Lieber Ludwig van Beethoven!
Ich stelle mir vor, wie Sie, zusammen mit einem mächtigen Himmelsgestein, vergleichbar mit jenem, das Alexander von Humboldt einmal in Italien gesehen hatte und durch das ein Franziskaner zu Tode kam - wie Sie also mit so einem Brocken in unsere Zeit hineinfallen, mitten ins beginnende Beethovenjahr, in das Jahr Ihres zweihundertfünfzigsten Geburtstages.
Ich stelle mir vor, wie Sie, zusammen mit einem mächtigen Himmelsgestein, vergleichbar mit jenem, das Alexander von Humboldt einmal in Italien gesehen hatte und durch das ein Franziskaner zu Tode kam - wie Sie also mit so einem Brocken in unsere Zeit hineinfallen, mitten ins beginnende Beethovenjahr, in das Jahr Ihres zweihundertfünfzigsten Geburtstages.
"Wir, die Telekom, haben KI mit Beethoven gefüttert"
Ich stelle mir vor, wie Sie gleich am ersten Tag auf ein Bankett der Deutschen Telekom geraten, kurz vor Corona. Sie sehen Menschen, zu Ihrer Enttäuschung fast nur Männer, die sich permanent die Hände schütteln (so als sei es bald damit vorbei) und die sich zwischen Themen wie neuen Highspeed-Produkten, Full HD oder Breitbandausbau auch noch über Beethovens Zehnte Sinfonie unterhalten, das neueste Projekt der Telekom. Die Männer sagen sogar Telekom und Beethoven in einem Atemzug. Irgendwann tippen Sie, lieber Beethoven, einem Telekom-Mann auf die Schulter:
"Entschuldigen Sie, Beethovens Zehnte ist gar nicht vollendet, da gibt es nur ein Notizbuch, ein rotes, mit Skizzen, mit Fragmenten."
Der Telekom-Mann schluckt ein Canapé herunter und antwortet:
"Entschuldigen Sie, Beethovens Zehnte ist gar nicht vollendet, da gibt es nur ein Notizbuch, ein rotes, mit Skizzen, mit Fragmenten."
Der Telekom-Mann schluckt ein Canapé herunter und antwortet:
"Kleiner Irrtum, wir, die Deutsche Telekom, haben KI mit Beethoven gefüttert, vermutlich kommt da am Ende aus der KI sogar etwas Besseres heraus als der alte Beethoven! Von welcher Filiale sind Sie, wenn ich fragen darf?", er streckt Ihnen die Hand entgegen.
"KI??", fragen Sie, lieber Beethoven, verwirrt und rühren die Hand nicht an, die sich Ihnen noch immer entgegenstreckt. "KI? Von der Kirche?? Grundgütiger!"
"Kirche?", fragt der Telekom-Mann amüsiert zurück. "Sie sind ja lustig, nee, nee Künstliche Intelligenz! KI! Bekannt? … Hm. So eine Art Automat, den man mit allem von Beethoven gefüttert hat, ta-ta-ta-taaaaa, klar, Freude schöner Götterfunken auch – übrigens mein persönlicher Klingelton für dieses Jahr – naja, und mit dem Rest von Beethoven", dabei schiebt er sich ein Lachs-Canapé in den Mund. "Und am Ende spuckt er dann die Zehnte raus, Technik, Technik!", fügt der Mann noch hinzu, dabei fliegt ein Fetzen vom Lachs auf Beethovens Stirn.
"KI??", fragen Sie, lieber Beethoven, verwirrt und rühren die Hand nicht an, die sich Ihnen noch immer entgegenstreckt. "KI? Von der Kirche?? Grundgütiger!"
"Kirche?", fragt der Telekom-Mann amüsiert zurück. "Sie sind ja lustig, nee, nee Künstliche Intelligenz! KI! Bekannt? … Hm. So eine Art Automat, den man mit allem von Beethoven gefüttert hat, ta-ta-ta-taaaaa, klar, Freude schöner Götterfunken auch – übrigens mein persönlicher Klingelton für dieses Jahr – naja, und mit dem Rest von Beethoven", dabei schiebt er sich ein Lachs-Canapé in den Mund. "Und am Ende spuckt er dann die Zehnte raus, Technik, Technik!", fügt der Mann noch hinzu, dabei fliegt ein Fetzen vom Lachs auf Beethovens Stirn.
Beethovens Leben und Werk in einen Automaten gestopft
Sie, lieber Beethoven, streichen sich nun den Lachs von Ihrer breiten Stirn und starren lange auf das Stückchen. Man hat also mein Leben, mein Werk, in einen Automaten gestopft, denken Sie, und hernach soll er meine unvollendete Sinfonie herausspucken!? Weiß der Automat wie ich mich fühlte, als ich die Zehnte im Geiste skizzierte? Wurden in den Automaten auch meine Stimmungen geleitet? Meine Schmerzen!? Meine Wut? Und meine Taubheit? Was sind meine Wut und meine Schmerzen gegen einen Automaten?? Was weiß eine Maschine von Schöpfung?! Von Göttergunst? Von Dämonen? Vom Sterben für die Musik, für die ich lebte und focht? Und was soll geschehen, wenn mein Jahr vorüber ist? Wen stopft ihr dann in die KI? Wer ist der nächste? Mozart? Neue Bach-Kantaten! Schubert-Lieder! Und Wagner! Stundenlang Wagner, künstlicher Wagner? Ihr Barbaren, dann doch lieber Napoleon …
"Kommen Sie zur Welt-Uraufführung der Zehnten?", fragte der Mann, jetzt mit einer Tatarschnitte.
"Wann soll die sein?", fragen Sie, lieber Beethoven, leise.
"Ende April", antwortet der Mann, "Moment, ich gucke eben in meinen Online-Planer."
"Nicht nötig, Ich werde das verhindern", sagen Sie leise.
"Wann soll die sein?", fragen Sie, lieber Beethoven, leise.
"Ende April", antwortet der Mann, "Moment, ich gucke eben in meinen Online-Planer."
"Nicht nötig, Ich werde das verhindern", sagen Sie leise.
Ausgerechnet zum Beethoven-Jubiläum eine Pandemie
Lieber Ludwig van Beethoven, ich bin mir sicher, dass Sie ganz bestimmt im Zusammenhang mit der Coronakrise stehen. Ich meine, das kann doch kein Zufall sein, dass ausgerechnet zu Ihrem Jubiläum diese Pandemie ausbricht, der im Übrigen natürlich auch die Welt-Uraufführung Ihrer Zehnten Sinfonie zum Opfer fallen musste.
Es gibt nun einen neuen Termin im November. In Bonn, Ihrer Heimatstadt. Ich bin schon sehr gespannt, was dann geschehen wird.
In großer Bewunderung,
Ihr Moritz Rinke
Es gibt nun einen neuen Termin im November. In Bonn, Ihrer Heimatstadt. Ich bin schon sehr gespannt, was dann geschehen wird.
In großer Bewunderung,
Ihr Moritz Rinke