Klimawandel
Britische Forscher: Möglicherweise weniger Malariagebiete in Afrika - Uni Tübingen verweist auf Unsicherheiten

Mit dem Klimawandel könnte sich nach Einschätzung britischer Wissenschaftler auch die Verbreitung von Malaria in Afrika ändern. Bis zum Ende des Jahrhunderts werde es wahrscheinlich in der Summe eine Abnahme der mit Blick auf Temperatur und Wasserverfügbarkeit geeigneten Malaria-Übertragungsgebiete geben, prognostiziert ein Forschungsteam im Fachjournal "Science". Ein Experte der Uni Tübingen sieht in der Studie allerdings viele Unsicherheiten.

10.05.2024
    Eine weibliche Anopheles-Mücke sitzt auf einer Waldranke in Tehatta, Westbengalen, Indien
    Anopheles-Stechmücken können Malaria beim Menschen verursachen (Archivbild). (picture alliance / NurPhoto / Soumyabrata Roy)
    Zu ihrer Untersuchung erklärten die Forschenden von der University of Leeds, bei den meisten Berechnungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Malaria werde für das Wasser nur die prognostizierte Niederschlagsmenge berücksichtigt. Sie allein sei aber kein guter Indikator für die Verfügbarkeit von stehendem Wasser. Die Forschenden bezogen nun auch andere hydrologische Merkmale wie die Verdunstung sowie den Abfluss von Wasser mit ein. Das sei unter anderem deshalb wichtig, weil so Flusssysteme und Überschwemmungsgebiete mit dargestellt würden, an denen oft Bevölkerungsschwerpunkte lägen.
    Die kombinierten Modelle lassen der Untersuchung zufolge darauf schließen, dass die Gesamtfläche der für Malariaübertragungen geeigneten Gebiete in Afrika nach 2025 bis 2100 abnehmen wird, etwa in weiten Teilen Westafrikas. Gleichzeitig würden allerdings jene Flächen größer, in denen die Malaria-Erreger mindestens neun Monate pro Jahr übertragen werden können - das betreffe vor allem Regionen entlang großer Flüsse. Da in diesen mehr Menschen lebten, könnten den Modellierungen zufolge bis zu viermal mehr Menschen in künftig ganzjährigen Malaria-Regionen leben.

    Uni Tübingen: Erhebliches Maß an Unsicherheit

    In einer Einordnung kommentiert das Institut für Tropenmedizin der Universität Tübingen, dass die Studie ein erhebliches Maß an Unsicherheit berge. Zum einen enthielten die zugrundeliegenden Klimavorhersagemodelle selbst Unsicherheiten. "Das vielleicht größte Fragezeichen ist jedoch die Annahme, dass abgesehen von den künftigen Bevölkerungsprognosen alle anderen Umweltvariablen, die das Krankheitsrisiko beeinflussen, über den hier betrachteten Vorhersagezeitraum von 50 bis 80 Jahren konstant bleiben werden, so Experte Recker. Er warnt zudem davor, die Ergebnisse der Studie derart zu interpretieren, dass der Klimawandel zu einem Malaria-Rückgang führen werde. Ebenso vorsichtig sei die in den Modellierungsprojektionen berichtete Vervierfachung der Zahl gefährdeter Personen zu betrachten. "Schließlich spielt das Klima zwar eine wichtige Rolle im Übertragungszyklus der Malaria, aber Interventionsmaßnahmen und künftige Entwicklungen werden wohl einen viel größeren Einfluss auf diese Krankheit haben als der Klimawandel", betonte Recker.

    600.000 Tote in 2022 durch Malaria

    Der Malaria-Erreger (Plasmodium) wird durch Anopheles-Stechmücken übertragen, deren Verbreitung unter anderem davon abhängt, ob Wasserreservoire als Brutstätten vorhanden sind. 2022 wurden der Weltgesundheitsorganisation zufolge weltweit 249 Millionen Malariainfektionen erfasst, davon 94 Prozent in Afrika. Weltweit starben über 600.000 Menschen in dem Jahr an der Krankheit, 76 Prozent davon waren Kinder unter fünf Jahren. Malaria gilt in Deutschland seit Mitte der 1950er-Jahre als ausgerottet, unter anderem aufgrund des Einsatzes des Insektizids DDT.
    Diese Nachricht wurde am 10.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.