Skype-Konferenz im Wissenschaftszentrum Berlin. Der Arbeitssoziologe Martin Krzywdzinski begrüßt Mark Graham, Wirtschaftsgeograph und Professor am Oxford Internet Institute.
Die beiden Wissenschaftler wollen ein gemeinsames Forschungsprojekt starten - wie Künstliche Intelligenz in Zukunft die Arbeitswelt formen wird, welche Rolle dabei noch traditionelle Industriestandorte spielen und welchen Einfluss die Clickworker haben werden, die überall auf der Welt arbeiten können.
Standort im Herzen Europas schaffen
In diesem gemeinsamen Projekt wollen wir uns besonders auf die Autoindustrie konzentrieren, erzählt Mark Graham. Wie wird Künstliche Intelligenz die Arbeit von Ingenieuren beeinflussen. Welche Jobs gehen wohin, welche Jobs können wo getan werden, wie wird sich die internationale Arbeitsteilung verändern.
Unsere Initiative folgt keinem Masterplan, erzählt Martin Krzywdzinski, sie ist von unten gewachsen. Doch die auch formal besiegelte Kooperation der Uni Oxford mit den Berliner Universitäten verspricht jetzt Unterstützung für das gemeinsame Forschungsprojekt.
Die Gespräche der Uni Oxford mit Berlin laufen schon seit mehr als zwei Jahren. Als der Schock nach dem Austrittsreferendum nachließ, machte die renommierte britische Uni ihren früheren Vizekanzler Alastair Buchan zum Brexit-Beauftragten. Es gibt keine Zweifel, sagt Buchan:
"Wir müssen in Europa bleiben. Egal, ob es Football-Teams sind oder Banken, oder Industrien wie die Autoindustrie, es reicht nicht aus, wenn wir einen Standort in Großbritannien haben, wir brauchen einen in Europa. Die Anstrengungen, die wir in Berlin machen, haben das Ziel, Oxford einen Standort im Herzen Europas zu verschaffen. Wir haben beschlossen, im Herzen von Deutschlands zu sein, und Berlin ist natürlich die Hauptstadt."
Weiter indirekt von der EU-Forschungsförderung profitieren
Der Neurologe und Oxford-Professor arbeitet momentan als Gastwissenschaftler am Berliner Wissenschaftskolleg. Gleichzeitig baut er die Kooperation seiner Universität mit der Berliner Universitätsallianz auf - der Verbund von drei Universitäten plus der Charité ist einer der Gewinner des Exzellenzwettbewerbs.
"Wir werden dies ungeachtet des Brexits tun. Ich bin mir ganz sicher, dass unser Berliner Projekt nur zum Vorteil ist. Ich bin überzeugt, dass wir das nicht für die nächsten ein, zwei Jahre machen. Das ist eine langfristige Planung, mit der wir sicherstellen, dass britische und deutsche Wissenschaft, britische und deutsche Lehre, britische und deutsche Freundschaft und Zusammenarbeit für viele hundert Jahre besteht."
Der Clou daran: Durch gemeinsame deutsch-britische Forschungsprojekte kann die Uni Oxford weiter indirekt von der EU-Forschungsförderung profitieren, auch wenn Großbritannien aus der EU austreten sollte. Für die Hauptstadt zahlt sich die Kooperation ebenfalls aus - der strahlende Glanz einer der besten Unis der Welt fällt so auch auf Berlin, freut sich der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller.
"Wenn ich einem industriellen Partner sage, mach mehr in Berlin, wir bieten Dir hier das entsprechende Wissenschafts- und Forschungsumfeld, kann ich jetzt auch mit Oxford werben, und natürlich hilft uns das."
Dass sich die Uni Oxford für Berlin entschieden hat und nicht für Paris oder München – dies verbucht Michael Müller auch als persönlichen Erfolg.
Oxford-Professor Alastair Buchan jedenfalls lobt die Zusammenarbeit mit Müller – und er verspricht, dass Berlin mehr von der Kooperation haben wird als eine Uni-Niederlassung mit einem entsprechenden Klingelschild.
"Wir haben die letzten Tage mit der Humboldt-Stiftung verbracht und mit der Stiftung von Bill Gates. Unser Ziel ist, gemeinsam mit dem Naturkundemuseum ein europäisches Zentrum für offene Wissenschaften, für Bürgerwissenschaften aufzubauen."