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Brexit
Theresa May auf Kompromiss-Kurs

Es sind Schicksalstage für die britische Premierministerin Theresa May: London und Brüssel warten auf ihre Vorschläge für die künftigen Beziehungen zur EU. Angeblich will sie einige Kompromiss-Vorschläge aus dem Hut zaubern. Den Brexit-Hardlinern gefällt das gar nicht.

Von Friedbert Meurer |
    Großbritanniens Premierministerin Theresa May auf dem EU-Gipfel in Brüssel
    Großbritanniens Premierministerin Theresa May steht unter Druck (picture alliance/ dpa/ Sputnik)
    Andrew Neil ist ein Urgestein im britischen Journalismus. Er war über zehn Jahre lang Chefredakteur der Sonntagsausgabe der "Times" und moderiert seit Jahren die erfolgreiche BBC-Talksendung "Daily Politics". So etwas wie jetzt mit der Brexit-Politik Theresa Mays, sagt der 69-jährige, das habe er noch nicht erlebt.
    "Wir haben jetzt Juli. In einigen Wochen beginnt die Sommerpause. Und wir haben immer noch keinen blassen Schimmer, wie einer der wichtigsten Fragen beim Brexit überhaupt geklärt werden soll."
    Das soll sich heute also ändern. Angeblich will Premierministerin May einen Kompromiss-Vorschlag aus dem Hut zaubern, wie Großbritannien zwar die Zollunion der EU verlässt, aber sich doch in Teilen an die Zölle der EU anpassen will. Dem Vernehmen nach will May außerdem vorschlagen, dass Großbritannien beim Warenverkehr im EU-Binnenmarkt bleiben will, bei Dienstleistungen, also vor allem im Bankensektor, aber nicht. EU-Bürger dürfen weiter zuwandern, so angeblich Mays Angebot, wenn sie einen Job nachweisen können.
    "Das ist kein Brexit", empört sich schon vorab der Wortführer der Brexit-Befürworter Jacob Rees-Mogg. "Wir dürfen nicht im Regelwerk der EU bleiben, sonst können wir keine eigenen Handelsverträge mit anderen Ländern abschließen. Das wäre ein schlimmer Fehler."
    May will es beiden Seiten recht machen
    Rees-Mogg droht seiner Parteifreundin May sogar unverhohlen mit einem Aufstand in der Fraktion im Unterhaus. Listen machen wieder die Runde, wer sich alles für die Nachfolge Mays warmläuft. Es wird gebrieft und durchgestochen. Theresa May versicherte am Mittwoch im Unterhaus, die Regierung werde heute gemeinsam an einem Strang ziehen. Sie erntete höhnisches Gelächter.
    Redet die Premierministerin heute wie angekündigt Klartext - oder bleiben die britischen Vorschläge zum Brexit weiter vom Nebel verhüllt? Britische Comedians, wie Tracy Ullman, machen sich darüber lustig, wie May es beiden Seiten recht machen will, den Brexiteers und den Remainern, also den EU-Befürwortern.
    "Theresa`s Brexit Fudge" sind süße Karamellbonbons in einer schmucken Geschenkedose, die man den lieben Kleinen zur Belohnung geben kann. "Fudge" bedeutet im Englischen aber auch "Mogelpackung" oder "Schummelei".
    "Wir sollten diese Farce beenden"
    Dass ihnen genau das heute präsentiert wird, befürchten die Brexiteers am meisten. Peter Bone ist einer der Hardliner und fordert Theresa May auf, endlich der EU den Fehdehandschuh hinzuwerfen. "Wir sollten diese verlogenen Verhandlungen abbrechen. Wir sollten diese Farce beenden, diese Pseudo-Verhandlungen mit EU-Bürokraten, die kein Interesse daran haben, einen Kompromiss zu finden."
    Doch die Brexit-Hardliner befinden sich in der Defensive. Ein großes Wirtschaftsunternehmen nach dem anderen feuert Warnungen an die Regierung ab. Airbus, BMW, jetzt auch JaguarLandrover drohen mit Werksschließungen und dem Verlust von Arbeitsplätzen.
    Ihre neuen Vorschläge hat Theresa May bisher geheim gehalten, sogar vor ihrem eigenen Kabinett. Selbst Brexit-Minister David Davis wurde angeblich erst in den letzten Tagen eingeweiht. Theresa May alias Tracy Ullman, die Komikerin, schlägt folgendes vor. "Großbritannien wird als Mitglied die EU- Zollunion verlassen, aber von außen dann doch entschieden dazugehören." "Theresa‘s Fudge ist gut genug, um ihr das Amt zu retten. Wollen Sie es kaufen?"