Elf Stunden saß das Kabinett zusammen, dann stieg weißer Rauch über dem idyllischen Landsitz Chequers auf. Premierministerin Theresa May war hörbar zufrieden.
"Unser Vorschlag läuft auf die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich hinaus. Wir werden ein gemeinsames Regelwerk zum Handel mit industriellen und landwirtschaftlichen Gütern schaffen. Es wird daran keine Änderungen geben, ohne dass unser Parlament dem zustimmt."
Allgemein wird die Idee mit der Freihandelszone so verstanden, dass Großbritannien beim Warenverkehr faktisch im Binnenmarkt bleiben will – bei den drei anderen Säulen nicht, also bei Kapital, Dienstleistungen und Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Ziel der Briten ist es, beim Warenverkehr und zum Beispiel bei Lebensmittelstandards nicht passiv Änderungen in der Zukunft akzeptieren zu müssen. Sie wollen hier weiter mitgestalten. Denn ohne dieses Mitgestaltungsrecht wären die Briten nach Lesart der Brexiteers nur "Vasallen" der EU.
Auch so geht ihnen insbesondere die enge Anbindung an den Binnenmarkt der EU zu weit. Der Brexit-Veteran und Tory-Abgeordnete Bill Cash am späten Abend:
"Wenn Sie über ein gemeinsames Regelwerk und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs reden, der für den Binnenmarkt zuständig ist, dann stellen sich sehr schiefrige Fragen. Wie passt das zu unserem EU-Austrittsgesetz, das wir gerade beschlossen haben? Das ist das Recht im Land. Das wirft alles viele Fragen auf."
Zähneknirschende Zustimmung
Die Brexit-Befürworter im Kabinett haben erst einmal zähneknirschend dem Weißpapier Mays zugestimmt. Vor der Klausur war es für möglich gehalten worden, dass einige von ihnen, zum Beispiel Außenminister Boris Johnson oder Brexit-Minister David Davis, zurücktreten könnten. Beobachter glauben, dass sie jetzt im Verlauf der Verhandlungen mit der EU auf einen eher harten Brexit hinwirken wollen.
Auf der anderen Seite sind die EU-Befürworter unter den Konservativen mit der Einigung zufrieden. Dominic Grieve, einer der Pro-EU-Rebellen, will jetzt vielleicht sogar darauf verzichten, in neun Tagen im Unterhaus für den Verbleib in der EU Zollunion zu stimmen.
"Wir haben immer gesagt, wenn die Regierung mit anderen Mitteln die gleichen Ergebnisse erzielt, wie wenn wir in der EU-Zollunion bleiben würden, dann wäre das durchaus eine Möglichkeit."
May wird zufrieden sein
Premierministerin May wird mit dem Ergebnis der Klausur zufrieden sein. Sie kann jetzt die Verhandlungen mit der EU vorantreiben, für die die Zeit knapp wird. Ihre Politik zielt erkennbar darauf ab, Großbritannien nahe an der EU zu halten. Und schließlich hat sie ihre Autorität gestärkt. Die Brexiteers haben sich erst einmal fügen müssen.