Die Liebe zur Literatur und zum gedruckten Wort war Friedrich Arnold Brockhaus nicht in die Wiege gelegt. Er musste sie zeitlebens gegen Widerstände durchsetzen. Brockhaus‘ Vater wollte seinen Dortmunder Textil- und Gewürzhandel an die beiden Söhne weitergeben. Doch den jüngeren Friedrich Arnold, der am 4. Mai 1772 zur Welt kam, zog es früh hin zum Buch:
„Ich war ein aufgeweckter Knabe mit einem brennenden Durst nach Kenntnissen aller Art und einer wahren Bücherwuth. Ich musste für den Vater in den Bücherauktionen Folianten und Quartanten erstehen, die er in seinem Laden als Maculatur gebrauchte. Hier kam nun auch Voltaire’s ‚Leben von Karl XII.‘ unter den Hammer. Niemand bot etwas. Ich hatte das größte Gelüste nach dem Buch und wagte es, zwei Groschen zu bieten, und siehe da, ich erhielt es und war der glückliche Besitzer! Aber der Vater, ein strenger Mann, vermerkte es übel, wie ihm überhaupt mein vieles Lesen in den Tod zuwider war.“
Zunächst machte Brockhaus eine Lehre zum Textilhändler
Der 16-Jährige musste das Gymnasium abbrechen und zu einem Düsseldorfer Textilhändler in die Lehre gehen. Dieser schickte den tatkräftigen jungen Mann unter anderem in die Universitäts- und Buchhandelsstadt Leipzig. Doch es kam zum Streit, weil sich Brockhaus nicht mit der Tochter des Lehrherrn verloben wollte. Immer wieder sei ihm sein „sanguinisch-cholerisches Temperament“ in die Quere gekommen, befand der Enkel und Biograf Heinrich Eduard Brockhaus später. Zunächst Gasthörer an der Universität Leipzig, eröffnete Brockhaus 1796 in Dortmund - noch dem Vater folgend - ein Textilgeschäft. 1801 verlegte er es in die politisch freieren Niederlande. Er entwickelte sich vom Tuch- zum Buchhändler, der vor allem literarische Zeitschriften und Übersetzungen herausgab.
Am 15. Oktober 1805 annoncierte er in Amsterdam die Gründung der Buchhandlung Rohloff und Compagnie. Dieses Datum gilt als Gründungstag des Verlagshauses F. A. Brockhaus.
Grundstein für den "Großen Brockhaus"
Auf der Leipziger Buchhandelsmesse 1808 erwarb Friedrich Arnold Brockhaus für 1.800 Taler die Rechte und Bestände des unvollendeten „Conversationslexikons“ von Renatus Gotthelf Löbel. Damit war der Grundstein für die Erfolgsgeschichte des „Großen Brockhaus“ gelegt. Dabei hieß das Konversationslexikon zu Lebzeiten seines Schöpfers gar nicht nach diesem, wie der Germanist Volker Hoffmann erklärt:
„Es war quasi ein Nachschlagewerk für die Familie, das sollte ursprünglich diese gebildete, gehobene Geselligkeit fördern. Und das hat sich natürlich gewandelt, deshalb auch die rasche Folge der Auflagen. Aber ursprünglich ist es wirklich Konversation.“
Der Witwer hatte sich um sieben Kinder zu kümmern, um seine bis zu 50 akademischen Mitarbeiter, die ihn als „Redaktionsdiktator“ schilderten, und um schwierige Autoren wie Arthur Schopenhauer, dem er zum Durchbruch verhalf. Am 24. September 1818 beschied er dem Philosophen: „Was ich zu thun habe, weiß ich selbst und bedarf dazu keiner Erinnerung, die in den sackgroben Formen, worin Sie solche bieten, ohnehin immer entgegengesetzte Wirkungen hervorbringen.“
Brockhaus hatte mit Plagiatoren und Zensur zu kämpfen
Außerdem hatte Brockhaus, der auch Casanovas Memoiren herausgab, gegen Plagiatoren und die Zensur zu fechten.
Volker Hoffmann: „Nach meiner Information war der Brockhaus immer wieder oder ständig in Österreich zum Beispiel verboten. Und von daher gesehen ist es sicher eine Kontinuität zur Spätaufklärung zur 30er-Revolution und später natürlich zur 48er-Revolution.“
Die fünfte Auflage des Brockhaus kam auf sagenhafte 32.000 Exemplare. Mitten in der Vorbereitung der sechsten Auflage, am 20. August 1823, starb Friedrich Arnold Brockhaus im Alter von 51 Jahren. Den Verlag führten seine Söhne Friedrich und Heinrich weiter. Die zuletzt aus 30 Bänden bestehende Enzyklopädie existierte bis 2009. Zusammen mit seinem ewigen Konkurrenten Meyer wurde der Brockhaus in das Bibliografische Institut überführt. Die Stadt Leipzig immerhin huldigt dem Giganten des deutschen Bildungsbürgertums mit einem würdigen Straßennamen: dem Großen Brockhaus.