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Brexit
Yvette Cooper will Theresa May stoppen

Yvette Cooper ist nicht nur Labour-Abgeordnete, sondern auch diejenige, die einen Austritt Großbritanniens ohne Abkommen um jeden Preis verhindern will. Damit hat sie nicht nur Abgeordnete der Tory-Fraktion auf ihre Seite gezogen. Auch Labour-Chef Jeremy Corbyn könnte sie gefährlich werden.

Von Friedbert Meurer |
    27. Januar 2019 - London, Vereinigtes Königreich - Yvette Cooper spricht nach dem Verlassen des BBC Broadcasting House vor den Medien.
    Yvette Cooper will die Möglichkeit stoppen, Großbritannien ohne einen Vertrag aus der EU herauszuführen (imago stock&people/ Vickie Flores)
    September 2015. Yvette Cooper sitzt in der ersten Reihe neben Jeremy Corbyn. Corbyn wird gleich sensationell zum Sieger des Mitgliederentscheids gekürt und damit zum neuen Vorsitzenden von Labour. Yvette Cooper kandidiert auch und landet auf dem 3.Platz mit 17 Prozent der Stimmen.
    Cooper gratulierte Corbyn damals als allererste. Aber sie ist keine Vertraute von ihm. Sie gehört bei Labour zum Realo-Lager und mit dem Aufstieg des linken Jeremy Corbyn war ihre Karriere erst einmal gestoppt.
    Parlament soll mitentscheiden
    Aber Yvette Cooper machte beharrlich weiter: sie wurde Vorsitzende des Innenausschusses im Unterhaus und mit ihrem spektakulären Antrag, den Brexit notfalls zu verschieben, katapultiert sie sich jetzt auf alle Titelseiten in Großbritannien. Yvette Cooper will Premierministerin Theresa May stoppen:
    "Wenn sie es ernst meint, warum lässt sie uns nicht mitentscheiden, bevor die Verhandlungen mit der EU abgeschlossen sind? Warum sollen wir ihr auch nur ein einziges Wort glauben?"
    May schließt nicht aus, Großbritannien im Zweifel ohne einen Vertrag aus der EU herauszuführen. Das will Yvette Cooper unbedingt verhindern.
    Der Faktor Zeit
    "Ich bin für eine vernünftige und solide Maßnahme. Wir müssen ‚No Deal‘ ausschließen können. Wenn der Vertrag nicht bis Ende Februar vom Parlament gebilligt wird, dann braucht die Regierung einfach mehr Zeit."
    Der 29. März als Austrittsdatum aus der EU ist in Großbritannien Gesetz, ausgelöst durch Artikel 50 vor zwei Jahren. Also will Yvette Cooper mit ihrem Antrag dieses Gesetz ändern. Coopers Antrag hat Chancen auf Zustimmung. Er ist für eine Mehrheit im Unterhaus eher vertretbar als einem No Deal zuzuschauen – mit Staus in Dover, Medikamentenengpässen und einem Schock für die britische Wirtschaft. Aber die Idee gilt auch als maßvoller als der Plan, gleich ein zweites Referendum anzusetzen.
    Jacob Rees-Mogg unterstellt ihr Taktieren gegen den Brexit
    Yvette Cooper ist eigentlich eine Remainerin, aber sie hat vor zwei Wochen für Theresa Mays Vertrag gestimmt. Das ist ihr persönlicher Kompromiss als Abgeordnete aus einem nord-englischen Wahlkreis in Yorkshire, in dem 70 Prozent für den Brexit gestimmt haben.
    Brexit -Wortführer Jacob Rees-Mogg hält das nicht davon ab, ihr andere Absichten zu unterstellen, als nur Zeit zu gewinnen.
    "Viele Abgeordneten behaupten, sie erkennen das Ergebnis des Brexit-Referendums von 2016 an. Dabei kreuzen sie ihre Finger hinter dem Rücken. Der Antrag von Yvette Cooper ist ein Versuch, den Brexit zu stoppen."
    Kandidatin für die Labour-Spitze
    Das mag für etliche Abgeordnete gelten, vermutlich aber nicht für Yvette Cooper selbst. Cooper, Jahrgang 1969, gilt als Kämpferherz, als hartnäckig, direkt und gleichzeitig erfahren. Würde das Unterhaus neu gewählt, wäre sie eine aussichtsreichere Kandidatin für Labour als der EU-Skeptiker Jeremy Corbyn.
    Cooper erinnert sich daran, als sie in Elternzeit war – als erste Ministerin überhaupt. Schon damals habe sie gegen viele Widerstände antreten müssen:
    "Ich musste die ganze Zeit kämpfen. Die Beamten gaben mir keine Akten mehr. Es war Stress. Viele kennen das, wenn sie sich um ihr Baby kümmern und gleichzeitig auch den Job managen wollen. Das kann schon eine harte Sache sein."