Es ist in Großbritannien ein hochemotionales Thema: Braucht das Land Atomraketen, um sich zu verteidigen? Es geht um die Frage der nationalen Sicherheit. Eigentlich sollte das Thema auf dem Parteitag gar nicht diskutiert werden. Aber der neue Parteivorsitzende Jeremy Corbyn selbst sorgte am Morgen des letzten Tages der Parteikonferenz dafür, dass die Atomwaffen doch zur Sprache kommen.
"Es ist unmoralisch, Atomwaffen zu besitzen oder sie zu benutzen. Das habe ich mein ganzes Leben lang klargemacht. Die Parteibasis hat mich auch und gerade deswegen gewählt. Ich möchte eine Welt ohne Atomwaffen sehen."
Jeremy Corbyn sorgte damit doch noch für einen Paukenschlag. Am Sonntag hatten vor allem die Gewerkschaften noch verhindert, dass es auf dem Labour-Parteitag sogar zu einer Abstimmung kommt. Nächstes Jahr muss die Entscheidung fallen, ob Großbritannien für viel Geld sein U-Boot-gestütztes Nuklearwaffenprogramm erneuert. Von bis zu 140 Milliarden Euro an Kosten ist die Rede. Die Gewerkschaften denken aber vor allem an die betroffenen Jobs:
"Wir werden nicht bedroht", beharrt Jeremy Corbyn. "Es gibt eine terroristische Bedrohung in der Welt. Alle Atomwaffen der USA zusammen haben aber die Terroranschläge vom 11. September in New York nicht verhindern können. Es geht hier um eine individuelle Bedrohung."
Kritik vom konservativen Flügel
Derzeitige Beschlusslage von Labour ist, der Erneuerung der Atomraketen zuzustimmen. Durch die Partei geht aber ein Riss. Corbyn wollte, wenn der Parteitag schon nicht abstimmen darf, für die Parteilinke und für seine Glaubwürdigkeit zumindest ein Zeichen setzen.
Damit bringt er allerdings den konservativen Flügel gegen sich auf, zum Beispiel seine eigene Schatten-Verteidigungsministerin Maria Eagle:
"Unsere Haltung ist klar: Wir sind für eine eigene nukleare Abschreckung. Dass der potenzielle Premierminister eine solche Frage so beantwortet, ist nicht hilfreich."
Corbyn nimmt die Kritik in Kauf, er sei für offene Debatten. Aber als Premierminister würde er nie den roten Knopf betätigen.