Kurz nach den Rücktritten Anfang der Woche ist Labourchef Jeremy Corbyn noch in Angriffslaune gewesen. "Wie kann irgendjemand glauben, dass die Premierministerin ein gutes Abkommen mit 27 EU-Regierungen erreicht, wenn sie nicht einmal einen Vertrag mit ihrem eigenen Kabinett aushandeln kann?", hat er gespottet.
Partei und Wähler sind in der Brexit-Frage gespalten
Auf die Rücktritte selbst aber sei Jeremy Corbyn aus gutem Grund nicht explizit eingegangen, erklärte London-Korrespondent Friedbert Meurer im Gespräch mit dem DLF. Schließlich habe es bei Labour in den vergangenen drei Jahren über 100 Rücktritte vom Schattenkabinett gegeben.
Außerdem sei die Partei in der Brexit-Frage selbst gespalten. Mitverantwortlich dafür sei der Parteichef selbst. Von Jeremy Corbyn, so Friedbert Meurer, seien viele "Remainer" enttäuscht. Er habe von Beginn an wenig Einsatz gezeigt, sich für einen Verbleib seines Landes in der EU auszusprechen. Jeremy Corbyn sei ein überzeugter linker EU-Skeptiker, für den die Europäische Union ein "kapitalistisches Projekt" ist.
Immerhin vertrete er jetzt die offizielle Parteilinie, dass Großbritannien Teil der Zollunion bleiben soll - der wichtigste Unterschied zu den Tories. Doch nicht nur die Partei, auch die Wählerschaft sei gespalten, erläutert Friedbert Meurer, auch das lasse Corbyn so herumlavieren.
Neuwahlen oder Einlenken?
Als nächsten wichtigen Schritt macht der London-Korrespondent die Abstimmung über den Vertrag mit der EU im Herbst aus. Der konservative Kabinettschef habe schon bei der Labour-Fraktion vorgesprochen - "absolut außergewöhnlich" - so dass Friedbert Meurer davon ausgeht, dass Theresa May einige Labour-Abgeordnete für ihren Kurs gewinnen will. "Jeremy Corbyn wird da nicht mitspielen", ist er sich jedoch sicher. Der Parteichef setze auf Neuwahlen. Meurers Fazit: "Es ist eine ganz komplizierte Situation."