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Brexit ohne Abkommen
Großbritanniens Plan B

Die britische Regierung hat erste Pläne für den Fall vorgelegt, dass sie sich mit der EU auf kein Austrittsabkommen einigen kann. Damit sollen Unternehmen und Bürger beruhigt werden. Die Opposition hält die Vorstellung der Maßnahmen allerdings für beunruhigend.

Von Jens-Peter Marquardt |
    Dominic Raab vor Downing Street 10 in London
    Der "No Deal" sei zwar kein Ziel der Regierung, wäre aber auch keine Katastrophe, meint Brexit-Minister Dominic Raab. (AFP/Niklas Hallen)
    Noch reden sie miteinander. Noch verhandelt der britische Brexit-Minister Dominic Raab in Brüssel mit dem Vertreter der EU-Kommission, Michel Barnier. Und Raab gab sich auch heute optimistisch, dass diese Gespräche zu einem Abkommen führen:
    "Ich bin immer noch zuversichtlich, dass ein gutes Brexit-Abkommen das bei weitem wahrscheinlichste Ergebnis der Verhandlungen bleibt. Wenn die EU genauso ehrgeizig und pragmatisch wie wir an diese Gespräche heran geht, dann werden wir ein Abkommen erreichen, das beiden Seiten nützt. Aber wir müssen natürlich die Möglichkeit mit einkalkulieren, dass die EU sich nicht so verhält und wir keinen Deal bekommen. Wir haben die Pflicht, uns auf diesen Fall vorzubereiten."
    Das tut die Regierung jetzt. In insgesamt über 80 sogenannten "Technischen Hinweisen" für die diversen Branchen und Sektoren. 25 davon hat sie heute vorgelegt, die anderen sollen in den kommenden Wochen folgen. Heute zum Beispiel die Anweisungen für das Gesundheitssystem: Die britischen Krankenhäuser sollen einen Vorrat an Medikamenten für mindestens sechs Wochen anlegen, für den Fall, dass nach dem Austritt Ende März kommenden Jahres die Arzneimittelversorgung vom Kontinent ins Stocken gerät.
    Dominic Raab versucht, die Briten zu beruhigen
    Die britischen Rentner, die ihren Lebensabend zum Beispiel in Spanien verbringen, werden gewarnt: Der Zugang zu ihren britischen Konten und damit zu den Rentenzahlungen könnte teurer und schwieriger werden. Entwarnung dagegen für die britischen Landwirte: Die Regierung in London sichert ihnen zu, all die Gelder, die sie jetzt aus Brüssel bekommen, nach dem Austritt erst einmal aus der Staatskasse in London zu zahlen. Entwarnung auch für die EU-Bürger, die jetzt in Großbritannien leben: Sie sollen bleiben dürfen, auch ohne Brexit-Abkommen.
    Dominic Raab versuchte heute den Eindruck zu vermitteln: No Deal, kein Abkommen, sei zwar nicht sein Ziel, aber auch keine Katastrophe für das Land. Entgegen anderslautenden Behauptungen würden die Briten nach dem Brexit weiter ihr beliebtes Sandwich mit Speck, Salatblättern und Tomaten bekommen, und die Armee müsse auch nicht ausrücken, um die Lebensmittelversorgung zu sichern.
    Sandwich mit Speck, Salatblättern und Tomaten
    Raab versucht zu beruhigen: Die Briten müssten in Zukunft nicht auf ihr Sandwich mit Speck, Salatblättern und Tomaten verzichten (picture alliance / imageBROKER)
    Die Opposition sieht das anders. Sie fürchtet, dass die Regierung die Verhandlungen in Brüssel an die Wand fährt – No Deal wird nach Ansicht der Labour Party immer wahrscheinlicher und ein Desaster für das Land. Der Brexit-Sprecher der Labour Party, Keir Starmer:
    "Kein Abkommen heißt, dass wir uns auf gar nichts einigen konnten: keine Vereinbarung über das Bleiberecht für EU-Bürger, keine über den Handel, keine über Sicherheitsfragen und so weiter. Dass die Regierung jetzt, acht Wochen vor dem EU-Gipfel im Oktober, Maßnahmen für den No Deal ankündigt, kann niemanden beruhigen. Es zeigt nur, dass die Verhandlungen mit Brüssel schlecht laufen, und die Regierung jetzt in den Panik-Modus schaltet."
    Steigen die Chancen für ein zweites Brexit-Referendum?
    Die traditionell europa-freundlichen Liberaldemokraten sehen angesichts der Blockade in Brüssel die Chancen für ein zweites Brexit-Referendum steigen. Der LibDem-Vorsitzende Vince Cable:
    "Wir kommen langsam an den Punkt, wo es im Parlament für keine Alternative eine Mehrheit gibt, weder für den No Deal noch für einen absehbar schlechten Deal. In dieser Situation sind alle Wetten offen, und wahrscheinlich ist es dann am besten, die Bürger noch einmal über den Brexit abstimmen zu lassen."
    Noch aber ist es nicht so weit, noch zeichnet sich im britischen Parlament keine Mehrheit für ein neues Brexit-Referendum ab.