind in der Provinz Fukushima gewesen. Das heißt, wir haben uns in etwa zwischen 20 und 70 Kilometern im Umkreis von den zerstörten Reaktoren bewegt. Das, was wir gesehen haben: wir haben verschiedene Bodenproben genommen, wir haben Lebensmittelproben genommen, haben aber auch Oberflächenkontaminationen in Dörfern und in Städten gemessen, um einfach ein vollständigeres Bild zu bekommen, wie ist eigentlich die Situation vor Ort.
Geers: Stichwort Radioaktivität, Herr Breuer. Welche Strahlenwerte haben Sie denn gemessen und wie sind diese einzuordnen?
Breuer: Wir haben sehr, sehr unterschiedliche Messergebnisse, und zwar, wenn ich jetzt mal von Fukushima City - das ist etwa 60 Kilometer entfernt - spreche, dort haben wir im Schnitt um die drei Mikrosievert pro Stunde gemessen, an verschiedenen Stellen mitten in der Stadt, und die Schwankungsbreite lag zwischen zwei und vier Mikrosievert. Um das einordnen zu können: Das heißt in etwa, jemand, der dort lebt, würde innerhalb von zehn bis 21 Tagen praktisch die gesamte erlaubte Jahresdosis für die Bevölkerung bekommen, also in einem relativ kurzen Zeitraum.
Dasselbe haben wir in einer weiteren Großstadt, in Koriyama City, eine Großstadt mit etwa 350.000 und im Umkreis mit bis zu einer halben Million Einwohnern. Auch dort haben wir im Schnitt um die zwei Mikrosievert pro Stunde in den Straßen gemessen. Das heißt, auch hier innerhalb von 21 Tagen bekommt die Bevölkerung, die dort lebt, eine Jahresdosis ab, die eigentlich nicht überschritten werden darf.
Geers: Unterscheiden sich diese Werte von denen, die zum Beispiel der Atomkraftwerksbetreiber Tepco und auch die Regierung in Tokio veröffentlichen?
Breuer: Die Werte, die wir gemessen haben, unterscheiden sich weitestgehend nicht von dem, was die Regierung vor allen Dingen in der Region gemessen hat. Wo wir uns aber sehr, sehr stark unterscheiden sind die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen. Wir beziehen uns da einfach auf die normalen Standards, die weltweit angewendet werden sollen, wann Notfallmaßnahmen, wann Evakuierungsmaßnahmen und auch wann Säuberungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, um die Bevölkerung zu schützen, und all das konnten wir bislang in der Region nicht erkennen.
Geers: Was fordern Sie denn konkret?
Breuer: Wir fordern von der Regierung, dass sie die gesamte Provinz Fukushima zum Notstandsgebiet ausruft. Sie soll eine flächendeckende Kontaminationsmessung vornehmen, um ganz punktgenau zu sagen, welche Dörfer müssen evakuiert werden, zuerst Kinder und schwangere Frauen, weil die am gefährdetsten sind, und dann muss die Regierung auch hingehen und die ganze Lebensmittelfrage klären, denn wir haben sehr, sehr viele kontaminierte Lebensmittel auf den Feldern, aber auch in Supermärkten in der Region gefunden. All das scheint bislang nicht richtig von der Regierung angegangen worden zu sein.
Geers: Damit sind wir bei der Informationspolitik in Japan, also der offiziellen Informationspolitik, Herr Breuer. Wird die Lage dort immer noch verharmlost?
Breuer: Unser Eindruck war, dass die Informationspolitik katastrophal ist, weil die Regierung eine sehr hohe Glaubwürdigkeit besitzt, und das Signal, dass nur 20 Kilometer um den Reaktor evakuiert wurden, heißt für viele Bürger, dass es außerhalb der 20-Kilometer-Zone dann schon in Ordnung ist, wenn die Regierung das sagt. Aber genau das ist nicht der Fall und wir haben die ganze Zeit den Eindruck gehabt, die Regierung versucht, diesen Unfall weiter runterzuspielen und zu verharmlosen, und setzt dadurch aber die gesamte Region, die gesamte Bevölkerung der Region Fukushima in ein ganz, ganz großes Risiko.
Geers: Thomas Breuer von Greenpeace Deutschland über die Lage in Fukushima. Das Interview haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.