Wahrscheinlich handelt es sich um Francesca Salviati, die Ehefrau eines Medici. Sie sitzt in einem leuchtend roten Kleid auf einem Sessel, der mit hellgrünem Samt bezogen ist. Unbeweglich, unbewegt, ein Monument einer schönen Frau. Ihr Blick ist auf uns gerichtet, und doch scheint sie unerreichbar. Der Kunsthistoriker Bastian Eclercy vom Frankfurter Städel Museum, sagt, warum.
„Was mich an Bronzino am meisten fasziniert, ist sein Spiel von Nähe und Distanz, was ihn in diversen seiner Bilder erkennbar macht, etwa auch in unserem eigenen Werk hier im Städel, der Dame in Rot, die einen erstmal anlockt durch die diversen Details, durch einen unglaublichen Oberflächenrealismus, der Wiedergabe von Stoffen, von Texturen, und einen auch zugleich auf gebührende Distanz hält.“
Florenz, Zentrum des Manierismus
Ein Zentrum dieser verfeinerten, als Manierismus bekannten Form der Malerei war Florenz. Aus dem Handelszentrum war seit dem 15. Jahrhundert eine prachtvolle Metropole geworden. Dank der die Künste fördernden Familie Medici, die zunächst durch den Textilhandel und später durch das Bankgeschäft zu Reichtum gekommen war. Um 1500 mussten sie mehrfach fliehen, Florenz war zeitweise eine Republik geworden. 1531 setzten sich die Medici endgültig durch – unterstützt von Kaiser und Papst.
Kunsthistoriker Bastian Eclercy: „Florenz wird dann offiziell zum Herzogtum. Und der überragende Herzog wird dann Cosimo I. ab 1537, er baut da eben einen glanzvollen Hof auf, und er setzt eben auch gezielt Kunst ein zur Selbstdarstellung. Kunst ist ein ganz zentrales Mittel auch der Politik. Und so engagiert er Bronzino schon früh 1539 als Hofmaler.“
Bronzinos feinsinniges Spiel mit versteckten Botschaften
Eine gute Wahl. Der am 17. November 1503 geborene Agnolo di Cosimo di Mariano Tori, genannt Bronzino, war eng mit dem damals führenden Florentiner Maler Jacopo da Pontormo verbunden. Gemeinsam malten sie zahllose Kapellen und Privatgemächer mit biblischen und mythologischen Themen aus. Bronzino übertraf seinen Lehrer jedoch im feinsinnigen Spiel mit im Bild versteckten Botschaften.
In der „Allegorie mit Venus und Cupido“ zeigt Bronzino, wie ein elegant und kühl gemaltes Bild eine delikate Botschaft überbringen kann. Das als Geschenk für Franz I. in Auftrag gegebene Gemälde spielte auf die Lüsternheit des französischen Königs an. Darin küsst Venus ihren Sohn Cupido lasziv auf den Mund und stiehlt ihm dabei einen Pfeil aus seinem Köcher, während der mit einer Hand nach ihrer Krone greift. Verschiedene Figuren, die Betrug, Eifersucht und Syphilis darstellen, umrahmen diese Szene – und warnen vor den schlimmen Folgen unkeuscher Liebe.
"Ein sehr intellektueller Maler"
Bastian Eclercy: „Bronzino ist in der Tat ein sehr intellektueller Maler, gar nicht von seiner Herkunft her, er ist Sohn eines Metzgers, aber er hat viel Umgang eben mit Literaten in Florenz in seiner Zeit. Er schreibt auch selbst Gedichte, die uns auch noch erhalten sind.“ Selbst Giorgio Vasari erwähnte in seinen berühmten Künstlerviten Bronzinos “Vergnügen an der Dichtkunst“, lässt aber keine Gelegenheit aus, seinen Konkurrenten um das Amt des Hofmalers mit vergiftetem Lob zu überschütten. Er sei ein guter, fleißiger Maler, heißt es bei Vasari.
Für den Experten Bastian Eclercy hingegen ist Bronzino ein herausragender, fast moderner Künstler: „Man denkt ja manchmal, bei Renaissance-Porträts blickt man sozusagen in die Seele des Dargestellten. Davon muss man sich erst mal freimachen. Das sind Figuren, die sich nicht so recht in die Karten schauen lassen, die sehr distanziert sind, die sehr stark ihre Würde, auch ihre Coolness, zur Schau tragen. Und bei denen es vielleicht gar nicht so sehr um ihr inneres Seelenleben geht, sondern schon auch um Status, um Selbstdarstellungen.“
Keine Skandale, keine Selbstbildnisse
Dem Maler selbst hingegen ging es nicht um Selbstdarstellung. Keine Skandale, keine Selbstbildnisse. Als Bronzino am 23. November 1572 starb, hinterließ er dafür einige singuläre Werke. Dazu gehört das Staatsporträt der Ehefrau Cosimos Eleonora de Toledo und ihrem Sohn. Im Zentrum des Gemäldes steht jedoch nicht ihr schönes Antlitz, sondern die hyperrealistische Darstellung ihrer mit Goldfäden bestickten Brokat-Robe, deren Muster aus stilisierten Granatäpfeln auf die Fruchtbarkeit des Geschlechts der Medici hinweist.