Im Abschlussbericht der gerichtlichen Untersuchung heißt es: Die Täter hätten den 43-Jährigen im Jahr 2006 sehr wahrscheinlich im Auftrag des russischen Geheimdienstes FSB mit Polonium vergiftet. Richter Robert Owen, der die gerichtliche Untersuchung des Falls in London leitete, führte weiter aus, die Tat sei "wahrscheinlich gutgeheißen worden" vom damaligen FSB-Chef Nikolai Patruschew und auch von Präsident Putin.
Beweise für das Mitwissen oder die Zustimmung Putins legte Owen nicht vor. Für seine Schlussfolgerungen spräche aber die Kommandostruktur des Geheimdienstes. Für erwiesen hält der britische Richter dagegen, dass der frühere KGB-Mitarbeiter Andrej Lugowoi und der Geschäftsmann Dmitri Kowtun für die Tat verantwortlich sind. Sie sollen Litwinenko am 11. November 2006 in einem Londoner Hotel getroffen und mit radioaktivem Polonium 210 vergiftet haben. Gegen sie besteht in Großbritannien Haftbefehl, Moskau lehnt ihre Auslieferung ab.
Russland kritisiert Bericht
Das russische Außenministerium bezeichnete die Untersuchung als voreingenommen und intransparent. Eine Sprecherin betonte, der Fall werde von der Regierung in London politisch ausgenutzt. Die Beziehungen beider Länder würden durch die Beziehungen belastet. "Wir bedauern, das ein rein strafrechtlicher Fall politisiert wurde und die allgemeine Atmosphäre der bilateralen Beziehungen verdunkelt hat". Auch das Justizministerium sprach von politisch motivierten Ergebnissen. Großbritanniens Premierminister David Cameron hält den Bericht seiner Sprecherin zufolge dagegen für "extrem verstörend". Innenministerin Theresa May teilte mit, der russische Botschafter sei zum Gespräch einbestellt worden. Außerdem würden die Guthaben der beiden Tatverdächtigen eingefroren.
Litwinenko gehörte zu den schärfsten Kritikern des Kreml. Der Ex-KGB-Agent warf der Führung im Kreml Korruption vor und erhob wiederholt schwere Vorwürfe gegen den Geheimdienst. Unter anderem beschuldigte er diesen, für Bombenanschläge auf Wohnhäuser in Russland verantwortlich zu sein, um einen Vorwand für den zweiten Tschetschenien-Krieg zu liefern.1998 gab er an, dass der Inlandsgeheimdienst FSB ihn mit der Ermordung des Oligarchen Boris Beresowski beauftragt habe. Zwei Jahre später floh er nach London und bekam politisches Asyl. Ein Foto, das ihn nach der Vergiftung, mit ausgefallenen Haaren, sterbend im Krankenhausbett zeigt, ging um die Welt. In seinen letzten Stunden hatte er Wladimir Putin beschuldigt, den Mord in Auftrag gegeben zu haben.
Witwe setzte öffentliche Untersuchung durch
Die britische Regierung wollte lange eine öffentliche Untersuchung verhindern, weil der Richter auch Zugriff auf Dokumente hat, die ihm sonst nicht zugänglich sind - es ging um Papiere des britischen Geheimdienstes. Litwinenkos Witwe Marina setzte die öffentliche Untersuchung aber juristisch durch. Sie sagte heute in London: "Ich bin natürlich sehr froh, dass die Worte, die mein Mann auf dem Sterbebett gesprochen hat, als wahr bewiesen wurden."
(kr/hba/stfr)