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Britische Comedians
Mit schwarzem Humor dem Brexit-Abgrund entgegen

Großbritannien ist gespalten, die Lage trüb und der Frust sitzt tief angesichts des nahenden Brexits – da kann britischer Humor nur helfen. Und die Brexiteers bieten den Comedians fast täglich Steilvorlagen, einen nach dem anderen knüpfen sie sich vor.

Von Friedbert Meurer |
    Ein Fußgänger trägt einen Schirm mit dem Union-Jack. Im Hintergrund ist Big Ben zu sehen.
    Die Aussichten mögen trüb sein - ihren Humor bewahren sich die Briten trotzdem (AFP / Justin Tallis)
    Die "Now Show" auf BBC Radio 4 fasst seit 20 Jahren satirisch die Höhepunkte der Woche zusammen. Und das heißt in der letzten Ausgabe natürlich: die Chaos-Tage von Westminster. Der Tenor der Kabarettisten ist eindeutig: Wir sind dem Untergang geweiht und selbst daran schuld. Aber Briten zeigen, wenn ihnen ein Malheur passiert, die "stiff upper lip". Sie tragen es mit Fassung.
    Mit Witz gegen den Frust
    "Ein ganzes Land rennt gegen einen Laternenpfahl und lässt sich nichts anmerken." Großbritannien mag am Abgrund stehen, da kann echter englischer Humor nur helfen - und Spott auf Brexit-Minister Dominic Raab: "Raab konnte den Deal mit der EU nicht akzeptieren, den er selbst ausgehandelt hatte." In der entscheidenden Kabinettssitzung hatte der Gesundheitsminister davor gewarnt, bei einem Brexit ohne Vertrag mit der EU könnten die Arzneimittel so knapp werden, dass er nicht ausschließen könne, dass es Tote in der Bevölkerung geben wird. Eine Steilvorlage für schwarzen britischen Humor.
    "Projekt Angstmacherei", damit haben Brexiteers bisher noch immer alle Warnungen weggewischt. Vor dem Referendum hat die Briten wenig interessiert, wie das Ausland über sie denkt. Das ist jetzt auch in den Comedy-Shows anders geworden. Der "Spiegel" titelt: "Die Briten blicken in den Brexit-Abgrund." "Idioten und Inkompetente regieren das Vereinigte Königreich", schreibt die "Irish Times" aus Dublin. Die Iren haben in der Tat zum ersten Mal seit Ewigkeiten die Oberhand über Großbritannien. Sie haben die EU beinhart an ihrer Seite, damit es zu keiner Grenze zu Nordirland kommt. In Großbritannien verarbeitet man diesen Frust mit Witz und indem man die Verantwortlichen für die Misere nachäfft.
    "Minister für Aussprache" Jacob Rees-Mogg
    "Minister für Aussprache", das ist Brexit-Anführer Jacob Rees-Mogg mit seinem antiquiert klingenden nasalen Oxford-Englisch. Der Amtstitel "Minister für Aussprache" erinnert an den "Minister for Silly Walks" von Monty Python, den "Minister für albernes Gehen". - "Lachen Sie nicht, ich merke mir Ihre Namen!"
    An Boris Johnson haben sich die Sketcheschreiber und Comedians schon hinlänglich abgearbeitet. Also knöpfen sie sich jetzt andere vor, zum Beispiel Arlene Foster, die Chefin der nordirischen DUP, die die britische Regierung toleriert. Im Netz kursiert seit Tagen eine Song-Montage: die echte Theresa fleht Arlene an zu bleiben. "Bitte durchkreuze nicht meinen Plan", bittet die Premierministerin inständig.
    "Danke, Großbritannien, du bist großartig!"
    Und selbst an die Fußballfans denken die britischen Comedians. Der FC Arsenal könnte Probleme bekommen, wenn nur noch begrenzt Fußballspieler aus der EU aufgestellt werden dürfen: "Im Mittelfeld spielen Dave, der Klempner, und Steve aus dem Pub gegenüber."
    Die Lage mag trüb sein. Im Nebel der Londoner Machtkämpfe und Intrigen sieht niemand, wohin alles noch führen soll. Aber macht nichts: wenn die Politik nicht mehr "stark und stabil" ist – Theresa Mays Mantra aus dem letzten Jahr -, dann sind wir es, die ganz normalen Briten. Das Land ist gespalten, aber im Witz findet man halbwegs zusammen. Es wird vom Schicksal geraunt, dem man tapfer trotzen will. "Danke, Großbritannien, du bist großartig! Auch wenn du vielleicht einen großen Fehler begehst!"