Als am vergangenen Freitagmorgen die letzten Stimmen ausgezählt waren und Gewissheit herrschte, konnte man folgende Emotionen beobachten: Schockstarre und Jubel. Eine Woche ist seitdem vergangen und die war vor allem von einem Gefühl geprägt: Ratlosigkeit. Wie würde eine Scheidung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union vonstattengehen? Und: Will man die Geister, die man rief, tatsächlich?
Klaus Regling, Chef des europäischen Rettungsschirms ESM glaubt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" sagte er, man stehe erst am Anfang eines sehr langen Prozesses und es könne noch viel passieren. Regling verwies darauf, dass bei dem Referendum nicht die wirtschaftlichen Konsequenzen, sondern vor allem Emotionen im Mittelpunkt gestanden hätten. Deswegen müsse man abwarten, ob der Brexit überhaupt komme. Sollte Großbritannien in der Europäischen Union bleiben, erwartet Regling die Verfestigung eines Europas der zwei Geschwindigkeiten, auch bei den Währungen. "Großbritannien würde dann mit Dänemark, Schweden und anderen Ländern einen äußeren Ring bilden, der Euroraum würde aus stark integrierten Staaten bestehen", so der ESM-Chef.
Brexit-Kosten nicht auf Deutschland übertragen
Klar ist: Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat finanzielle Konsequenzen, und zwar nicht nur für die Briten: Bayerns Finanzminister Söder warnte die EU-Kommission davor, Deutschland einen Teil der durch den Brexit entstehenden Kosten aufzubürden. Die bisherigen britischen Beiträge dürften nicht einfach auf die Nettozahler übertragen werden, sagte der CSU-Politiker der Zeitung "Die Welt". Söder sprach sich dafür aus, das fehlende Geld einzusparen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ indes keinen Zweifel daran, wie sie über den Brexit denkt. Beim Treffen der verbliebenen 27 EU-Staats-und Regierungschefs in Brüssel am Mittwoch, sagte Merkel, dass es "so schnell wie möglich" gehen müsse. Einen Weg zurück für die Briten hält sie nicht für möglich.
Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten den EU-Austritt noch zu verhindern. Beispielsweise durch einen Parlamentsentscheid. Rechtlich wäre das möglich, da das Ergebnis des Referendums kein Gesetz, sonder mehr eine "Empfehlung" ist. So könnte das britische Unterhaus abstimmen und beschließen, den Austrittsartikel 50 nicht zu aktivieren. Doch die Folgen für das Land, allen voran die Glaubwürdigkeit der britischen Politik würden mehr als überstrapaziert.