In der Rückschau war es aus Verbrauchersicht eine wichtige Legislaturperiode. Zahlreiche Gesetze haben Rat und EU-Parlament auf den Weg gebracht und dabei vielfach die Rechte der Verbraucher gestärkt, bilanziert Ursula Pachl, stellvertretende Direktorin der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc.
"Ich glaube, die Bilanz des Parlaments kann sich auch sehen lassen. Es wird ja oft nur berichtet von krummen Gurken und Glühbirnen. Aber wenn man sich jetzt die Bilanz anschaut, dann kann man sagen, dass das Europäische Parlament wesentlich zum Verbraucherschutz beigetragen hat und auch ganz konkret bessere Standards, bessere Rechte geschaffen hat."
Beispiele dafür gibt es viele: Die geplante Bankenunion nimmt bei einer Schieflage eines Kreditinstituts erstmals die Gläubiger und Anleger selbst in die Pflicht – sie müssen auch bei einer Abwicklung zuerst haften und nicht mehr die Steuerzahler. Der Hochfrequenzhandel an den Börsen wurde zumindest ansatzweise verlangsamt; die Roaming-Gebühr beim Telefonieren im Ausland seit 2007 schrittweise abgesenkt. Ende 2015 sollen sie komplett wegfallen, vorausgesetzt der Rat, also die Mitgliedsstaaten tragen den Parlamentsbeschluss mit. Doch auch die unmittelbaren Verbraucherrechte hätten die Abgeordneten deutlich gestärkt, betont Pachl:
"Da könnte man nennen die Verbraucherschutz-Richtlinie. Hier geht es vor allem um die Stärkung der Verbraucherrechte im Online-Shopping. Da haben wir ganz konkrete Maßnahmen zum Schutz vor den sogenannten Internetkosten-Fallen. Wo man glaubt, man hat etwas gratis erstanden und dann ist es doch kostenpflichtig. Dann gibt es noch viele andere Bereiche – etwa von früher die Hypothekar-Richtlinie, wo es jetzt einfach auch viel bessere Informationsvorschriften gibt, von denen die Verbraucher profitieren können. Man kann die Energieeffizienz-Richtlinie nennen".
Hartes Ringen um manche Entscheidung
Freilich musste um mache Entscheidung hart gerungen werden. Denn selbst innerhalb einer Parteifamilie – also etwa den Christdemokraten - und selbst innerhalb einer nationalen Delegation, also beispielsweise CDU/CSU gibt es unterschiedliche Strömungen. Der jeweilige Wirtschaftsflügel unterstützt dabei die Interessen der Industrie, während andere wiederum eher die Verbraucherrechte stärken wollen.
Weil es aber im Europäischen Parlament keinen Fraktionszwang gibt, ist das Abstimmungsergebnis gerade bei kontroversen Themen – wie etwa der Agrarreform - manchmal kaum vorhersehbar. Unter dem Strich aber stehe das Parlament – im Vergleich zum Rat – eher auf der Seite der Verbraucher, sagt Beuc Pachl:
"Verbraucherschutz politisch – da muss man schon sagen, dass das Europäische Parlament für uns schon der Partner ist. Das Europäische Parlament ist die Vertretung der Bürger, der Europäer. Und sollte - und tut es noch nicht ausreichend aus unserer Sicht genug – aber nimmt doch deutlich stärker als der Ministerrat die Interessen der Bürger wahr und setzt sich eher als der Ministerrat für höhere Verbraucherstandards ein".
Geschätzte 20.000 Lobbyisten
Allerdings sind da noch die geschätzten rund 20.000 Lobbyisten in Brüssel – darunter natürlich auch BEUC, die versuchen, die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen oder zumindest zu entschärfen. Wie etwa bei der umstrittenen Tabakrichtlinie. Gleichzeitig müssen Richtlinien und Verordnungen von Parlament und Rat abgesegnet werden – mit den erzielten Kompromissen könne man nicht immer zufrieden sein, heißt es bei den europäischen Verbraucherschützern mit Verweis etwa auf die Lebensmittelpolitik.
Eines aber ist absehbar: Die Zuständigkeit der EU auch bei den Verbraucherrechten dürfte in Zukunft eher weiter wachsen – und damit auch die Bedeutung des Europäischen Parlaments.