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Brexit-Abstimmung im Unterhaus
Mays Rechnung geht wohl wieder nicht auf

Der britische Parlamentspräsident John Bercow hat zwar eine dritte Abstimmung über den von Theresa May ausgehandelten Brexit-Vertrag zugelassen, aber die Aussichten, dass er dieses Mal angenommen wird, sind gering. Auch auf die oppositionelle Labour-Partei kann May wohl nicht hoffen.

Von Christine Heuer |
Premierministerin Theresa May spricht im britischen Unterhaus
Premierministerin Theresa May spricht im britischen Unterhaus (picture alliance/ PA Wire/ House of Commons)
Zum dritten Mal stimmt das Unterhaus heute über Theresa Mays Austrittsvertrag mit der Europäischen Union ab. Zum dritten Mal wird sie, wenn kein Wunder geschieht, scheitern. Und doch ist heute etwas anders als bei den vorigen Malen: Die britische Premierministerin hat ihr Paket aufgeschnürt: Die Abgeordneten heben oder senken ihren Daumen diesmal nur über den Austrittsvertrag, nicht aber über die politische Absichtserklärung, in der es um die künftigen Beziehungen zur EU geht. Meaningful Vote zweieinhalb spotten die Berichterstatter in Westminster. Aber John Bercow, der Speaker des Parlaments, ist zufrieden.
"Ich bin erfreut, dem Haus mitteilen zu können, dass der Regierungsantrag die Anforderungen in der 24. Ausgabe von Erskine May, Seite 397, erfüllt: Der Antrag ist neu, substanziell anders, und er entspricht meiner Anordnung vom 18. März."
Weiter keine Mehrheit in Sicht
Schön für Bercow und für May. Aber die Abgeordneten interessieren sich gerade nicht besonders für Erskine Mays Handbuch des britischen Parlamentarismus von 1844. Sie ärgern sich über die Regierungschefin. Ihr Deal zweieinhalb? – Politische Trickserei. Der Labour-Abgeordnete Stephen Doughty:
"Ich werde diesem halben Deal nicht zustimmen. Damit versucht sie, das Parlament zu umgehen, sie versucht wieder mal, allen den Schädel einzuschlagen. Ich glaube nicht, dass das funktioniert."
Und Doughty ist nicht allein. Labour wird wohl geschlossen gegen Mays Antrag stimmen. Die DUP, Nordirlands Splitterpartei, die Mays Regierung stützt, stimmt ebenfalls mit Nein. Genauso wie die Brexit-Hardliner bei den Tories. Und die Brexiteers, die nach Mays Rücktrittsankündigung zum Einlenken bereit sind - Boris Johnson etwa oder Jacob Rees-Mogg - könnten es sich auch wieder anders überlegen. Warum versucht May es trotzdem? Die Regierung argumentiert mit Fristen: Spätestens Mitternacht müsse London Brüssel mitgeteilt haben, was es will. Sonst sei ein neuer Antrag auf Verlängerung fällig. Die Ministerin für Parlamentsangelegenheiten, Andrea Leadsom:
"Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir nicht um eine weitere Verschiebung bitten und dann vielleicht der Forderung begegnen wollen, an der Europa-Wahl teilzunehmen."
Die Rechnung geht wohl nicht auf
Allerdings hätte London selbst dann auch nächste Woche noch Zeit zu handeln. Wenn bis zum 12. April klar ist, wohin die Reise geht, kann Großbritannien am 22. Mai, also vor der Europa-Wahl, aus der EU austreten. Mays politisches Ziel: Labour-Abgeordnete locken. Mindestens 35 von ihnen braucht sie nach Lage der Dinge. Und die legen größten Wert auf den Teil des Vertrags, in dem es um die Zukunft geht, die Labour in einem weichen Brexit mit Zollunion und Anbindung an den Binnenmarkt sieht. Mays Kalkül: Wenn sie genau diesen Teil erst mal offen lässt, laufen einige von Labour vielleicht über. Doch diese Rechnung geht nicht auf. Nachdem die Premierministerin ihren Rücktritt angekündigt hat, ist so gut wie sicher, dass bald ein Hardliner in Downing Street einzieht. Und der soll jetzt einen Blanko-Scheck für möglichst brutale Verhandlungen mit Brüssel bekommen? Nicht mit Labour! Brexit-Schattenminister Keir Starmer:
"Johnson, Rees-Mogg, Gove: Alles rote Tücher für die englischen Sozialdemokraten. Das Einzige, was May heute gewinnen kann, ist ein Eindruck, wie gut oder schlecht es um ihren Vertrag wirklich steht. Schon am Montag könnte das Parlament einen Alternativvorschlag beschließen."