Lieber Ludwig,
wärst du noch leiblich leibhaftig auf dieser Welt und ansprechbar, würde ich dir eine Einladung schicken. Klar, per Postkutsche. Zum sonntäglichen Mittagessen. Ein Burgunderbraten oder Rehhalsragout könnte uns wie im Paradies fühlen lassen. Genauso wie Wein aus Glaskelchen; keine gefährlichen Bleibecher oder ähnliches. Teller aus Porzellan.
Der Grund und Boden auf dem ich heute zuhause bin, war einst habsburgisch. Du wohntest in Wien. Rastlos scheinst du deine Wohnungen gewechselt zu haben. Im Gegensatz zu mir. Gegensätze ziehen sich an.
Alles unverfänglich. Gefangen nimmt mich Musik von dir bis in die Gegenwart. Sehnsucht, Melancholie, Aggressivität, Verzweiflung, Introvertiertheit. Alles ist da. Vollendet klingend.
Deine Kompositionen ändertest du fast regelmäßig, immer in der Bewegung. Ob du mit meinen Interpretationen deiner Werke und unserem improvisatorischen Ansatz im sogenannten klassischen Klaviertrio des Jazz erfreut wärst? Ich weiß es nicht, doch hoffe ich schon. Immer wieder aufs Neue. Mein Beethoven.
Herzliche Grüße
Dieter Ilg