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Brexit
Schottische Unis befürchten Nachteile

Die schottischen Hochschulen sind – wie auch die meisten Schotten – nicht sonderlich glücklich mit dem Ausgang des Brexit-Referendums. Studenten und Wissenschaftler befürchten Nachteile für die Forschung, für das Studium - und auch für die späteren Jobaussichten.

Von Friedbert Meurer |
    Die Fahnen Schottlands, Englands, des Vereinigten Königreichs und der EU an einem Gebäude in Edinburg.
    Edingburgh / Flaggen von Schottland, England, dem Vereinigten Königreich und EU: Die schottischen Unis befürchten Nachteile durch den Brexit. (afp / Lesley Martin)
    Es ist Mittagszeit an der Universität Glasgow, ein gutes Dutzend Studierende der Jura-Fakultät sitzen in ihrer Pause auf der Wiese oder auf Bänken. Auf der anderen Straßenseite steht das prächtige, neogotische Hauptgebäude aus dem 19. Jahrhundert. Sandy Colohey stammt aus Glasgow und ist immer noch enttäuscht, dass es zum Brexit kommt.
    "Unsere Universität verliert 30 Prozent ihrer Finanzzuschüsse. Außerdem habe ich von meinem Studienjahr in Jura an einer Uni in Europa demnächst weniger. Aber man kann halt nicht alles im Leben haben."
    Wie er denken aber auch andere: So ist nun einmal Demokratie. Leo Seifert kommt aus Deutschland und meint, die Schotten hätten nun einmal vor eineinhalb Jahren dafür gestimmt, weiter zu Großbritannien zu gehören. Sie könnten jetzt ein neues Referendum anstreben, aber er persönlich glaube nicht, dass Schottland wirklich unabhängig wird.
    Stattdessen sieht Seifert erhebliche Folgen für Studierende aus der EU, die künftig an eine schottische Uni wollen. Stichwort: Studiengebühren.
    "Der Bachelor hier ist kostenlos sozusagen. Da wir einen Master hier studieren, sind es 6.800 Pfund im Jahr. Für Nicht-EU-Mitglieder sind es 16.000 Pfund. Also, das ist schon ein großer Unterschied. Ich meine, es ist immer noch sehr viel Geld gewesen. Aber wenn sich das jetzt eben ändern wird mit den Studiengebühren, ist es auf jeden Fall ein Anreiz, dass hier weniger EU-Studenten hinkommen."
    Studium wird für EU-Mitglieder teurer
    Schottische oder EU-Studierende zahlen also bisher keine oder deutlich weniger Studiengebühren. Engländer dagegen zahlen in Schottland. Ist das nicht unfair? Der Vize-Kanzler der Universität Glasgow, Professor Murray Pittock, sagt nein.
    "Das liegt daran, dass EU-Bürger nicht schlechter behandelt werden dürfen als Einheimische. Aber Studierenden aus einem anderen Landesteil desselben Staates muss diese Vergünstigung nicht angeboten werden."
    Gerecht oder ungerecht: Wenn Großbritannien die EU verlässt, werden auch Europäer künftig wohl Studiengebühren in Schottland zahlen müssen.
    "Ich glaube nicht, dass dann weniger Studierende nach Schottland kommen. Die Einführung und mögliche Höhe von Studiengebühren, das ist sowieso noch sehr hypothetisch. Aber man bekäme hier immer noch viel geboten für sein Geld. Es würde allerdings den Mix der EU-Länder hier verändern, aber es kämen nicht weniger."
    Unis befürchten Nachteile in der Forschung
    Mit anderen Worten: Studierende aus wohlhabenden EU-Ländern könnten sich dann eine schottische Hochschule immer noch leisten, aber nicht die aus ärmeren Staaten. Professor Murray Pittock hatte 2014 für die Schottische Nationalpartei und die Unabhängigkeit Schottlands geworben. Der Brexit jetzt, ärgert er sich, soll doch vor allem dafür sorgen, dass nicht so viele Einwanderer mehr nach England kommen.
    "Der Anstieg an fremdenfeindlichen Übergriffen ist doch kein Zufall. Wenn die Brexiteer sagen, wir wollen unser Land zurückhaben, dann heißt das doch: Wir wollen, dass England den Engländern gehört."
    Britische Universitäten sind in der Forschung führend, ein Viertel aller EU-Fördermittel für die Wissenschaften geht alleine nach Großbritannien. Diese Mittel fallen nach einem Brexit weg. Außerdem bedauert Pittock, dass es schwieriger werden dürfte, wissenschaftliches Personal aus dem Ausland zu gewinnen.
    Das wissen auch alles die Studierenden. Alasdair Anderson ist Schotte und studiert ebenfalls Jura. Vom Brexit erwartet er für seine Zukunft nichts Gutes.
    "Das macht alles etwas unsicher. Wie sehr werden wir noch in Europa arbeiten können? Es wird sich einiges verändern. Und es dürfte unsere Berufsaussichten wohl leider verschlechtern."