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Brexit-Entscheidung
"Die EU hat mehr Probleme gebracht als Lösungen"

Der britische Schriftsteller Frederick Forsyth begrüßt das Ergebnis des Referendums für einen EU-Austritt. Auch vor der Gründung der EU sei ein Zusammenleben in Europa gut möglich gewesen, sagte er im DLF. Die Briten hätten nichts gegen Europa - die Menschen lehnten jedoch die "arrogante und inkompetente Regierung in Brüssel unter Herrn Juncker" ab.

Frederick Forsyth im Gespräch mit Christiane Kaess |
    Der britische Thriller-Autor Frederick Forsyth
    Der britische Thriller-Autor Frederick Forsyth (picture alliance / dpa / efe / Juanjo Guillen |)
    Christiane Kaess: Nun ist am Telefon der britische Schriftsteller Frederick Forsyth. Guten Tag, Herr Forsyth.
    Frederick Forsyth: Guten Tag!
    Kaess: Herr Forsyth, wenn wir das richtig verstanden haben, waren Sie für einen Brexit. Freuen Sie sich jetzt?
    Forsyth: Ja, war ich. Schon seit zwei, vielleicht drei Jahren. Und ich freue mich, dass meine Landsleute gewählt haben, wie sie gewählt haben.
    "Die Eurozone ist in der Krise - nicht wir"
    Kaess: Machen Sie sich gar keine Sorgen um Großbritanniens Zukunft? Wir haben gerade den Wirtschaftsexperten gehört, der eigentlich wie alle Wirtschaftsexperten ein sehr düsteres Bild gezeichnet hat.
    Forsyth: Ja, die Experten sind aus einem außerordentlichen Stamm, den wir fürchten sollen. Ich erinnere mich, zum Beispiel vor 13 Jahren war es genauso - uns wurde gesagt: Wenn die Briten ihr Pfund Sterling nicht einstellen und in die Eurozone kommen und den Euro als nationale Währung adaptieren, dann wird die Zivilisation zum Ende kommen. Quatsch! Das war alles vollkommener Quatsch! Es ist jetzt die Eurozone, die in der Krise ist, nicht wir.
    Kaess: Sie glauben diesen Prognosen nicht. Herr Forsyth, dann schauen wir auf etwas anderes. Sie haben selbst einmal gesagt, dass Sie politische Extreme hassen. Der Brexit ist ja letztendlich auch ein Erfolg der Extreme, nämlich der Rechtspopulisten, der UKIP, wenn Sie so wollen in diesem Fall. Wie passt das zusammen?
    Forsyth: Das ist Ihre Version, aber es ist nicht so. Diese Leute sind nicht Extremisten. Nur ein ganz, ganz kleines Paar sind Extremisten. Und ja, ich hasse sie, aber beide, auch die Kommunisten. Die sind auch Extremisten. In meiner Lebenszeit zwischen 1938 und jetzt haben Extremisten von beiden Seiten unser Land fast zerstört und daran haben auch die Kommunisten teilgenommen. Aber in diesem Fall: Diese Leute, 13 Millionen Briten haben gesagt, nein, wir wollen unsere Souveränität zurück, danke. Die sind nicht Extremisten!
    "Es geht um schwerwiegende Fehler"
    Kaess: 17 Millionen waren es. Aber ich habe jetzt eigentlich von denen gesprochen, die das Ganze initiiert haben. Herr Forsyth, wenn Sie das Europa, wie es bisher war, ablehnen, was für ein Europa wünschen Sie sich denn?
    Forsyth: Nein, nein! Sie sagen immer Europa, Europa, Europa. Europa ist ein Festland. Okay? Wir sprechen hier von einer entfernten, arroganten, inkompetenten Regierung in Brüssel unter Herrn Juncker und seine Regierung über uns wollen wir ablehnen und das haben wir getan.
    Kaess: Dann formuliere ich es so: Welches Zusammenleben in Europa würden Sie sich vorstellen, ohne europäische Institutionen?
    Forsyth: Sie müssen das verstehen. Die Briten haben nichts gegen Europa, das Festland, nichts gegen die Leute, die da wohnen. Sie haben nichts gegen Austausch und Tourismus und alle Art Mitarbeit. Es geht um schwerwiegende Fehler.
    Kaess: Jede Art von Austausch, Herr Forsyth, oder einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zum Beispiel, muss man organisieren. Wie sollte das laufen?
    Forsyth: Langsam! Ich habe nicht verstanden.
    "David Cameron hat sein Heimatland gesplittet"
    Kaess: Meine Frage war: Jede Art von Austausch oder auch so etwas wie einen gemeinsamen Wirtschaftsraum muss man ja organisieren. Wer soll das in welcher Form dann tun?
    Forsyth: Bevor wir eine EWG gehabt haben, reiste ich über ganz Europa mit meinem Ausweis. Wie war das möglich? 1958 war mein erster Besuch in Frankreich und 1952 mein erster Besuch in Deutschland. Das war ganz reibungslos.
    Kaess: Sie würden gerne die Uhren zurückdrehen?
    Forsyth: Für uns in Großbritannien hat die EU mehr Probleme gebracht als Lösungen.
    Kaess: Herr Forsyth, dann schauen wir zum Schluss unseres Gespräches noch auf einen Punkt, der mir wichtig ist. Auch in Großbritannien sind ja die Wähler sehr gespalten. Wir haben diesen großen Pool von Gegnern auf der einen Seite, auf der anderen Seite den großen Pool von Befürwortern. Wie wird sich das auf die Zukunft auswirken?
    Forsyth: Bitte?
    Kaess: Wie wird sich das in Zukunft auswirken, dass das Land gespalten ist?
    Forsyth: Ganz ernsthaft? Das ist David Camerons Schuld. David Cameron hat sein Heimatland gesplittet und seine Partei gesplittet. Er brauchte das nicht tun. Das hat er gewählt, es zu tun, und er dachte, das würde so ein großer Sieg für ihn sein. Im Gegenteil: Es ist ein großer Fehler, eine Niederlage für ihn. Jetzt muss er gehen und er geht im Oktober, glaube ich, hat er schon gesagt nach einer Wahl für seinen Nachfolger. Aber er hat vor 13 Monaten nur eine Generalwahl gewonnen. Er hat Selbstmord begangen. Warum? Weil er zu arrogant war und er glaubte seinen Ratgebern. Die wussten nichts! Das waren Leute, die niemals aus ihrer kleinen Welt kommen und die Leute treffen.
    Kaess: Die Meinung von Frederick Forsyth. Danke schön, Herr Forsyth. Wir müssen einen Punkt setzen an dieser Stelle, denn wir laufen auf die Nachrichten zu.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.