Der Aufstand scheint erst einmal abgesagt. Gestern wurde mit der Vertrauensabstimmung in der konservativen Fraktion im Unterhaus gerechnet. Aber den ganzen Tag über herrschte Fehlanzeige. Es sind schlicht nicht genügend Gleichgesinnte dem Beispiel von Jacob Rees-Mogg gefolgt, dem Wortführer der Brexiteers.
"Ich bin natürlich nicht von meinen Kollegen enttäuscht. Ich habe immer gesagt, dass unsere Gruppe nicht eine einheitliche Sicht der Dinge hat. Jeder bildet sich seine eigene Meinung. Sie tun, was und wann sie es für richtig halten."
Es reicht nicht für einen Antrag
48 Abgeordnete der Konservativen müssen einen Antrag stellen, um eine Vertrauensabstimmung zu erzwingen. Die Zahl ist zur allgemeinen Überraschung noch nicht zustande gekommen. Für Rees-Mogg und Co ist das entgegen allen Bekundungen natürlich doch ein Rückschlag. Steven Baker, Rees-Moggs Stellvertreter, hatte geprahlt, binnen Stunden bekäme man die Zahl 48 zusammen.
Rees-Mogg hofft weiter auf Misstrauensantrag
Zwei Gründe dürfte es geben, dass der Putsch erst einmal abgesagt zu sein scheint. In den Wahlkreisen herrscht womöglich eine etwas andere Stimmung, nicht unbedingt für den Vertrag mit der EU, aber was die Pflicht zur Loyalität gegenüber der eigenen Chefin angeht. Und zweitens hofft Rees-Mogg, könnte der Misstrauensantrag noch kommen.
"Einige glauben, der beste Zeitpunkt ist die Abstimmung über den Vertrag im Unterhaus." Sie ist für den 10. oder 11. Dezember geplant. Also warten wir es ab. Politik ist ein Geduldsspiel."
Ein Tory-Abgeordneter ist Wächter des Verfahrens
Aber die Rebellen kündigen jetzt seit Monaten an, sie bekämen die 48 Anträge zusammen – und liefern nicht. Entsprechend ernten sie Spott. Rees-Mogg sei ein Kaiser ohne Kleider, heißt es. Oder einige Brexiteers hätten wohl vergessen, eine Briefmarke auf ihren Antrag zu kleben. Ein Fragesteller höhnte gestern, ob die Brexiteers auf dem Podium – zumeist ältere Männer mit weißen Haaren – so etwas wie "Dad`s Army seien. So hieß eine legendäre Sitcom in den 70er-Jahren, in der Rentner und Invaliden die Verteidigung Großbritanniens gegen Nazi-Deutschland übernahmen.
Der einzige, der weiß, wie viele Abgeordnete denn jetzt einen Brief zwecks Vertrauensabstimmung gegen Theresa May abgeschickt haben, heißt Graham Brady. Der Tory-Abgeordnete ist der Wächter des Verfahrens.
"Ich kann Ihnen nicht erzählen, wie oft ich das jeden Tag gefragt werde. Ich höre die Frage im Supermarkt und auf der Straße. Ich kann Ihnen hier auch nichts anderes sagen, und selbst meine eigene Frau Victoria weiß es nicht."
Zum letzten Mal wurde 2003 ein solches Verfahren gegen einen konservativen Parteivorsitzenden in Gang gesetzt, da befanden sich die Tories in der Opposition, Ein Abgeordneter kam persönlich bei Bradys Vorgänger vorbei – verkleidet mit einem aufgeklebten Schnauzbart, damit man ihn nicht erkennen konnte.