Das Mittagessen zwischen Juncker und May – es könnte den langersehnten Durchbruch bringen. Der erste Gang wird wohl leicht verdaulich, denn das Geldproblem scheint gelöst zu sein. Die Briten werden wohl die gesamten 60 Milliarden Euro zahlen, die die EU von ihnen gefordert hat, ist von der irischen Regierung zu hören. Britische Medien hatten zuvor von 45 bis 55 Milliarden Euro berichtet. Bis heute ist aber noch nicht geklärt, wofür genau Großbritannien eigentlich Geld zurückzahlen muss, kritisiert der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary:
"Erst, wenn man sich über die Rechnungspositionen einig ist, kann man am Ende schauen, was bedeutet das aufaddiert. Und deshalb wünsche ich mir, dass wir weniger über die konkreten Summen sprechen, sondern es geht jetzt erst einmal um die Frage, sind die Briten bereit ihre Verpflichtungen vollumfänglich zu akzeptieren? Und dann kann man im zweiten Schritt über die Summe und auch ein mögliches Entgegenkommen sprechen."
Zoll- und EU-Außengrenze zu Nordirland
Beim gemeinsamen Mittagessen dürfte allen Beteiligten der zweite Gang wohl schwerer im Magen liegen: die Grenze auf der irischen Insel. May wird Juncker in der Grenzfrage nichts Neues auf den Tisch legen können, meint der FDP-Europaabgeordnete Wolf Klinz.
"Wenn wir sagen, Nordirland wird de facto wie die Republik Irland als Teil der EU behandelt und die Grenze wird quasi zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs gezogen, dann hätte das Vereinigte Königreich innerhalb seines Hoheitsgebiets eine Zollgrenze. Und das ist natürlich auch nicht ganz unproblematisch."
Doch es geht nicht nur um die Zollgrenze. Durch den Brexit würde eine neue Außengrenze der Europäischen Union entstehen - zwischen dem EU-Mitglied Irland und künftigen Nicht-EU-Staat Nordirland. Irgendwo muss dann kontrolliert werden, fordert Daniel Caspary von der CDU:
"Die Briten können sich nicht vorstellen, und ich mir ehrlich gesagt auch nicht, Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland. Das würde den Friedensprozess dort massiv gefährden. Wir können uns nicht vorstellen, dass Warenströme unkontrolliert in den europäischen Binnenmarkt reinkommen über dann die irische Insel."
Gerichtsbarkeit für auf der Insel lebende EU-Bürger
Magengrummeln dürfte es auch bei den Rechten der EU-Bürger geben, die in Großbritannien leben und das auch nach dem Brexit tun wollen, sowie der Briten, die weiterhin in der EU wohnen möchten. Großbritannien will verhindern, dass diese Menschen in Zukunft Zugang zum Europäischen Gerichtshof haben. Die Briten argumentieren, dass zum Beispiel Amerikaner, die in Großbritannien leben, auch nicht durch amerikanische Gerichte geschützt seien, sondern auf die britische Gerichtsbarkeit vertrauten. Das wird die EU nicht mit sich machen lassen, meint Caspary:
"Klar ist, wir brauchen ein unabhängiges Gericht, das im Zweifel über Streitfälle urteilt. Es kann nicht sein, dass die Rechte von EU-Bürgern nach einem möglichen Ausstritt Großbritanniens vor britischen Gerichten, nach britischen Recht, abgeurteilt werden. Das ist für uns nicht akzeptabel."
Ende nächster Woche tagen die Chefs der EU-Länder
Die drei G: Gericht, Grenze und Geld, sie müssen ausreichend geklärt sein, damit die Brexit-Verhandlungen in die nächste Phase starten können, in der es um Zukunftsprojekte gehen soll, wie zum Beispiel ein mögliches Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien.
Ob die Fortschritte dafür reichen, darüber sollen die Staats- und Regierungschefs Ende nächster Woche beim Weihnachtsgipfel in Brüssel entscheiden. Deshalb ist es so wichtig, dass Premierministerin May Kommissionspräsident Juncker heute beim Mittagsessen ein gutes Angebot auf den Tisch legt.